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Das Impfen beginnt – Die wichtigsten Fragen und Antworten zu Wirkung, Nutzen und Risiken

Ab diesem Wochenende wird der Biontech-Impfstoff in Deutschland eingesetzt. Das Ziel ist die Herdenimmunität. Doch wie sicher sind die Mittel?

In Sachsen-Anhalt wurden bereits die ersten Bewohner eines Pflegeheims gegen Covid-19 geimpft. Foto: dpa
In Sachsen-Anhalt wurden bereits die ersten Bewohner eines Pflegeheims gegen Covid-19 geimpft. Foto: dpa

In Deutschland starten an diesem Wochenende die Impfungen mit dem ersten zugelassenen Mittel zum Schutz vor der Atemwegskrankheit Covid-19. Am Samstag waren die ersten Bewohner und auch Mitarbeiter in einem Altenheim in Sachsen-Anhalt geimpft worden.

Die breite Bevölkerung wird jedoch erst in den kommenden Monaten nach und nach mit Impfstoffen versorgt werden, zunächst haben Hochrisiko-Gruppen sowie medizinisches und Pflegepersonal den Vortritt. Doch was wird da eigentlich verabreicht? Wie sicher und wirksam sind die Impfstoffe? Und welche Nebenwirkungen sind möglich? Es folgen die Antworten auf die wichtigsten Fragen:

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Wie läuft die Impfung ab?

Der Impfstoff von Biontech wird ins Muskelgewebe gespritzt. Um einen ausreichenden Schutz gegen die Coronaviren aufbauen zu können, sind zwei Injektionen nötig, die im Abstand von rund drei Wochen verabreicht werden. Auch das kurz vor der Zulassung in der EU stehende Mittel des US-Biotechunternehmens Moderna wird zweimal geimpft.

Was passiert im Körper nach der Impfung?

Jeder Impfstoff hat dasselbe Ziel: Er soll im Körper eine Reaktion des Immunsystems auf Krankheitserreger auslösen. Impfstoffe provozieren diese Reaktion, ohne dass eine Krankheit ausbricht. Denn es werden nie lebende oder komplette Viren gespritzt, sondern nur ungefährliche Einzelteile, die aber vom Immunsystem als Fremdkörper erkannt werden. Die Immunabwehr bekommt so ein Gedächtnis – sie kann also Antikörper schnell aktivieren, wenn man sich mit dem tatsächlichen Coronavirus infiziert.

Wie wird das mit dem Biontech-Impfstoff erreicht?

Die Corona-Impfstoffe von Biontech und Moderna nutzen einen natürlichen Prozess, der ständig im Körper abläuft. In den Zellen gibt es Botenstoffe, die Bauanleitungen für lebensnotwendige Proteine enthalten und für deren Produktion sorgen. Diese Botenstoffe, mRNA genannt, werden vom Erbgut des Menschen mit den Bauplänen ausgestattet.

Der neue Impfstoff enthält mRNA mit einer speziellen Bauanleitung zur Herstellung einzelner Teile des Coronavirus. Nach der Injektion werden diese in Körperzellen produziert. Die Immunabwehr des Menschen erkennt diese Eindringlinge und bekämpft sie mit Antikörpern. Die injizierte mRNA ist ein Molekül auf natürlicher Basis, das im Köper schnell zerfällt und abgebaut wird.

Wie wirksam ist der Schutz?

Die Hersteller Biontech und Pfizer geben die Wirksamkeit mit 95 Prozent an. Gemeint ist damit der Schutz vor der Erkrankung an Covid-19. Dieser Wert wurde in der Prüfung und Bewertung durch die Zulassungsbehörden in den USA und Europa bestätigt. Er liegt deutlich höher als bei anderen Impfstoffen, etwa gegen das übliche Grippevirus, bei dem nur Werte von 60 bis 70 Prozent erreicht werden.

Eine der Unsicherheiten ist die Frage, wie lange genau der Schutz durch das Biontech-Mittel anhält. Es ist davon auszugehen, dass eine Impfung wiederholt werden muss, ähnlich wie bei der jährlichen Grippeschutzimpfung.

