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Geschichte des Scheiterns: Pannenflughafen BER will Eröffnungstermin festlegen

Der BER gilt als Synonym für massive Fehlplanung. An diesem Freitag will Chef Lütke Daldrup den endgültigen Starttermin verkünden. Die Airlines warten sehnsüchtig auf die Eröffnung.

Der Flughafen BER gilt als Musterbeispiel für Fehlplanung. Foto: dpa
Der Flughafen BER gilt als Musterbeispiel für Fehlplanung. Foto: dpa

Für Schlagzeilen hat der Berliner Großflughafen bereits ausreichend gesorgt, für Spott und Häme ebenso. Das Großprojekt mit dem griffigen Kürzel BER steht bundesweit als Synonym für Fehlplanung, schlechtes Management und Kontrollversagen.

Doch in weniger als einem Jahr könnte der Pannenflughafen wohl seinen Betrieb aufnehmen. BER-Chef Engelbert Lütke Daldrup, der bereits seit einiger Zeit Oktober 2020 als Starttermin des Flughafens anstrebt, will der Öffentlichkeit nach der Aufsichtsratssitzung an diesem Freitag den geplanten Eröffnungstermin mitteilen. Vieles spricht dafür, dass es bei Oktober bleibt – nur den genauen Umzugszeitraum wird er wohl näher bestimmen.

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Die Geschichte des BER ist bislang eine Geschichte des Scheiterns. Vor allem 2012, als nicht einmal vier Wochen vor dem geplanten Start am 3. Juni Eröffnung und Eröffnungsfeier abgeblasen wurden, herrschte – gelinde gesagt – Fassungslosigkeit.

Schon ein Jahr zuvor, 2011, war der Starttermin das erste Mal verschoben worden. Die Pleite eines Planungsbüros und eine neue europäische Richtlinie für Gepäckkontrollen sollten Schuld daran sein. 2012 war es dann die Brandschutzanlage, die für so massive Probleme sorgte, dass die Genehmigungsbehörde die Reißleine zog.

Seitdem wurden mehrere Eröffnungstermine gesetzt und wieder verschoben. Es gab Umstrukturierungen im Aufsichtsrat und es kamen mehrere Geschäftsführer, die die drei Flughafengesellschafter Bund, Berlin und Brandenburg als Krisenmanager auf die Baustelle holten, darunter Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn.

Mehdorn und sein Nachfolger Karsten Mühlenfeld, ein Ingenieur, scheiterten jedoch nicht primär am notwendigen Umbau der Brandschutzanlage, wenngleich, so erzählen es Insider, die massiven Probleme vor allem in den Anfangsjahren wahrscheinlich vollkommen unterschätzt wurden. Doch Mehdorn & Co. scheiterten vor allem an den Auseinandersetzungen mit den Eigentümern und deren Vertretern im Aufsichtsrat.

Seit März 2017 ist Lütke Daldrup, 63 Jahre alt, nun Chef des Flughafens, früher Staatssekretär, ein Vertrauter von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller, wie dieser auch ein Sozialdemokrat. Der kannte den unvollendeten Flughafen gut, schließlich war er eine ganze Zeit Mitglied im Kontrollgremium und Flughafenkoordinator des Landes Berlin.

Er saß in jeder Baurunde mit am Tisch und wenn nicht er selbst, dann seine Mitarbeiter. Was für ihn sprach: sein Gespür für die Wünsche der Gesellschafter, Erfahrung mit politischen Grabenkämpfen. Als Manager einer Großbaustelle war der studierte Stadtplaner bis dahin nicht aufgefallen.

Jetzt, nachdem die so genannte Wirk-Prinzip-Prüfung (WPP) erfolgreich abgeschlossen wurde, scheint sich Lütke Daldrup endgültig auf der sicheren Seite zu wähnen. Bei der Wirk-Prinzip-Prüfung untersuchen Sachverständige, ob die einzelnen Anlagen im Zusammenspiel funktionieren. Nach jahrelanger Sanierung der Baustelle galt das als unbedingte Voraussetzung dafür, dass der Zeitplan nicht erneut verworfen wird.

Die Airlines warten bereits sehnsüchtig auf die Eröffnung, vor allem jene, die in der Hauptstadt eine starke Präsenz haben. Die Lufthansa-Gruppe etwa will mit allen fünf Airlines – Lufthansa, Swiss, AUA, Brussels und Eurowings – an den BER umziehen.

