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Massenentlassungen: Darum helfen sie der Startup-Szene

Die Massenkündigungen bei Startups hinterlassen vielerorts leere Meetingräume. - Copyright: Getty Images/ picture alliance / Kontributor
Die Massenkündigungen bei Startups hinterlassen vielerorts leere Meetingräume. - Copyright: Getty Images/ picture alliance / Kontributor

Ein Gastbeitrag von Christoph Klink, Partner bei Antler

Die deutsche Gründerszene hat sich über das vergangene Jahrzehnt hervorragend entwickelt. Nach Jahren des beständigen Wachstums der Gründungen und Kapitalzuflüsse haben die Covidjahre 2020 und 2021 nach kurzem Schock bislang ungesehene Höhen hervorgebracht. 84 neue Einhörner entstanden in Europa, und Firmen wie Gorillas brauchten gerade einmal ein gutes Jahr, um die Schallmauer der Milliardenbewertung zu durchbrechen.

Aber nach jeder Party stellt sich früher oder später Katerstimmung ein. Und diese liegt aktuell bleiern über der deutschen und europäischen Gründerszene. Die Schlagzeilen überschlagen sich – europäische VC-Investments sind im vergangenen Jahr um ein Viertel geschrumpft und Entlassungswellen mit über 40.000 Betroffenen gehen durch das Ökosystem. Doch die Realität ist nuancierter, als es die vielen negativen Meldungen vermuten lassen.

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Das Fundament der Gründerszene – die Gründerinnen und Gründer – ist wahrscheinlich so stark, wie wir es noch nicht gesehen haben. Das aktuelle Umfeld liefert ideale Voraussetzungen für das Entstehen einer neuen Generation erfolgreicher Unternehmen: Die Verwerfungen im Ökosystem führen zu einer hohen Anzahl an Menschen, die eine Gründung anstreben – und wer sich heute entscheidet, eine Firma zu gründen, ist in der Regel technisch hoch qualifiziert und sich der Herausforderungen bewusst.

Ehemalige Startup-Mitarbeiter wollen häufig selbst gründen

Europaweit hat die Anzahl der Gründerinnen und Gründer, die sich bei Antler vorstellen, im Jahr 2022 um 75 Prozent zugenommen – allein in Deutschland waren es deutlich mehr als 3.000. Ein großer Teil dieser Steigerung geht auf die Alumni von Techfirmen zurück, bei denen sich in den letzten Jahren die Vorzeichen geändert haben.

Der Effekt der „Startup-Mafias“ ist wohlbekannt: erfolgreiche Startups bringen eine überaus hohe Dichte von starken Gründerinnen und Gründern hervor, die den Sprung aus der zweiten oder dritten Reihe ihres früheren Arbeitgebers wagen, um selbst durchzustarten. Neben internationalen Ikonen wie Paypal oder Skype haben deutsche Erfolgsgeschichten wie Zalando oder N26 eine Vielzahl erfolgreicher Persönlichkeiten und Gründungen hervorgebracht.

Wer sind die neuen Gründer?

So wird die Rangliste neuer Gründer bei Antler in Europa angeführt von Alumni von Booking.com, Spotify, Klarna, Deliveroo und Zalando. In Deutschland ist Zalando die Firma, von deren Alumni wir die meisten Bewerbungen für unsere Kohorten erhalten. Bei Delivery Hero Alumni sehen wir in 2022 eine Zunahme der Gründungen von 180 Prozent, bei Gorillas- oder Getir-Alumni sogar von 250 Prozent. Übergreifend zeigen die Alumni aus den Sektoren Quick-Commerce und Food-Delivery sowie Fintech besonders starke Steigerungsraten bei Neugründungen.

Viele dieser Firmen erlebten zuletzt starke Disruptionen und stellen sich strategisch neu auf, aus ihnen sind in den vergangenen eineinhalb Jahren mehr als 40.000 Angestellte ausgeschieden. Firmen wie Zalando, Delivery Hero, N26 oder Gorillas durchlaufen nach Jahren des Wachstums eine Phase der Konsolidierung und trennen sich oftmals von Mitarbeitenden. Von Alumni dieser europäischen Techfirmen haben wir allein 2022 mehr als 1.200 Bewerbungen erhalten, um gemeinsam mit uns ein neues Unternehmen zu gründen.