Ein viel beachtete Frage: Ist man trotz Impfung ansteckend für andere? Das kann nach jetzigen Erkenntnissen nicht ausgeschlossen werden. Die Impfung und die Immunreaktion des Körpers sorgen aber für eine deutlich geringere Viruslast beim Infizierten. Damit ist auch die Ansteckungsgefahr geringer.

Darf jeder das Mittel nehmen?

Zugelassen ist der Impfstoff bisher nur für Menschen ab 16 Jahren. Für die Wirkung bei Kindern und Jugendlichen gibt es noch nicht ausreichend Studiendaten. Ebenso fehlt es noch an genügend Daten zur Wirkung und Risiken bei Schwangeren.

Gleiches gilt für Menschen, deren Immunsystem aufgrund anderer Therapien geschwächt ist, also etwa Krebskranke in einer Chemotherapie. „Es gibt bislang keine verlässlichen Daten zur Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs für diese Patientengruppen. Hierfür sind weitere Studien erforderlich“, schreibt das Deutsche Krebsforschungszentrum.

Schützt das Mittel auch gegen mutierte Viren wie die britische Variante?

Bislang gibt es keinen Hinweis darauf, dass der Impfstoff nicht auch mutierte Coronaviren erfasst. Aktuell ist eine Mutation in Großbritannien aufgetaucht, die als noch ansteckender gilt. Die EU-Arzneibehörde Ema zeigt sich zuversichtlich, dass der Impfstoff gegen diese Variante wirkt. Ähnlich äußerten sich auch Virologen und der Hersteller Biontech selbst.

Die Zuversicht lässt sich mit dem Wirkprinzip des Mittels begründen: Es zielt auf das sogenannte Spike-Protein des Virus, mit dem der Erreger in Körperzellen eindringt. Bei der in Großbritannien entdeckten Variante ist das Spike-Protein verändert – allerdings nur zu einem Prozent, wie Biontech ermittelte. Der Impfstoff provoziert aber die Produktion einer Vielzahl verschiedener Antikörper gegen das Spike-Protein.

Die Firma hat das Mittel zuvor an anderen Virus-Mutationen erfolgreich getestet. Jetzt wird es noch einmal speziell mit der britischen Variante konfrontiert. Ergebnisse sollen in zwei Wochen vorliegen. Sollte es sich dagegen als nicht wirksam erweisen, müsste der Impfstoff angepasst werden. Technisch ist das bei der mRNA-Methode binnen sechs Wochen machbar. Dann aber würden erst noch erneute Testreihen und Zulassungsprozesse folgen.

Kann man der neuen Technologie vertrauen?

Diese Frage treibt viele Menschen um, die der mRNA-Technik und damit der Impfung vorsichtig oder ablehnend gegenüberstehen. Tatsächlich handelt es sich um medizinisches Neuland, wie selbst die EU-Zulassungsbehörde Ema Anfang der Woche mitteilte, und damit sind noch viele Fragen offen.

Abschreckend wirkt auf viele, dass hier mit Gentechnik gearbeitet wird. Allerdings wird Gentechnik nur bei der Herstellung der speziellen mRNA mit der Bauanleitung für das Virusprotein eingesetzt. Im Körper selbst läuft im Grunde ein natürlicher Prozess ab, wie er ständig vorkommt. Es wird auch keinerlei verändertes Erbgut (DNA) eingesetzt.

Wichtig dabei ist: Auch bei der Entwicklung der weiteren Impfstoff-Arten wird Gentechnik genutzt. Das Mittel von Moderna, das vermutlich im Januar zugelassen wird, basiert ebenfalls auf der mRNA-Technologie. Der Impfstoff von Astra-Zeneca, der in großen Mengen für die gesamte Welt produziert wird, funktioniert mit einem gentechnisch veränderten, ungefährlichen Vektorvirus.

Wie sicher sind die neuen Impfstoffe?

Vertrauen in die Sicherheit der Produkte ist entscheidend für die Impfbereitschaft der Menschen. Bei der Betrachtung des Biontech-Impfstoffs sind zwei Entwicklungen wichtig: Zum einen ist das Mittel an mehr als 40.000 Menschen getestet worden. Nimmt man die Studien über das gleichwertige mRNA-Mittel von Moderna hinzu, so liegt die Zahl bei insgesamt 74.000.

