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Die Inflation bleibt niedrig

Im Dezember sind die Preise im Euro-Raum wieder langsamer gestiegen. An der schwachen Entwicklung wird sich wohl 2018 nicht viel ändern. Die Differenz zwischen der Euro-Zone und Deutschland dürfte aber größer werden.

Die Wirtschaft im Euro-Raum hat im zurückliegenden Jahr alle Erwartungen übertroffen. Sie ist vermutlich um mehr als zwei Prozent gewachsen. Selbst in Ländern wie Griechenland oder Italien kommt die Wirtschaft auf die Beine.

Dennoch steigen die Preise im Euro-Raum nur sehr langsam. Im Dezember lag die Inflation bei 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat, wie das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag in einer Schnellschätzung mitteilte. Im Jahresdurchschnitt ergab sich damit ein Zuwachs um 1,5 Prozent. Das liegt deutlich unter dem von der Europäischen Zentralbank angestrebten Wert von knapp unter zwei Prozent.

Auch wenn das Ziel noch längst nicht erreicht ist, hat die EZB im neuen Jahr damit begonnen, ihre Wertpapier-Käufe auf 30 Milliarden Euro pro Monat zu halbieren. Die Hüter des Euro reagieren damit auf den Aufschwung im Währungsraum, der jedoch im vorigen Jahr bei der Inflation kaum Spuren hinterlassen hat. „Das kräftige Wirtschaftswachstum und der spürbare Rückgang der Arbeitslosigkeit haben bislang nicht zu einer nachhaltigen Verstärkung des unterliegenden Preisauftriebs geführt“, schreibt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. Er rechnet auch im kommenden Jahr mit einer schwachen Inflationsentwicklung.

Allerdings könnte die Inflation in Deutschland stärker als in der Euro-Zone steigen. Bereits in diesem Jahr lag die Inflation in Deutschland mit 1,8 im Jahresschnitt über dem Durchschnitt der Euro-Zone. Der Abstand könnte sich im nächsten Jahr sogar noch vergrößern.

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Das liegt aus Sicht von Ökonomen vor allem daran, dass die Wirtschaft hierzulande schon deutlich länger wächst als in Ländern wie etwa Italien und die Arbeitslosigkeit gering ist. Dadurch werden Arbeitskräfte zunehmend knapp, was die Verhandlungsmacht der Arbeitnehmer in Lohnverhandlungen stärkt. Die Tarifabschlüsse dürften in diesem Jahr daher höher ausfallen. Höhere Löhne wiederrum stützen die Preisentwicklung.

In vielen anderen Euro-Ländern dagegen ist die Arbeitslosigkeit nach wie vor hoch. Zudem dämpfen politische Reformen, wie etwa die neuen Arbeitsmarktgesetze in Frankreich, voraussichtlich kurzfristig die Lohn- und Preisentwicklung.

Hinzu kommt, dass die höhere Inflation 2017 auch auf statistische Effekte zurückzuführen war, die zum Teil 2018 auslaufen. Da der Ölpreis Anfang 2016 sehr stark gefallen war, lag er 2017 im Vergleich dazu deutlich höher. Die Vergleichswerte im neuen Jahr sind dagegen deutlich höher. Wie wenig sich fundamental bei der Inflation verändert hat, zeigt die um besonders schwankungsanfällige Güter wie Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kerninflationsrate. Sie lag 2017 im Euro-Raum bei 0,9 Prozent und damit nur 0,1 Prozentpunkt über dem Jahresdurchschnitt 2016. Auch für 2018 erwartet Commerzbank-Ökonom Weil für die Euro-Zone eine Kerninflation von lediglich 1,0 Prozent. Erst 2019 sei mit einem deutlicheren Anstieg zu rechnen.

Das Bankhaus Lampe sieht außerdem strukturelle Veränderungen am Werk, die die Teuerung dämpfen: „Stichworte hierzu sind unter anderem die Globalisierung, Robotertechnik, die geschwächte Position der Gewerkschaften und das allgegenwärtige Internet.“ Chefökonom Alexander Krüger erwartet, dass aber zumindest der „schleichende Anstieg des Rohölpreises“ für mehr Inflation sorgen dürfte: „Dies spielt der EZB beim Ausstieg aus ihren Wertpapierkäufen in die Karten.“

Das Programm soll noch bis mindestens Ende September laufen. In der Führungsetage der EZB-Zentrale in Frankfurt wird bereits laut darüber nachgedacht, die Neuankäufe noch in diesem Jahr auslaufen zu lassen. Doch die Notenbank kann damit ihre Mission wohl noch lange nicht als erfüllt ansehen: Selbst für 2020 rechnen die EZB-Ökonomen nur mit einem Preisanstieg von 1,7 Prozent.

KONTEXT

Worum es bei dem Verfahren zur EZB-Geldschwemme geht

Welche Papiere erwirbt die EZB?