Führungskräfte suchen neue Herausforderungen

Worauf lässt sich dieser Aufschwung zurückführen? Die Disruption führt dazu, dass sich die Opportunitätskosten für Führungskräfte in diesen Firmen dramatisch verschoben haben. Wer vor 18 Monaten einen spannenden Alltag voller wachstumsorientierter Projekte und ein hoch bewertetes Options- oder Aktienpaket hatte, muss sich nun vielfach mit Kostenmanagement beschäftigen und oftmals empfindliche Abschläge bei der Bewertung seiner Options- oder Aktienpakete hinnehmen.

Für starke Führungskräfte war es vor zwei Jahren noch unvorstellbar, sich neu zu orientieren – unter den veränderten Vorzeichen bewerten viele ihre Alternativen neu und wagen den Schritt in eine Gründung. Darüber hinaus nutzen viele Führungskräfte die Restrukturierungsmaßnahmen, um sich mit dem Rückenwind einer Abfindung Zeit für die Validierung einer neuen Geschäftsidee zu nehmen.

Diese Gründerinnen und Gründer bringen ein hervorragendes Rüstzeug mit. Sie sind hoch qualifiziert, extrem motiviert und haben die Herausforderungen in der Skalierungsphase eines Startups bereits durchlebt. Es war noch nie einfach, eine erfolgreiche Firma aufzubauen, aber inmitten der wöchentlich neuen Rekorde von 2021 war es leicht, die Herausforderungen auszublenden. Gründerinnen und Gründer, die heute starten, sehen die möglichen Misserfolge deutlich häufiger und aus der Nähe. Wer das Risiko scheut, startet nicht.

Gleichzeitig sehen wir immer mehr Gründerinnen und Gründer mit technischem Hintergrund – ein klares Zeichen dafür, dass die kommende Generation erfolgreicher Gründungen stärker auf Technologie als Differenzierungsmerkmal setzt. Die nächste Dekade wird voraussichtlich nicht im Zeichen von E-Commerce und Smartphone-Apps stehen, sondern in vielen Fällen größerer technischer Durchbrüche bedürfen. Wenn ich in unser wachsendes Portfolio blicke, sehe ich diverse Beispiele dieser Verschiebungen.

Viele Neugründungen in der Climatetech-Branche

In den vergangenen Monaten haben wir unter anderem in Delivery Hero-Alumni, die Software für hochperformante Datenzentren bauen, oder in Alumnae von Tesla, Planetly und German Orbital Systems, die nun an der Schnittstelle von Spacetech und Climatetech unterwegs sind, investiert. Viele von ihnen sind hoch erfolgreich dabei, neue Märkte zu erschließen oder etablierte umzukrempeln. So hat Airmo, das Unternehmen der Tesla-, Planetly- und German Orbital Systems-Alumnae, erst in der vergangenen Woche ihre Pre-Seed Runde mit Beteiligung der European Space Agency und einem Volumen von 5,2 Millionen Euro bekannt gegeben.

Viele dieser Gründerinnen und Gründer befassen sich damit, Lösungen für eine der existenziellen Herausforderungen unserer Zeit zu finden: den Klimawandel. Neben der Verfügbarkeit einer großen Menge „geduldigen“ Kapitals für den Aufbau nachhaltiger Technologien sehen wir einen positiven „Braindrain“ in Richtung Climate Tech. Der Sektor ist damit gemessen an den Neugründungen in unserem europäischen Portfolio in 2022 der größte. Darüber hinaus begeistern uns viele Gründerinnen und Gründer mit ihrem tiefen Verständnis neuer Märkte und ihrer technologischen Kompetenz.

Zu unserem Portfolio gehört ein breites Spektrum junger Firmen – von Cybersecurity und Datensicherheit über den Gesundheitsbereich oder Fintech bis hin zu Gaming. Wer vor zehn Jahren noch in Investmentbanken, Strategieberatungen oder Großkanzleien gestartet wäre, nutzt das eigene Talent heute immer öfter für den Aufbau neuer innovativer Technologieunternehmen. Eine gute Nachricht für die deutsche Gründerszene und ein Beweis, dass eine jede Krise auch Positives birgt.