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Kanzleramtschef Braun drückt bei Digitalministerium aufs Tempo

Bekommt Deutschland schon bald ein Bundesdigitalministerium? Kanzleramtschef Braun hält das für möglich – wenn der Koalitionspartner mitspielt.

Der Kanzleramtschef plädiert für ein Digitalministerium. Foto: dpa/picture alliance
Der Kanzleramtschef plädiert für ein Digitalministerium. Foto: dpa/picture alliance

Auf ihrem Bundesparteitag in Leipzig hat die CDU eine klare Festlegung getroffen: „Um die wegweisenden Entscheidungen treffen zu können, braucht es ein Digitalministerium als ranggleiche Einheit innerhalb der Bundesregierung“, heißt in der Digitalcharta der Christdemokraten, die am Wochenende von den Delegierten beschlossen wurde.

Damit entspricht die CDU dem schon oft – vor allem von den Digitalverbänden – geäußerten Wunsch, die Digitalpolitik der Bundesregierung in einem Ressort zu bündeln. Auch die FDP hatte dies schon mehrfach gefordert. Doch die Große Koalition entschied sich schließlich für eine andere Variante: Seit März 2018 gibt es eine Digitalstaatsministerin – Dorothee Bär (CSU) –, außerdem eine Abteilung für Digitalpolitik im Kanzleramt, ein Digitalkabinett und einen Digitalrat, der die Regierung berät. Diese Aufteilung hat sich aber offenbar nicht angemessen bewährt.

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Nach ihrem Parteitagsbeschluss will die CDU nun offensiv die Umsetzung eines eigenständigen Digitalministeriums angehen – womöglich sogar noch in dieser Legislaturperiode, sofern die SPD mitzieht. „Am einfachsten lässt sich das natürlich organisieren, wenn eine neue Regierung gebildet wird“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun der „Stuttgarter Zeitung“. „Wenn der Koalitionspartner mitspielt, lässt sich ein Digitalministerium aber auch schon vorher realisieren.“

Dann sollte es nach der Vorstellung Brauns von der Union geleitet werden. Die Union besetze alle damit verbundenen Ministerien und habe auf dem Parteitag gerade eine Digital-Charta beschlossen, sagte der CDU-Politiker den TV-Sendern RTL und ntv. „Also ich glaube, da haben wir ein gewisses Ownership.“

Bemerkenswert ist: Braun vollzieht damit eine komplette Kehrtwende. Noch im vergangenen Jahr wandte er sich strikt gegen ein separates Digitalressort. Im Handelsblatt-Interview sagte er seinerzeit auf die Frage, ob ein Digitalministerium nicht besser sei, um das Kompetenzwirrwarr aufzulösen: „Auf keinen Fall wäre ein Digitalministerium der bessere Weg. Wir hätten damit allen anderen Ministerien ihre digitalen Zuständigkeiten nehmen müssen: Der Verkehrsminister wäre nicht mehr für die Infrastruktur zuständig, der Innenminister nicht mehr für Cyberkriminalität und der Wirtschaftsminister nicht mehr für digitale Start-ups.“

Aus der SPD kommen indes positive Signale auf den Braun-Vorstoß. „Sollte die Union jetzt eine Neuverteilung von Zuständigkeiten in der Bundesregierung verlangen, ist das genau so ein Punkt, wo man den Koalitionsvertrag nochmal anpackt“, sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann, dem Handelsblatt.

Digitalpolitiker werben für Digitalministerium

Die SPD habe bereits nach der GroKo-Halbzeitbilanz vorgeschlagen, den Koalitionsvertrag „eventuell zu ergänzen“. Dem habe aber CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer eine Absage erteilt. „Insofern sollte sich die Union zuerst mal selbst klar werden, was sie will.“ Zimmermann stellte zugleich eine Bedingung für ein Digitalministerium. „Ich könnte mir im Zusammenhang mit einer Neuordnung der Zuständigkeiten zum Beispiel auch vorstellen, dass das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik aus der Fachaufsicht des Innenministeriums entlassen und unabhängig wird.“

Der Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak, will für die Schaffung eines Digitalministeriums den Koalitionsvertrag mit der SPD aber noch einmal aufschnüren. „Im Koalitionsvertrag haben wir festgeschrieben, dass wir die richtigen Rahmenbedingungen schaffen wollen, um die Herausforderungen der Digitalisierung zum Wohle aller zu meistern“, sagte Ziemiak dem Handelsblatt. „Ein Digitalministerium, dass die entsprechenden Aufgaben bündelt und vorantreibt, wäre deswegen ein wichtiger Schritt. Der Koalitionsvertrag muss dazu nicht neu verhandelt werden.“

Von der Einrichtung eines Digitalministeriums verspricht sich Ziemiak, wie er weiter sagte, dass politische Entscheidungsprozesse und vor allem staatliches Handeln künftig „vernetzter, agiler, schneller, experimentierfreudiger und offener werden“. „Die Digitalisierung zu gestalten gehört zu den großen Herausforderungen unserer Zeit“, betonte der CDU-Politiker.

