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Italiens Gläubiger lassen sich nicht schockieren

Mit dieser Reaktion hätte kaum jemand gerechnet: Die Italiener haben ihren Premier Matteo Renzi abgestraft und klar gegen dessen geplante Verfassungsreform votiert. Doch von Unsicherheit ist an den Märkten keine Spur. Im Gegenteil: Die Aktienmärkte steigen, und Investoren verabschieden sich von den als sicherer Anlagehafen geltenden deutschen Bundesanleihen. Im Gegenzug zum fallenden Kurs steigt die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe wieder über die Marke von 0,3 Prozent. Das entspricht einem Anstieg von 0,04 Prozentpunkten gegenüber dem Freitag.

„Vor dem Referendum in Italien waren die Bund-Renditen bereits deutlich gesunken, von daher war das Potenzial für weitere Renditerückgänge begrenzt“, meint Christoph Rieger, Leiter der Zins- und Kreditstrategie bei der Commerzbank. Zudem hätten die Investoren inzwischen Erfahrungen mit überraschenden Wahlausgängen. „Nach dem Brexit-Votum und der Wahl von zum US-Präsidenten hielten die Schocks und die Flucht in die sicheren Anlagehäfen schließlich nur kurz an“.

Mit Blick auf die Bundesanleihen sind 0,3 Prozent Rendite für zehnjährige Papiere nicht viel. Auch bei italienischen Anleihen hält sich der Renditeanstieg in Grenzen. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihe klettert zwar um 0,11 Prozentpunkte auf zwei Prozent. Mitte November hatte sie aber sogar noch etwas höher gelegen. „Italiens Anleihemärkte hatten die Ablehnung der Verfassungsreform schon größtenteils eingepreist“, meint Adrian Hilton, Anleiheportfoliomanager bei Columbia Threadneedle Investments.

Dennoch sind die Renditeanstiege bemerkenswert – gerade bei Bundesanleihen. Denn bis zum Herbst kannten die Bundesanleihen nur eine Richtung: Die Kurse stiegen und die Renditen fielen immer weiter. Ihr historisches Tief hatte die Rendite der zehnjährigen Bundesanliehe im Juli mit minus 0,2 Prozent markiert. Auch im September lag sie immer noch 0,15 Prozent im Minus. Anleger, die damals eine zehnjährige Bundesanleihe kauften und sie bis zur Fälligkeit halten, machen somit einen kleinen Verlust.

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Der Wind hat sich aber gedreht. Immer mehr Experten sprechen davon, dass der mehr als 35-jährige Bullenmarkt mit weltweit steigenden Anleihekursen und fallenden Renditen zu Ende geht. Das verunsichert Investoren.

Für den Umschwung gibt es mehrere Gründe: Zum einen machen sich Anleger wieder Sorgen über die Inflation. Die Ursachen dafür sind der gestiegene Ölpreis und die angekündigte Politik des designierten US-Präsidenten Donald Trump. Trump will die Wirtschaft über ein Konjunkturprogramm und Steuersenkungen ankurbeln. In den ist herrscht aber schon jetzt nahezu Vollbeschäftigung. Die Folge: „Mit Trump ist das Schreckgespenst der Inflation nach Amerika zurückgekehrt“, sagt Brian Tomlinson, Fondsmanager bei Global Investors.


Ex-Bundesbankchef Axel Weber warnt

Das dürfte auch die US-Notenbank Fed auf den Plan rufen. Eine Zinserhöhung in den im Dezember gilt gerade nach den jüngsten Arbeitsmarktdaten aus den USA als ausgemachte Sache. Investoren fürchten aber, dass die Fed die Leitzinsen im nächsten Jahr noch stärker als erwartet anheben könnte. Dies hat die Rendite der zehnjährigen US-Anleihe auf bis zu 2,3 Prozent und damit über ihren Stand vom Jahresanfang steigen lassen.

Dazu kommt: Investoren vertrauen auch der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht mehr uneingeschränkt. Die meisten Anleger erwarten zwar noch, dass die bei ihrer Sitzung an diesem Donnerstag beschließen wird, ihr Anleihekaufprogramm noch etwas zu verlängern. Der dürfte daran gelegen sein, Sorgen zu besänftigen, meint Neil Dwane, Stratege bei Global Investors. Dennoch: Spätestens im kommenden September dürfte die EZB eine Diskussion um das Auslaufen der Anleihekäufe anstoßen, meint Laurence Mutkin, Zinsstratege bei der BNP Paribas. Sorgen um dieses sogenannte „Tapering“ belasten die Märkte schon länger.

