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Der KKR-Einstieg wird Springer grundlegend verändern

Der Einstieg des Finanzinvestors ist so gut wie beschlossen. Springers Unternehmenskultur wird nicht mehr dieselbe sein – denn für KKR zählt zuerst die Rendite.

Ein Fünftel der Aktionäre des Medienkonzerns hat das Angebot des Finanzinvestors angenommen. Foto: dpa
Ein Fünftel der Aktionäre des Medienkonzerns hat das Angebot des Finanzinvestors angenommen. Foto: dpa

Vorstandschef Mathias Döpfner darf sich freuen: Sein Plan, dem Finanzinvestor KKR den Einstieg bei Axel Springer zu ermöglichen, hat die entscheidende Hürde genommen. Mehr als 20 Prozent der Aktionäre haben das Übernahmeangebot von KKR angenommen, wie der Medienkonzern an diesem Montag mitteilte.

Nun fehlt für die Übernahme noch grünes Licht verschiedener Behörden. Bis Ende des Jahres soll der Einstieg perfekt sein. Dann wird die Börsennotierung des seit 1985 gelisteten Medienkonzerns in absehbarer Zeit Geschichte sein.

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Das Portfolio von Axel Springer reicht von Europas größter Tageszeitung „Bild“ über Internetportale wie „Polico.eu“ bis hin zu Service-Plattformen wie Immonet und Stepstone. Der Jahresumsatz beträgt 3,2 Milliarden Euro.

Bei der Bekanntgabe an diesem Montag äußerte sich Döpfner vage. In schönster Managersprache redete er von einem „Meilenstein“. Durch den KKR-Einstieg werde man zusätzliche Chancen nutzen können und die Wachstums- und Innovationsstrategie beschleunigen.

Wie dieses Versprechen in der Unternehmenspraxis aussehen wird, ist noch offen. Die insgesamt 16.000 Mitarbeiter haben viele Fragen – und bisher wenige Antworten bekommen. Ihr Misstrauen ist verständlich, der Betriebsrat hält sich derweil noch zurück.

KKR ist nicht die Familie Springer

Klar ist zumindest: KKR ist kein langfristiger Ankergesellschafter wie die Familie Springer. Der Finanzinvestor zerlegt, filetiert und ordnet Unternehmen und steigt nach fünf bis acht Jahren gerne wieder aus – natürlich mit maximalem Gewinn. KKR ist daher maximal ein mittelfristiger Investor, der in einem überschaubaren Rahmen mit allen Mitteln des modernen Finanzmanagements die Rendite optimiert.

Das weiß die frühere KKR-Beteiligung Pro Sieben Sat 1 nur zu gut. Zusammen mit Permira presste KKR den Fernsehkonzern bildlich gesprochen aus. Die Folgen sind bis heute in Unterföhring spürbar. Pro Sieben Sat 1 ist keine TV-Gruppe mit verschiedenen Sendern mehr. Mit dem Verkauf von N24 wurde damals die Informationskompetenz im Heimatmarkt aufgegeben.

Derzeit kauft KKR wieder unter der Leitung des früheren Constantin-Medien-CEOs Fred Kogel Fernseh- und Filmunternehmen zusammen, zuletzt die Tele-München-Gruppe (RTL 2, Tele 5, Concorde) des Österreichers Herbert Kloiber. Ob das neue Konglomerat bei der Springer-Beteiligung eine Rolle spielen wird, ist unklar. In der Zentrale des Berliner Medienkonzerns wird betont, Kogels Einkaufstour habe mit dem Einstieg bei Springer nichts zu tun.

Axel Springer bietet aufgrund seiner Heterogenität viele Möglichkeiten für die finanzstrategischen Ingenieure. Auf der einen Seite gibt es das schwierige Zeitungsgeschäft, auf der anderen Seite schnell wachsende Digitalgeschäfte. Die Synergien zwischen beiden Welten sind zum Teil eingeschränkt.

Warum also nicht eine Trennung? Der in London ansässige KKR-Europachef Johannes Huth ist gewiefter Medienstratege, für den bei der Jagd nach Rendite und Wachstum üblicherweise nichts unantastbar ist.

Vorbild Murdoch

Ein Beispiel nehmen können sich Döpfner und KKR an Rupert Murdoch. Der australisch-amerikanische Medienunternehmer vollzog bereits die Trennung seiner Geschäfte.

In einem Konzern bündelte der Methusalem der globalen Medienbranche seine Zeitungsbeteiligungen wie „Wall Street Journal“ (WSJ), „Times“ und das britische Blatt „Sun“, im anderen verwahrt er seine Film- und Fernsehunternehmen. Zuletzt verkaufte Murdoch sein Hollywood-Studio 21th Century Fox an den Mickey-Maus-Konzern Disney für 71 Milliarden Dollar.

Nach außen scheint es so, als würde nach dem KKR-Einstieg im Hause Springer alles beim Alten bleiben. Die 76-jährige Verlegerwitwe Friede Springer hält weiterhin etwa 45 Prozent der Anteile, die Springer-Enkel Ariane und Axel Sven 9,8 Prozent. Der 56-jährige Döpfner, der seit 17 Jahren den MDax-Konzern führt, besitzt weiterhin 2,8 Prozent der Anteile.

Doch mit dem Einstieg von KKR droht sich die Unternehmenskultur grundlegend zu verändern. Hatte Gründer Axel Cäsar Springer noch Wert auf die transatlantische Freundschaft und die Aussöhnung mit Israel gelegt, so werden durch den Einstieg der Finanzinvestoren Gewinnmaximierung und schnelles Wachstum stärker in den Fokus der Berliner rücken. An Inhalten und deren gesellschaftliche Bedeutung sind Finanzinvestoren naturgemäß nicht großartig interessiert.

Dabei war Axel Springer bisher mehr als nur eine Gewinnmaschine der Medienbranche. Es ist ein Familienunternehmen, das in der Vergangenheit auch eine gesellschaftliche Rolle einnahm. So machte die „Bild“-Zeitung durch ihre Berichterstattung in den 1960er- und 1970er- Jahren negative Stimmung gegenüber Studentenbewegungen. Axel Springer schrieb die Geschichte der Bundesrepublik in guten wie in schlechten Zeiten mit.

Jede Woche schreibt Handelsblatt-Korrespondent und Buchautor Hans-Peter Siebenhaar seine Sicht auf die Kommunikationswelt auf.

Handelsblatt-Reporter Hans-Peter Siebenhaar schreibt wöchentlich seine Kolumne „Der Medienkommissar“. Foto: dpa
Handelsblatt-Reporter Hans-Peter Siebenhaar schreibt wöchentlich seine Kolumne „Der Medienkommissar“. Foto: dpa