Das sieht auch die Unionsfraktion so: „Wir sind nun gemeinsam gefordert, den Weg hin zu einem Digitalministerium zu entwickeln“, sagte der CDU-Digitalpolitiker Tankred Schipanski dem Handelsblatt an die Adresse der SPD. „Meines Erachtens ist eine klare haushälterische Verortung und Verantwortung der erste Schritt.“

Bislang gibt es kein gesondertes Digitalbudget im Bundeshaushalt. Die Finanzierung der vielen Digitalisierungsprojekte der Regierung sind den Einzelplänen der betreffenden Ministerien zugeordnet. Die Erstellung einer Gesamtübersicht für den Digitalausschuss des Parlaments ist auch deshalb schwierig, weil oft nicht klar ist, was als Digitalisierungsprojekt gilt und was nicht.

Schipanski betont indes, dass eine „transparente Aufschlüsselung mit klaren Haushaltsansätzen“ für die Entscheidung hilfreich sein könne, wo ein Digitalministerium „Synergieeffekte nutzen und Potentiale heben“ könne. „Der Charme wäre ferner, dass man sich Einzelprojekten federführend annehmen kann, um diese mit besonderer Priorität voranzutreiben“, fügte der CDU-Politiker hinzu.

Auch Kanzleramtschef Braun unterstreicht die Vorteile eines Digitalministeriums. Man habe inzwischen festgestellt, „dass es gut wäre, wenn es einen Zuständigen in der Bundesregierung gäbe, der mit einer digitalen Denkweise und der operativen Unterstützung eines eigenen Ministeriums Querschnittsaufgaben wie das agile Arbeiten in der Bundesverwaltung, die digitale Infrastruktur oder den Bereich E-Government vorantreibt“, sagte er.

Als „Manko“ sieht er auch, dass er im Kanzleramt die Digitalpolitik zwar koordinieren, aber nicht operativ tätig werden könne. Aus diesem Grund sei es „richtig, dass wir uns nun konzeptionell überlegen, wie ein solches Ministerium aussehen und arbeiten könnte“.

Wie die FDP ein Digitalressort organisieren würde

Die FDP schlägt ein Bundesministerium für Digitalisierung vor, das auf drei Säulen fußt. „Das Ministerium übernimmt erstens Verantwortung für digitale Kernbereiche wie digitale Infrastruktur, zweitens ist es für die Koordinierung digitaler Fachvorhaben aller Ressorts zuständig und drittens agiert es als Think-Tank für digitale Innovationen“, sagte Fraktionsvize Frank Sitta dem Handelsblatt. „Nur so werden wir den zentralen Herausforderungen der digitalen Transformation in allen Lebensbereichen gerecht.“

Die CDU fordert in ihrer Digitalcharta neben einem Digitalressort „entsprechende Kompetenzträger in den Ministerien, auf Bundes- und Landesebene und in den Kreis- und Rathäusern, die mit Durchsetzungsmacht ausgestattet sind“.

Die Kompetenz zur Steuerung von IT-, Netz-, Daten- und Digitalprojekten müsse daher auf Ebene der Staatssekretäre in jedem Ministerium verankert und gebündelt werden. Auf Ebene des Bundestages halten die Christdemokraten zudem die „Stärkung“ des Ausschusses Digitale Agenda für erforderlich. „Dieser benötigt federführende Kompetenzen“, heißt es. Was dies konkret bedeutet, geht es aus dem Parteitagsbeschluss nicht hervor.

Für Schipanski ist auch noch „viel Detailarbeit“ zu leisten, bevor ein eigenes Ministerium geschaffen werden könne. „Die CDU hat auf ihrem Parteitag die programmatische Grundlage gelegt“, sagte der Bundestagsabgeordnete und fügte hinzu: „Wir sollten jetzt besonnen den Weg beschreiten.“