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Lebensversicherungen: Stirb langsam

Seit einem halben Jahr ist das „Lebensversicherungsreformgesetz“ in Kraft. Jörg Christian Hickmann, Rechtsanwalt und Vorstand der RWS Vermögensplanung AG, hat es exklusiv für FundResearch unter die Lupe genommen und zieht ein Resümee.

Vor gut einem Jahr wurde der Entwurf des Lebensversicherungsreformgesetzes (LVRG) veröffentlicht, welches zum 01.01.2015 in Kraft getreten ist. Was ist seit dem passiert? Wie hat sich das Gesetz auf die Berater-Welt ausgewirkt?

Ein Eckpfeiler des Gesetzes ist die Reduzierung der Abschlussprovision, die durch neue bilanzielle Regelungen sichergestellt werden soll.

Lebensversicherungsunternehmen dürfen seit dem 1. Januar 2015 nur noch 25%o statt der bis dahin möglichen 40%o der Abschlussprovisionen steuerlich absetzen.

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Abschlussprovisionen gehen zurück

Diese Regelung bedeutet eine Reduzierung von rund 40% der Abschlussprovisionen. Tatsächlich waren einige Versicherer so naiv, die Regelung eins zu eins an den Vertrieb weiter zu geben. Andere Versicherer haben alles so belassen, wie es war. Eine dritte Gruppe hat die Provisionshöhen gelassen oder moderat gekürzt, mit gleichzeitiger Verlängerung der Haftungszeiten. Die Gesellschaften, die mit gutem Beispiel vorangehen wollten und gleich zu Beginn des Jahres mit neuen Konditionsmodellen an den Markt gegangen sind, rudern mittlerweile z.T. wieder zurück.

Für die Zukunft zeichnen sich verschiedene Tendenzen ab: Basis für Provisionszahlung ist die „Bewertungssumme“. Je größer diese ist, desto höher ist der Provisionsbetrag. Viele Versicherungsgesellschaften berechnen nun Abschläge bei kurzen Laufzeiten (unter 15 Jahren) und berücksichtigen nur noch Laufzeiten bis maximal 35 Jahre (vor dem LVRG bis zu 45 Jahre). Dadurch reduziert sich die Bewertungssumme und entsprechend der Provisionsbetrag. Inzwischen will sich ein Großteil der Gesellschaften vom Riester-geschäft trennen, bzw. hat das bereits getan. Fondsgebundene Rentenversicherungen werden hingegen zum Allheilmittel erklärt
Veränderungen beim Thema Provisionen

Auch beim Thema Provisionen wird sich etwas ändern. Zwar soll deren Höhe beibehalten werden. Doch wenn möglich, verteilt sie sich künftig über die GEsamtlaufzeit des Vertrages. Dies kann durch eine einmalige, um ca. 20 Prozent gekürzte, Abschlussprovision sowie eine laufende Abschlussprovsion geschehen, die durch regelmäßige Beitragszahlungen entsteht. Oder es geschieht durch eine Abschlussprovision auf dem derzeitigen Niveau. Dann werden die jedoch die Haftungszeiten auf bis zu 120 Monate verlängert, wobei sich der Markt bei ca. 96 Monaten - also achte Jahren - einpendeln wird.

Höchstwahrscheinlich nicht betroffen von den neuen Regelungen dürften selbständige Biometrieprodukte wie Berufsunfähigkeitsversicherungen sein. Darüber hinaus erhalten Vertriebe, die in der Vergangenenheit qualitativ hochwertige Geschäfte vermitteln konnten, weniger einschneidende Sonderkonditionen. Qualität soll sich hier durchsetzen.

Deutschland verliert Berater

Die Änderungen haben bereits fatale Auswirkungen auf den Vermittlermarkt und damit auf die Beratungsdichte in der Bundesrepublik Deutschland. In der Zeit vom 1. Januar 2015 bis 31. März 2015 sind 2.500 Vermittler von insgesamt 240.297 (Stand 2. Januar 2015) vom Markt verschwunden. Zudem verdienen die Vermittler für die gleiche Tätigkeit – bei zunehmend höheren Verwaltungs- und Kostenaufwand – weniger Provision. Die langen Haftungszeiten werden gesundheitliche Folgen für den Vermittler haben.

Der (Shenzhen: 002631.SZ - Nachrichten) im letzten Jahrtausend geltende Grundsatz, dass eine geringe Stornoquote auf eine saubere und qualitativ hochwertigeBeratung hinweist, gilt nur noch bedingt. Kein Vermittler kann fünf Jahre (gesetzliche Mindesthaftung für Abschlussprovisionen seit 2008) für den Kunden in die Zukunft blicken; schon gar nicht zehn Jahre. Schwangerschaft, Elternzeit, Scheidung, Partnerwechsel, Jobwechsel, Unternehmensinsolvenzen, Arbeitslosigkeit etc. führen immer wieder zu Veränderungen im bestehenden Vertrag und damit zu Stornierungen, gerade in der schnelllebigen digitalen Welt, in der wir leben. Von schlechter Beratung kann in derartigen Fällen keine Rede sein.

Auswirkungen der Beraterhaftung:

  • Durch das Gesetz muss der Berater mit erheblichen finanziellen Einbußen rechnen, weshalb sein Einkommen schrumpft.

  • Es ist ein weiterer Rückgang der bestehenden Vermittler zu befürchten, da sie nicht mehr von ihrer Arbeit leben können.

  • Mit dem stärker werdenden wirtschaftlichen Druck besteht die Gefahr höherer Krankenraten im Vertriebsteam - die Effizienz sinkt.

  • Die Beraterlandschaft überaltert, da junge Menschen unter diesen Rahmenbedingungen immer weniger bereit sind zu arbeiten.

  • Deutschlandweit werden immer weniger Anleger – aufgrund der zurückgehenden Vermittlerzahlen – beraten.

  • Wenn unterm Strich die Beratung weniger wird, hat letztlich der Anleger den Schaden. Ihm droht dadurch Altersarmut.

Fazit: Der Berater haftet zunehmend für die langfristigen Lebensrisiken seiner Kunden mit. Dies hat die oben ausgeführten Auswirkungen.

Ziel muss es doch sein, auch in Zukunft eine unabhängige und flächendeckende Beratung für alle Verbraucher – unabhängig von deren Einkommen – sicher zu stellen. Dann dürfen die Regelungen des LVRG aber nicht zu Lasten der Berater gehen. Das Vermittlersterben hat bereits begonnen. Es ist fünf vor zwölf. Jetzt muss besonnen gehandelt werden, sonst ist es zu spät.

(PD)