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Ifo-Beschäftigungsbarometer stürzt wegen Coronakrise auf historisches Tief

Die Münchner Konjunkturforscher erwarten steigende Arbeitslosigkeit. Bei den Dienstleistern wird es erstmals seit der Finanzkrise wieder zu Entlassungen kommen.

Die Coronakrise wird tiefe Spuren auf dem deutschen Arbeitsmarkt hinterlassen. Das Beschäftigungsbarometer des Ifo-Instituts, das die Münchener Konjunkturforscher monatlich exklusiv für das Handelsblatt berechnen, ist auf ein historisches Tief abgestürzt.

Der Indikator, der die Beschäftigungsabsichten von rund 9000 Unternehmen widerspiegelt, ist im April auf 86,3 Punkte abgestürzt, von 93,4 Punkten im März. „Dies ist ein historisches Tief“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. „Auch der Rückgang des Barometers war noch nie so stark. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland wird daher steigen.“ Seinen bisherigen Tiefstand hatte das Barometer während der Finanzkrise im März 2009 mit 87,3 Punkten markiert.

Im Verarbeitenden Gewerbe, bei den Dienstleistern, beim Bau und im Handel ist das Barometer nie zuvor im Monatsvergleich so stark gesunken. Bei den Dienstleistern ist es sogar auf ein neues historisches Tief gefallen. „Erstmals seit der Finanzkrise wird es hier wieder zu Entlassungen kommen“, erwartet Wohlrabe.

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In der Industrie war schon vor der Coronakrise ein Beschäftigungsabbau zu beobachten, weil die konjunkturelle Abschwächung und der Strukturwandel, etwa die Abkehr vom Verbrennungsmotor, den Unternehmen zusetzten. Der Trend rückläufiger Mitarbeiterzahlen setze sich nun verstärkt fort.

Vom Außenhandel, der klassischen Stütze der Industrie, sind hier keine Impulse zu erwarten. So befinde sich die Stimmung unter den deutschen Exporteuren „im freien Fall“, teilte das Ifo-Institut mit. Der entsprechende Indikator zu den Exporterwartungen der Industrie ist im April von minus 19,0 auf minus 50,0 Punkte abgestürzt. Das sei der niedrigste jemals gemessene Wert. Auch das Ausmaß des Rückgangs sei ohne Beispiel.

In zahlreichen Branchen sanken die Erwartungen laut Ifo auf neue Tiefstwerte. Vor allem seien viele deutsche Schlüsselbranchen wie der Fahrzeugbau, Maschinenbau oder die Elektrotechnik betroffen. Einziger Lichtblick sei die Pharmabranche.

Auch IAB sieht schwarz für den Arbeitsmarkt

Bei der Beschäftigung schlagen die Einschränkungen wegen der Viruspandemie aber auch im Handel durch. Hier wird die Mitarbeiterzahl nach Einschätzung des Ifo-Instituts ebenfalls sinken. Einzige Ausnahme seien die Supermärkte. Auch der zuletzt boomende Bausektor könne sich der negativen Beschäftigungsdynamik nicht mehr entziehen.

Nicht nur die Ifo-Experten sehen schwarz für den Arbeitsmarkt. Am Freitag hatte auch das Nürnberger Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) seine Vorausschau aktualisiert.

Die Denkfabrik der Bundesagentur für Arbeit (BA) geht davon aus, dass der seit Mitte März anhaltende nahezu vollkommene Ausfall der Wirtschaftstätigkeit in vielen Bereichen sich erst Schritt für Schritt bis zum Jahresende normalisieren wird. Beim Konsum erwarten sie wegen breiter Einkommensrückgänge etwa durch Kurzarbeit eine nur langsame Erholung, ähnlich wie bei den Investitionen oder dem Welthandel.

Unter diesen Voraussetzungen könnte das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr insgesamt um 8,4 Prozent zurückgehen, im zweiten Quartal sogar um 14,6 Prozent, schreibt das IAB. In der Folge wird die Zahl der Erwerbstätigen der Vorausschau zufolge in den kommenden Monaten um rund eine Million Personen sinken. Darunter seien auch hunderttausende Minijobber, die nicht von der Kurzarbeitsregelung profitieren.

Im Zuge der angenommenen schrittweisen Normalisierung der Wirtschaftstätigkeit mache die Erwerbstätigkeit im späteren Jahresverlauf wieder mehr als die Hälfte der vorherigen Rückgänge wett, so dass sich unter dem Strich bei der Zahl der Erwerbstätigen im Jahresdurchschnitt ein Minus von 470.000 ergibt.

Die Zahl der Arbeitslosen wird nach IAB-Einschätzung in den nächsten Monaten von aktuell gut 2,3 Millionen auf mehr als drei Millionen steigen, dann aber bis zum Jahresende wieder sinken. Im Jahresdurchschnitt erwartet das IAB 520.000 mehr Arbeitslose als im Vorjahr.

Bisher macht sich die Arbeitsmarktkrise vor allem durch einen Anstieg der Kurzarbeit bemerkbar. Bis zum 20. April hatten rund 718.000 Betriebe bei den Arbeitsagenturen Kurzarbeit angemeldet. Erste Daten, wie hoch die Zahl der Kurzarbeiter aus den Anzeigen ist, will die BA am Donnerstag präsentieren. Die Nürnberger Behörde hat bereits die finanziellen Auswirkungen für ein Extremszenario mit zeitweise acht Millionen Kurzarbeitern durchgerechnet.