Teilweise schon wieder veraltet

„Berlin braucht den neuen Flughafen und auch für die Lufthansa Group spielt er eine wichtige Rolle. Es ist gut, wenn jetzt Klarheit über den Zeitplan geschaffen wird. Denn wir brauchen Planungssicherheit“, erklärt eine Sprecherin. Auch bei Easyjet wird betont, wie wichtig es sei, BER nun in Betrieb zu nehmen.

Der – wenn auch diplomatisch formulierte - Druck, den die Airlines in Richtung BER aufbauen, hat Gründe. Der alte Flughafen Tegel ächzt unter der Überlast. Ständig müssen die Fluggesellschaften versuchen, mit allerlei Sondermaßnahmen den Betrieb möglichst reibungslos zu halten. Auch deshalb geht man bei den Airlines fest davon aus, dass der Eröffnungstermin nicht erneut verschoben wird. Allerdings sei der Zeitplan auf Kante genäht, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

Auch gebe es einige Themen, die möglichst schnell nach der Eröffnung angegangen werden müssten. Dazu zählt etwa das Thema Automatisierung der Prozesse am Airport. Moderne Flughäfen haben zum Beispiel längst Automaten für die Gepäckausgabe installiert.

Am BER aber fehlen die, wegen der enorm langen Bauzeit ist der Flughafen in dieser Hinsicht schon wieder veraltet. Vorrang hatte die Fertigstellung für den Betrieb, neue Baustellen wollte man beim Flughafen-Management nicht eröffnen.

Dafür haben die meisten Airline-Manager auch Verständnis. Aber sobald am BER geflogen werde, müsse man sich um diese Themen kümmern, heißt es in der Branche. „Wir arbeiten grundsätzlich immer mit den Flughäfen zusammen, um sicherzustellen, dass die Infrastruktur unseren Bedürfnissen entspricht“, heißt es bei Easyjet.

Druck auch Lütke Daldrup wird wachsen

Auch die Anbindung des Flughafens bereitet noch Sorge. Die Autobahn, die zum BER führt, ist jetzt schon überlastet. Eine wirklich Alternative zur Anreise mit dem Pkw gibt es kaum. Zwar hat der BER einen eigenen Bahnhof. Dort sollen aber vorerst nur S- und Regionalbahnen halten. Ein ICE-Anschluss ist frühestens für 2025 vorgesehen.

Dennoch ist man auf Airline-Seite erst einmal zufrieden, wenn der BER überhaupt an den Start gehen kann. Easyjet etwa – die Airline bezeichnet sich selbst als „Home-Carrier“ der deutschen Hauptstadt – hat in Berlin eine besondere Situation. Der Billig-Anbieter ist sowohl am alten Flughafen Schönefeld als auch in Tegel vertreten. Einzelne Ziele werden sogar von beiden Airports parallel angesteuert.

Das ist historisch bedingt. Easyjet fliegt seit 2004 von und nach Berlin, zunächst ausschließlich in Schönefeld. Im Zuge der Insolvenz von Air Berlin übernahm die Airline allerdings vor rund zwei Jahren die Berlin-Aktivitäten der einst zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft – mit der Präsenz in Tegel.

Schon aus Kostengründen ist diese Situation auf Dauer nicht hinnehmbar. Zwar versucht das Easyjet-Management seit der Übernahme der Air Berlin-Teile, ihr Netz in Berlin sukzessive zu konsolidieren. So konzentrieren sich die Urlaubsflüge weitgehend auf Schönefeld, die Geschäftsreisen dagegen auf Tegel.

Doch Kapazitätsengpässe am betagten Tegeler Flughafen setzen hier enge Grenzen. Die endgültige Verschmelzung und Harmonisierung des Flugplanes wird erst mit der Eröffnung des BER möglich sein. „Berlin ist ein äußerst wichtiger Teil unseres Netzwerkes und es ist deutlich effizienter, den Flugbetrieb von einem Flughafen heraus zu steuern anstatt von zweien“, erklärt eine Sprecherin des Unternehmens. Kein Zweifel: Der Druck auf Lütke Daldrup, den Termin zu halten, wird in den nächsten Monaten eher größer als kleiner.

Mehr: Die goldenen Zeiten der Luftfahrt sind vorbei.

Der BER-Chef schwärmt schon seit längerem von Oktober 2020 als Starttermin des Pannenflughafens. Foto: dpa
Der BER-Chef schwärmt schon seit längerem von Oktober 2020 als Starttermin des Pannenflughafens. Foto: dpa