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Gigabit-Netze: Die Bundesregierung verfehlt ihr Ziel

Bis 2025 sollen alle Haushalte Highspeed-Internet erhalten. Das geplante Förderprogramm droht den Markt zu überhitzen, warnen Telekom, Vodafone und Co.

Der Bund will den schnellen Zugang zum Netz fördern – doch die Begeisterung der Industrie für die Plänen hält sich in engen Grenzen. Foto: dpa
Der Bund will den schnellen Zugang zum Netz fördern – doch die Begeisterung der Industrie für die Plänen hält sich in engen Grenzen. Foto: dpa

Die Verbände der Telekommunikationswirtschaft warnen die Bundesregierung davor, mit einem allzu ambitionierten Förderprogramm Chaos beim Breitbandausbau zu produzieren. Der Bund will mit der „Graue-Flecken-Förderung” den Ausbau von Glasfasernetzen vorantreiben.

Doch durch die Förderpläne würde der Ausbau nicht beschleunigt, „sondern durch eine Fokussierung aller Ausbauressourcen auf vermehrt geförderten Ausbau gar verlangsamt“, schreiben die Verbände Anga, Bitkom, Breko und VATM in einem gemeinsamen Brief an Kanzleramtschef Helge Braun, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Digitalminister Andreas Scheuer (CSU) sowie die zuständigen Minister in den Bundesländern. „Dies kann weder im Sinne der Politik, der Bürger und Unternehmen vor Ort noch der TK-Unternehmen sein“, heißt es weiter.

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Die Regierung hat ein klares Ziel vor Augen: „Wir bringen die Gigabit-Netze in alle Regionen“, haben CDU, CSU und SPD in ihrem Koalitionsvertrag vermerkt und „zehn bis zwölf Milliarden Euro für flächendeckende Glasfasernetze, möglichst direkt zum Haus“, versprochen – und das alles „bis 2025“.

Um das Breitband-Ziel zu erreichen, soll ein neues Förderprogramm helfen, über das der Bund an diesem Mittwoch mit den Ländern verhandeln wird. Doch alle wissen: die Zeit wird knapp. „Das Schwarze-Peter-Spiel hat begonnen“, heißt es in Regierungskreisen.

Das neue Programm soll zunächst für Gebiete gelten, in denen die Netze Datengeschwindigkeiten von weniger als 100 Megabit in der Sekunde erlauben. Ab dem Jahr 2023 dann soll auch diese Grenze fallen und überall dort, wo Privatunternehmen nicht ausbauen, eine Förderung möglich sein.

Den Verbänden geht das zu schnell. Ihren Berechnungen zufolge wären damit ab dem Jahr 2023 „auf einen Schlag“ rund 14 Millionen weitere Haushalte und Unternehmensstandorte förderfähig, was einem Drittel aller Haushalte entspricht. „Ein unkontrollierter Run der Kommunen und Landkreise auf die Fördermittel (...) wäre das Ergebnis“, warnen sie.

Die Unternehmen könnten sich aufgrund der Fülle an Verfahren gar nicht auf alle Markterkundungen melden, mit denen geprüft wird, ob nicht doch in den kommenden drei Jahren ein privatwirtschaftlicher Ausbau geplant ist.

Die Folge: Der Staat dürfte noch häufiger mit Steuergeldern den Ausbau übernehmen. „Der eigenwirtschaftliche Ausbau muss maximal begünstigt und unterstützt werden. Förderung sollte gezielt und wohldosiert nur dort greifen, wo mittelfristig über den Markt keine Ausbauaktivitäten zu erwarten sind“, mahnen die Verbände.

Um das drohende Szenario abzuwenden, empfehlen Anga, Breko und Co. die Fördergrenze erst im Jahr 2025 aufzuheben, „um eine Angleichung der Lebensverhältnisse bestmöglich umzusetzen und zuerst die Haushalte anzuschließen, die besonders schlecht versorgt sind“.

Verfehlt die Bundesregierung erneut ihre Ziele?

