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Internationaler, digitaler, schicker: Wie sich Lidl neu erfindet

Auf erfolgsversprechenden, neuen Wegen: Lidl (Matthias Balk/dpa)
Auf erfolgsversprechenden, neuen Wegen: Lidl (Matthias Balk/dpa)

Als Discounter ist kein Wachstum mehr zu erzielen. Lidl steht deswegen vor einem radikalen Imagewechsel: Plötzlich sind exklusivere und hochpreisigere Produkte im Programm, die Läden werden schicker, das Angebot soll im Internet bestellbar werden, während das Wachstum im Ausland gesucht wird. Wie sich Lidl neu erfindet.

Weihnachtszeit, Werbezeit: Nach dem Vorbild von Edekas Vorjahreshit #Heimkommen lässt es der Einzelhandel auch in diesem Jahr menscheln. Erstaunlich flotte Töne sind unterdessen von einem der größten Discounter der Republik zu vernehmen: “Es ist Zeit, dass wir die Regeln dieses dämlich alten Spiels ändern”, singt die amerikanische “The Voice”-Finalistin Emily Roberts in Lidls Weihnachtswerbung #SantaClara.

Die Botschaft könnte moderner nicht sein: Weihnachten mit seinen Huldigungen an den Weihnachtsmann sind überholt, 2016 muss die Gender-Debatte geführt werden – es zählt Pluralismus und Frauenpower. Der moderne Anstrich kommt nicht von ungefähr: Lidl räumt mit aller Macht mit seinem verstaubten Image auf und positioniert sich zunehmend als globale Marke.

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Wettlauf mit Aldi um die Weltherrschaft

Und das mit gutem Grund: Mit Umsätzen von 20,7 Milliarden Euro im vergangenen Geschäftsjahr konnte Lidl in Deutschland das Vorjahresergebnis kaum noch übertreffen. Genau wie der große Einzelhandelsrivale Aldi, mit dem sich die Neckarsulmer seit vier Jahrzehnten einen heftigen Zweikampf um die nationale Vorherrschaft liefern, scheint Lidl in der Bundesrepublik an die Grenzen des Wachstums gestoßen zu sein.

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Zuwächse locken unterdessen im Ausland – inklusive der internationalen Dependancen legten Lidls Erlöse 2015 um immerhin 9 Prozent zu. In 27 Ländern sind die ehrgeizigen Schwaben, deren Geschäftstätigkeit bis ins 19. Jahrhundert zurückreicht (die Gründung der Specerei- und Südfrüchten-Handlung en gros & en détail von A. Lidl & Cie erfolgte bereits 1858), in Europa mit über 10.000 Filialen bereits vertreten – Frankreich, Polen und Großbritannien sind neben Deutschland die größten Märkte. Erzrivale Aldi bringt es aktuell auf 10.100 Filialen in 16 Ländern.

Expansion in die USA 2018

In einem maßgeblichen Markt unterscheiden sich die beiden deutschen Discounter-Riesen jedoch: Aldi wagte bereits 1976 den Sprung über den großen Teich und besitzt in den USA heute fast 1500 Supermärkte, die im letzten Geschäftsjahr für einen Konzernumsatz von 13 Milliarden Dollar sorgten – es ist nach Deutschland Aldis zweitgrößer Markt.

Nach der Blaupause der Essener wagt nun bald auch Lidl seine Expansion jenseits des Atlantiks: Schon in rund einem Jahr soll der Startschuss fallen. Die Firmenzentrale soll in Arlington im US-Bundesstaat Virginia entstehen, wo der deutsche Discountriese über 200 Millionen Dollar investieren und dort über 700 Jobs schaffen will. „Unter 100 Filialen fangen wir gar nicht an“, gab Deutschland-Chef Klaus Gehrig bereits vor einem Jahr aggressive Ziele zum US-Start aus.

Nach Einschätzung des Marktforschers Kantar Retail Projects dürfte Lidl 2018 mit Jahresumsätzen von 700 Millionen Dollar starten, um die US-Erlöse dann im Folgejahr auf 2,1 Milliarden Dollar zu verdreifachen und vier Jahre später sogar auf 8,9 Milliarden Dollar zu vervielfachen.

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Lidl will endgültig weg vom
Lidl will endgültig weg vom “Billig-Image” (Bild: Franziska Kraufmann/dpa)

Angriff mit Premiumprodukten

Interessanterweise könnten sich die Marktchancen in den USA in einem untypischen Marktsegment ergeben – der gehobenen Preisklasse. “Lidl dürfte versuchen, sich von den einheimischen Einzelhändlern zu unterscheiden”, glaubt Kantar-Director Mike Paglia. “Sie werden Qualitätsprodukte für kostenbewusste Kunden anbieten, aber auch Premium-Marken für wohlhabende Käufer”, erklärt der Marktforscher gegenüber dem Finanzportal Marketwatch.

Tatsächlich ist der Schwenk zum Luxussegment bereits ein Teil von Lidls Repositionierungsstrategie. Der 43 Jahre alte Discounter versucht sich mit Nachdruck vom BilIigimage zu befreien und als lifestylige Marke neu zu erfinden. Dafür scheut CEO Sven Seidel keine Kosten und Mühen: Lidl will mit modernen Hochglanzfilialen ein völlig neues Einkaufserlebnis schaffen und nach Medienberichten dafür allein in Deutschland in den nächsten fünf Jahren mehr drei Milliarden Euro investieren.

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Dazu kommen ausgefallene Aktionen, die dem Discounter schon heute zu neuem Glanz verhelfen sollen. Im September eröffnete Lidl überraschend am Hamburger Neuen Wall – der edelsten Einkaufsstraße der Hansestadt – für zehn Tage einen sogenannten “Pop-up Store”, in dem eine Premium-Kollektion der Eigenmarke Esmara verkauft wurde.

Neue Digitalstrategie, um Amazon zu kontern

Vor allem jedoch im Internet, das Lidl lange Zeit als Absatzplattform vernachlässigt hat, wollen die Schwaben kräftig aufholen. Wie das manager magazin im Oktober berichtete, plant Lidl eine Digitaloffensive in dreistelliger Millionenhöhe, durch die Filialen zu Abholstationen für im Internet bestellte Waren werden sollen – inklusive frischer Produkte wie Obst und Gemüse.

Doch Lidl wird sich beeilen müssen: Der übermächtige US-Einzelhändler Amazon dürfte nicht nur kurz vor dem Deutschlandstart seines Lieferdienstes Amazon Fresh stehen, mit dem sich Kunden frische Lebensmittel nach Hause schicken lassen können, sondern gar vor dem Debüt futuristisch anmutender Supermärkte.

Anfang der Woche kündigte der nach Alphabet zweitwertvollste Internetkonzern der Welt mit Amazon Go ein revolutionäres neues Einkaufskonzept ohne Kassen und Warteschlangen an. Bis zu 2000 neuer Läden könnte Amazon in kürzester Zeit aus dem Boden stampfen – und Lidls ambitionierte US-Pläne damit gehörig durchkreuzen.

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