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Darum ist Israels Impfkampagne so erfolgreich

Die Impfaktion in Israel läuft auf Hochtouren. Das liegt vor allem an der Attraktivität des Landes für große Pharmafirmen. Doch auch die Neuwahlen sind ein Grund für das Eiltempo der Regierung.

Menschen sitzen in einer Sportarena in Jerusalem und warten darauf, gegen das Coronavirus geimpft zu werden. Foto: dpa
Menschen sitzen in einer Sportarena in Jerusalem und warten darauf, gegen das Coronavirus geimpft zu werden. Foto: dpa

Israel könnte zu den ersten Ländern gehören, in denen ein großer Teil der Bürger gegen das Coronavirus geimpft ist und sich das Leben wieder normalisiert. Pro Tag erhalten 150.000 Israeli die erste Dosis des mRNA-Impfstoffs von Biontech und seinem US-Partner Pfizer.

Bereits knapp zwei Millionen oder 23 Prozent der Bevölkerung haben die erste Dosis des Impfstoffs erhalten. Im April könnte Herdenimmunität Wirklichkeit werden, wenn das bisherige Tempo beibehalten wird. In absoluten Zahlen führen zwar China und die Vereinigten Staaten hinsichtlich des Impf-Tempos. In keinem anderen Land wird aber im Vergleich zur Bevölkerungszahl so schnell gegen Corona geimpft wie in Israel. Erst mit deutlichem Abstand folgen die Emirate am Persischen Golf, Bahrain und das Vereinigte Königreich.

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„Unser Ziel bei den Impfungen kommt einem Weltrekord gleich“, sagt Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Bis Ende Januar sollen die meisten Bürger über 60, das medizinische Personal sowie Lehrer die erste Dosis erhalten haben. Bis Ende März sollen alle über 16-Jährigen geimpft sein, wenn alles nach Plan verläuft.

„Wenn wir das geschafft haben“, so Netanjahu, „können wir nach weiteren 30 Tagen das Virus hinter uns lassen, die Wirtschaft öffnen und Dinge tun, die kein anderes Land kann.“ In dieser Woche wurde mit dem Spritzen der zweiten Dosis begonnen.

Die effiziente Abwicklung des nationalen Impfprogramms ist auf den ersten Blick erstaunlich in einem Land, in dem die schwerfällige Bürokratie häufig zu langen Wartezeiten führt. Doch Netanjahu hat die Umsetzung des ehrgeizigen Impfplans schon im Sommer zur Chefsache erklärt.

Rennen um den Impfstoff

Noch bevor die Wirksamkeit des Impfstoffs geklärt war, hatte er Mitte Juni mit Erfolg auf die Zusicherung von Moderna gedrängt, sechs Millionen Portionen zu liefern. Damals stellte Moderna den Impfstoff für Mitte 2021 in Aussicht. „Wir hoffen, dass sie Erfolg haben werden, aber wir haben keine Garantie“, kommentierte Netanjahu im Juni die Vereinbarung.

Als im Herbst Pfizer über die hohe Wirksamkeit seines Impfstoffs informierte, rief Netanjahu persönlich bei Albert Bourla, dem Präsidenten des Unternehmens, an, um sich Dosen zu sichern. Bourla sagte acht Millionen Dosen zu.



Die erste Lieferung von Pfizer traf am 9. Dezember in Tel Aviv ein. Mit den 110.000 Dosen spielte Israel die Logistik und die Tiefkühllagerung durch. In den letzten Wochen habe Netanjahu mehr als ein Dutzend Mal mit Pfizer telefoniert, um zusätzliche Ampullen anzufordern, berichten israelische Medien. Zudem ist die erste Sendung von Moderna eingetroffen. Auch hat sich Israel zehn Millionen Dosen von Astra-Zeneca gesichert.

Netanjahu will glauben machen, dass sein persönlicher Charme Moderna und Pfizer überzeugt habe, Israel schneller zu bedienen als andere Länder. Pfizer-Chef Bourla, sagte Netanjahu, sei mittlerweile „ein persönlicher Freund“ von ihm und ein „Riesenfreund des Staates Israel“. Der Regierungschef hatte früher auch behauptet, Bourla sei „sehr stolz“ auf seine jüdisch-griechische Abstammung.

Israel ist attraktives Testland

Doch die Gründe für den Impferfolg haben nichts mit persönlichen Beziehungen zu tun. Für Pharmafirmen ist Israel ein attraktives Testland, weil alle Krankengeschichten mindestens zwei Jahrzehnte digital gespeichert werden.

99 Prozent der Bevölkerung haben ein digitalisiertes persönliches Gesundheitsdossier, in dem alle relevanten Daten der letzten 25 Jahre gespeichert sind. Für eine vertiefte Auswertung der Impfaktion werden die Hersteller deshalb auf eine im internationalen Vergleich seltene Datenbasis zurückgreifen können, um die Effekte der Schnellimpfung zu analysieren. Im Unterschied zu vielen westlichen Ländern bestehen in Israel weniger Bedenken gegenüber der Speicherung persönlicher Daten.

Eine Schlüsselrolle beim Impf-Turbo übernehmen die vier Krankenkassen. Sie sind nicht nur Assekuranzfirmen, also Versicherungsgesellschaften. Sie bieten in eigenen Kliniken und Praxen Gesundheitsleistungen für die Versicherten an. Dass alle Bewohner des Landes von ihnen erfasst werden, ermöglicht eine effiziente Durchführung der Impfung.

Begleitet wird die Aktion „Gemeinsam schultern“ von einer breit angelegten PR-Kampagne. So holte Netanjahu Sendungen von Pfizer wie einen VIP-Staatsbesuch am Flughafen ab und ließ sich später vor laufenden Kameras als Erster piksen. Die Injektion sei ein „gigantischer Sprung für unsere Gesundheit“, sagte er in Anspielung auf den berühmten Satz von Neil Armstrong nach der Mondlandung. Die Medien tragen den Impf-Hype mit.

Hohe Beschaffungskosten für den Impfstoff

Israel hat für den Impfstoff laut Beobachtern doppelt so viel wie die EU bezahlt. Da Israel seit zwei Jahren kein Budget verabschiedet hat, bleiben die Kosten der Impfaktion zwar ein Geheimnis des Kabinetts. Die Beschaffungskosten werden von den Medien aber auf rund 300 Millionen Euro geschätzt. Im Durchschnitt zahle Israel mit 47 US-Dollar pro Impfung deutlich mehr als andere Pfizer-Kunden, heißt es.

Offizielle Angaben sind aber nicht erhältlich. Den Import der Dosen finanziere die Regierung mit Währungsreserven der Zentralbank, sagt Morning-Star-Analyst Yohanan Ben Jacob.

Niemand bezweifelt, dass Netanjahu mit dem absehbaren Sieg über Corona politisch punkten will. Wird das bisherige Tempo beibehalten, hat er bei den nächsten Wahlen am 23. März ein wichtiges Argument auf seiner Seite.

Das werde, so hofft er, den eher mickrigen Leistungsausweis seiner Regierung bei der Meisterung der Coronakrise in den Hintergrund drängen. Während die Impfaktion auf Hochtouren läuft, ist Israel wegen steigender Fallzahlen bereits zum dritten Mal im Lockdown.

Mehr: Lesen Sie hier, wie Israels Notenbank die Wirtschaft durch die Krise steuert.