Seit Anfang März 2015 erwerben die Währungshüter jeden Monat verschiedene Wertpapiere im großen Stil - vor allem Staatsanleihen der Euro-Länder. Genau um diese Staatsanleihen geht es dem Verfassungsgericht. Eine Anleihe ist eine Art Schuldschein, die Ausgabe von Staatsanleihen eine Art Kreditaufnahme. Staaten besorgen sich auf diese Weise frisches Geld bei Banken und Investoren wie Fonds oder Versicherungen. Für jede Anleihe wird festgelegt, wann der Staat das Geld zurückzahlen muss und wie viel Zinsen er dem Geldgeber dafür zahlen muss. Je riskanter eine Staatsanleihe aus Sicht der Gläubiger ist, desto höhere Zinsen muss der Schuldner einräumen, um Käufer zu finden. Indem die EZB Staatsanleihen kauft, sinkt das Zinsniveau für diese Papiere. Staaten, aber auch Unternehmen sollen so billiger an Geld kommen.

Um welche Summen handelt es sich?

Seit Beginn des Programms im März 2015 hat die EZB Anleihen und andere Wertpapiere im Volumen von insgesamt bisher 2,01 Billionen Euro gekauft (Stand: Ende Juli). Der größte Teil sind mit 1,66 Billionen Euro Staatsanleihen sowie Schuldtitel europäischer Institutionen. Monatlich nehmen die Währungshüter derzeit rund 60 Milliarden Euro in die Hand. Das Programm soll noch bis mindestens Ende 2017 laufen, insgesamt sollen es 2,28 Billionen Euro werden.

Warum flutet die EZB die Märkte mit Geld?

Die Währungshüter wollen mit der Geldschwemme die Inflation und Konjunktur im Euroraum ankurbeln. Im Idealfall kommt das zusätzliche Zentralbankgeld über die Banken, denen die Notenbank Wertpapiere abkauft, über Kredite bei Unternehmen und Verbrauchern an. Geben Verbraucher und Unternehmen mehr aus, kommt die Konjunktur in Schwung, die Arbeitslosigkeit sinkt, Gewerkschaften können in der Regel höhere Löhne durchsetzen. Die Inflation steigt.

Warum kann eine niedrige Inflation gefährlich sein?

Dauerhaft niedrige oder gar sinkende Preise können Unternehmen und Verbraucher dazu bringen, Investitionen aufzuschieben - in der Hoffnung, dass es bald noch billiger wird. Dadurch kann eine gefährliche Spirale aus sinkenden Preisen und sinkender Nachfrage in Gang kommen. Im schlimmsten Fall würde das die Konjunktur abwürgen. Die EZB strebt eine Teuerungsrate von knapp unter 2,0 Prozent an - weit genug entfernt von der Nulllinie. Die Zeiten der Mini-Inflation im Euroraum sind inzwischen vorbei. Im Juli lag die Rate bei 1,3 Prozent.

Welche Rolle spielt die Deutsche Bundesbank?

Die Käufe werden zum größten Teil über die Notenbanken der Eurostaaten abgewickelt. Die Bundesbank ist mit 25,6 Prozent am eingezahlten Kapital größter EZB-Anteilseigner. Etwa ein Viertel der Wertpapierkäufe entfällt damit auf Deutschland. Die nationalen Zentralbanken konzentrieren sich vor allem auf Papiere des jeweiligen Heimatlandes. Die Bundesbank hat also vor allem deutsche Staatsanleihen in ihren Büchern. Diese gelten als besonders sicher.

Warum ist das ein Fall für deutsche Verfassungsrichter?

Kritiker wie der frühere CSU-Vize Peter Gauweiler und der einstige AfD-Mitbegründer Bernd Lucke haben gegen das gewaltige Kaufprogramm geklagt. Sie sind überzeugt, dass die EZB damit nicht nur Währungs-, sondern auch Wirtschaftspolitik betreibt - das ist der Notenbank untersagt. Als deutsche Wähler und Steuerzahler sehen sich die Kläger in ihren Rechten verletzt: Ohne dass der Bundestag dem je zugestimmt habe, gehe die Bundesbank für die EZB Milliardenrisiken ein.

Wie sieht die EZB das?

Die Währungshüter erwerben die Anleihen nicht direkt von den Staaten, sondern von Banken und anderen Investoren. Nach ihren Statuten dürfen sie bereits im Umlauf befindliche Papiere kaufen. Um nicht in den Verdacht der verbotenen Staatsfinanzierung zu geraten, hat sich die Notenbank auferlegt, höchstens 33 Prozent der Staatsanleihen eines Eurolandes beziehungsweise eines einzelnen Wertpapiers zu kaufen. Den Bundesverfassungsrichtern scheint das aber nicht auszureichen.

Wie geht es jetzt weiter?

Die Richter beantragen, dass der EuGH in einem beschleunigten Verfahren entscheidet. Solche Vorabentscheidungsverfahren dauern im Schnitt knapp fünf Monate. Anschließend soll es in Karlsruhe eine mündliche Verhandlung geben. Bis zur Urteilsverkündung vergehen danach erfahrungsgemäß noch einmal mindestens mehrere Monate. Mit der endgültigen Entscheidung dürfte also eher gegen Ende kommenden Jahres zu rechnen sein. Im äußersten Fall könnte das Verfassungsgericht der EZB dazwischen grätschen und die deutsche Beteiligung an den Anleihenkäufen verbieten. Die große Frage ist allerdings, ob das Kaufprogramm dann überhaupt noch läuft - Beobachter mutmaßen, dass die Notenbank den schrittweisen Ausstieg 2018 vollziehen könnte.