Doch damit wäre wieder einmal ein Ausbauziel der Bundesregierung amtlich verfehlt. Die Verbände hingegen sorgen sich weniger um die Frage, ob der flächendeckende Glasfaserausbau bis zum Jahr 2025 gelingt. Sie warnen, dass mit dem geplanten Programm zu viel Geld in den Markt gepumpt wird und damit bei Deutscher Telekom, Vodafone und den anderen Netzbetreibern ein Wettlauf um die ohnehin knappen Tiefbaukapazitäten beginnt.

Seit 2015 fördert der Bund den Breitbandausbau. Zunächst sollten Gebiete, in denen es allenfalls Internetdatengeschwindigkeiten von 30 Megabit in der Sekunde gab und kein Ausbau in Sicht war eine Förderung erhalten. Ziel war es, den flächendeckenden Ausbau bis auf 50 Megabit bis Ende des Jahres 2018 sicherzustellen. Es wurde bis heute nicht erreicht.

Seit Ende 2015 wurden 1800 Ausbauprojekte bewilligt, durch die rund 2,5 Millionen neue Breitbandanschlüsse entstehen sollen. Die Fördersumme liegt bei 7,1 Milliarden Euro. Ein Anschluss kostet damit im Durchschnitt 2840 Euro.

Beendet und damit auch bezahlt wurden Projekte im Wert von 750 Millionen Euro. Nach Angaben des Bundesverkehrsministeriums dauert es von der Bewilligung der Förderbescheide bis zum Baubeginn drei Jahre. Nachdem das Programm mehrfach modifiziert wurde, sind inzwischen auch fast 10.000 Schulen, mehr als 600 Gewerbegebiete und 100 Krankenhäuser mit schnellen Datennetzen versorgt.

Mit dem Start des ersten Förderprogramms waren die Preise um durchschnittlich 20 Prozent gestiegen. Unternehmen suchen händeringend Bauleiter. Auch in Bauämtern der Kommunen fehlt Personal, sodass Baugenehmigungen auf sich warten lassen, wie Regierungskreise bestätigen. Mit einem weiteren Programm wären „die gleichen Tiefbaukapazitäten, Ressourcen in den Unternehmen und Genehmigungsbehörden“ gefordert, schreiben die Verbände.

Millionen für Gigabit-Netze

Ginge es nach Digitalminister Scheuer, dann wäre sofort jedes Gebiet, in dem es kein Gigabit-Netz gibt, förderfähig. Dies aber hat die EU-Kommission mit Verweis auf den marktwirtschaftlichen Ausbau abgelehnt. Allein Schulen, Krankenhäuser und andere zentrale Einrichtungen dürfen sofort ans Glasfasernetz angeschlossen werden.

Die Verbände empfehlen ein gestaffeltes Vorgehen und „ein jährlich begrenztes Fördervolumen“, um „einen gleichmäßigen und planbaren Ressourceneinsatz“ zu garantieren. Der Markt verkrafte allenfalls eine weitere Milliarde Euro an Förderungen. Im Etat 2021 sind 921 Millionen Euro für das bestehende Förderprogramm vorgesehen. Für die Gigabit-Netze stehen zunächst 435 Millionen bereit. Die Branche selbst investiert jährlich rund acht Milliarden Euro in ihre Netze.

Darüber hinaus raten die Verbände dazu, sich auf die wirklich unterversorgten Gebiete mit der Förderung zu konzentrieren. Außerhalb der Kabelnetzgebiete seien „rund sechs Millionen Haushalte“ mit weniger als 100 Megabit in der Sekunde versorgt. „Eine Versorgung dieser Haushalte sollte daher den Fokus der Förderaktivitäten für die nächsten Jahre darstellen.“

Innerhalb der Bundesregierung läuft noch die Abstimmung zwischen Finanz- und Wirtschaftsressort auf der einen und dem Scheuer-Ministerium auf der anderen Seite. So fordern Finanz- und Wirtschaftsressort, den Ausbau vor allem in bestimmten Gebieten zu fördern – also etwa in unterversorgten oder besonders großflächigen Regionen. Minister Scheuer verweist hingegen auf das vereinbarte Ausbauziel bis zum Jahr 2025.