Axel Weber, Verwaltungsratschef der Schweizer Großbank UBS und Ex-Chef der Deutschen Bundesbank, sieht die Lage noch viel kritischer. Die britische „Financial Times“ zitiert ihn mit der Aussage, dass die EZB im nächsten September sogar schon die Leitzinsen erhöhen könnte, um so der Fed zu folgen. Darauf, so Weber, wären die Märkte nicht vorbereitet.

Das stimmt wohl, denn eine Leitzinserhöhung im Euro-Raum hat von den großen Banken kaum jemand auf der Agenda. „Die Aussagen von Weber passen ins Bild von den Ängsten vor einem Ende des Anleihe-Bullenmarktes, bewegen den Markt aber nicht“, meint dazu Rieger von der Commerzbank. Weber hat im Jahr 2011, schon damals ein Gegner der Krisenpolitik unter dem damaligen EZB-Chef Jean-Claude Trichet, seinen Job als Bundesbankpräsident aufgegeben.

Zur Zinspolitik äußert er sich aber immer noch gern: Anfang des September hatte Weber auf der Handelsblatt-Tagung „Banken im Umbruch“ noch prophezeit, dass die Realzinsen auf Dauer sehr niedrig bleiben würden. Grund dafür seien die „Kombination aus demografischem Wandel und technologischem Fortschritt“. Daran werde sich noch nicht einmal etwas ändern, wenn die Notenbanken den Zinshebel umlegen und sich von ihrer „ungeeigneten“ Geldpolitik verabschieden würden.

KONTEXT

Das Prinzip festverzinslicher Wertpapiere

Zinsen und Rückzahlung

Festverzinsliche Anleihen haben einen fixen Zinskupon, der sich auf den Nominalbetrag von 100 Prozent, also zum Beispiel 1 000 Euro, bezieht. Zu diesem Betrag werden die Papiere am Ende der Laufzeit zurückbezahlt. Bei einem Kurs von 100 Prozent entspricht also die Rendite dem zugesicherten Zins.

Kurse und Renditen

Während der Laufzeit werden Anleihen gehandelt, deshalb schwanken die Kurse, die in Prozent angegeben werden. Der Rückzahlungswert bleibt unverändert bei 100 Prozent. Die Zinskupons, die sich auf den Nominalwert beziehen, verändern sich ebenfalls nicht. Weil Zinszahlungen und Tilgungen gleichbleiben, sinkt die Rendite für Neueinsteiger, wenn die Kurse steigen. Umgekehrt ist es genauso: Wenn die Kurse fallen, dann steigen die Renditen für Investoren, die neu zugreifen und bis zur Fälligkeit halten.

Renditeentwicklung

Entwicklung - Die Kurse vieler Anleihen - vor allem die von Staatsanleihen im Euro-Raum und in Japan - sind so stark über 100 Prozent gestiegen, dass Anleger trotz der Zinsen weniger Geld wiederbekommen, als sie angelegt haben. Somit sind die Renditen für Neueinsteiger sogar negativ. Das geht umso schneller, weil die Kupons stetig sinken. So haben zweijährige Bundesschatzanweisungen in Deutschland seit dem 20. August 2014 einen Kupon von null Prozent, seit dem 21. Januar 2015 gilt das auch für fünfjährige Bundesobligationen und seit dem 13. Juli 2016 auch für die neue zehnjährige Bundesanleihe.

KONTEXT

Zentralbanken und Negativzinsen

Japan

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,0 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,1 Prozent

Schweiz

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): -0,75 Prozent (15.01.2016)

Einlagenzinssatz für Banken: gestaffelt -0,75 Prozent

Dänemark

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,05 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,65 Prozent

Schweden

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): -0,5 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,5 Prozent

Euro-Zone

Satz der Hauptrefinanzierungsgeschäfte (Leitzins): 0,0 Prozent

Einlagenzinssatz für Banken: -0,4 Prozent