Das ist in der bisherigen Entwicklung von Impfstoffen ein Spitzenwert. Kaum ein Mittel wurde in den letzten 15 Jahren vor der Zulassung an mehr Menschen ausprobiert. Und es zeigten sich in der Untersuchung beider mRNA-Impfstoffe keine schwerwiegenden Nebenwirkungen.

Zum anderen gilt: Das Biontech-Mittel ist mittlerweile mehr als eine halbe Millionen Personen in Großbritannien und den USA verabreicht worden. Bis auf sieben bestätigte oder noch unbestätigte Fälle ernster allergischer Schocks verliefen diese Impfungen problemlos.

Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen?

Logischerweise fehlen Daten aus einer langfristigen Beobachtung zu Wirkung und möglichen Risiken der neuartigen Impfstoffe, wie selbst Biontech im Beipackzettel erklärt. Das Fehlen langfristiger Daten ist bei vielen ebenfalls ein Grund für die Ablehnung einer Impfung. Tatsächlich ist sowohl die Zulassung eines Medikaments wie auch die persönliche Einschätzung immer eine Risikoabschätzung: Sind Wirkung und Nutzen einer Impfung für einen selbst und die Mitmenschen höher als das persönliche Risiko?

Nebenwirkungen von Impfstoffen treten in der Regel in den ersten sechs bis acht Wochen nach der Injektion auf, meistens sogar direkt danach. Die jetzt beobachteten, schweren allergischen Schocks bei sieben Menschen waren offensichtlich eine Reaktion auf bestimmte chemische Inhalts- oder Trägerstoffe.

Die Gesundheitsbehörden schränkten den Einsatz daraufhin ein: Personen, deren Krankheitsgeschichte schwere allergische Reaktionen auf Medikamente beinhaltet, sollten das Mittel nicht nehmen – zumindest nicht ohne ärztliche Aufsicht. Alle beobachteten allergischen Schocks waren schnell wieder abgeklungen bzw. therapiert.

Die Warnung gilt nicht für „normale“ Allergiker (Pollen, Lebensmittel etc.), denn bei denen wurden in den Studien keine Probleme festgestellt. Allergiker sollten daher nicht allzu sehr beunruhigt sein, sagt Ludger Klimek, Präsident des Ärzteverbandes Deutscher Allergologen. Nur sehr wenige müssten von der Impfung ausgeschlossen werden, erwartet er.

Insgesamt traten beim Biontech-Mittel und bei dem von Moderna in den Tests nur leichte Nebenwirkungen auf, die typisch bei Impfungen sind und binnen weniger Stunden wieder abnehmen: Dazu zählen Kopf- und Muskelschmerzen, Schmerzen an der Injektionsstelle und Fieber.

Kann der Impfstoff das Erbgut schädigen?

Von dieser Angst ist ebenfalls oft zu lesen und zu hören. Es geht um die Frage, ob die im Labor veränderte mRNA die DNA und damit den genetischen Bauplan des Menschen nachhaltig verändern und damit schädigen könnte.

MRNA-Produkte sind aber keine genetisch wirkenden Impfstoffe und setzen nicht am Erbgut des Menschen an. Sie wirken vielmehr nachgelagert, weil sie nur der Überbringer genetischer Informationen in den Zellen sind. Die Botenstoffe werden nach der Informationsübertragung schnell wieder abgebaut.

Theoretisch gibt es die Möglichkeit einer Übertragung von Geninformationen in die DNA des Menschen – dies wird reverse Transkription genannt. Sie wird in der Forschung aber als äußerst unwahrscheinlich eingestuft oder sogar ausgeschlossen. Zudem würde in diesem Fall, so die Erwartung, die betreffende Zelle vom Immunsystem attackiert, weil sie fortlaufend Virusprotein produziert.

Das Mittel soll auch gegen die britische Virusvariante wirksam sein. Foto: dpa
Das Mittel soll auch gegen die britische Virusvariante wirksam sein. Foto: dpa