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Fake-Bewertungen sind bei Amazon & Co. ein „weit verbreitetes Phänomen“

Fake-Bewertungen sind auf Portalen wie Amazon ein weit verbreitetes Phänomen (Bild:  Getty).
Fake-Bewertungen sind auf Portalen wie Amazon ein weit verbreitetes Phänomen (Bild: Getty).

Im Onlinehandel läuft nichts ohne positive Kundenkommentare. Dubiose Dienstleister liefern deshalb Fake-Bewertungen auf Bestellung. Nun fordert das Bundeskartellamt die Onlineportale zur Gegenwehr auf.

Die Optik wirkt täuschend echt. „Erhalten Sie eine Geschenkkarte“, steht auf dem Flyer, der dem Paket mit dem USB-Adapter beiliegt. Darunter prangt das Amazon-Logo. Auch sonst deutet alles auf den Onlinehändler als Absender hin, zumindest wenn die Sache mit den Tippfehlern nicht wäre: Um den Gutschein zu erhalten, solle man seine „Einkaufsrfahrung“ teilen, heißt es in dem vermeintlichen Amazon-Schreiben. „Wir hoffen Sie genießen diese Geschenkkarte“, geht es holprig weiter. Und: „Ihre positive Meinung wird eine wichtige Referenz für andere sein.“ Im Klartext: Nicht Amazon steckt hinter der Offerte, sondern der Verkäufer des Produkts, der über den offiziell anmutenden Gutschein versucht, möglichst positive Kundenbewertungen einzusammeln.

Das Vorgehen ist dreist, aber weit verbreitet. Im vergangenen Jahr berichtete die WirtschaftsWoche über das Vorgehen, der „Bewertungsmafia“ und spezialisierte Agenturen, die auf Bestellung und im großen Stil 5-Sterne-Bewertungen schreiben, Hotel-Loblieder dichten, Apps pushen, Ärzte, Anwälte und Arbeitgeber feiern.

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Amazon und Co: Geld nie direkt an den Händler überweisen

Nun zeigt auch eine Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes zu Nutzerbewertungen im Internet, das Ausmaß des Problems. Fake-Bewertungen sind demnach „ein weit verbreitetes Phänomen“. Kein Wunder: „Nutzerbewertungen sind eine ganz zentrale Entscheidungshilfe beim Online-Kauf“, sagt Kartellamtspräsident Andreas Mundt. Online würden sich Produkte und Dienstleistungen mit vielen und mit positiven Bewertungen deutlich besser verkaufen, als solche mit wenigen oder negativen Bewertungen.

Der Bericht des Bundeskartellamtes beschreibt, wie Fake-Bewertungen zustande kommen können. „Aufgrund der fundamentalen Bedeutung von Nutzerbewertungen insbesondere im Online-Handel und der begrenzten Möglichkeiten der Anbieter, über die Plattformen offiziell Nutzerbewertungen zu generieren, bitten Anbieter Bekannte um Gefälligkeitsbewertungen, setzen Produkttester ein oder lassen in großem Stil positive Bewertungen produzieren“, heißt es. Dabei seien oft spezialisierte Agenturen im Einsatz, die Nutzern häufig kostenlos Produkte überlassen oder andere Belohnungen für positive Bewertungen gewähren. Auch Softwareprogramme, sogenannte Bots, können eingesetzt werden, um Bewertungen künstlich zu erzeugen.

„Händler und Dienstleister bieten ihren Kunden schließlich zum Teil auch offline Anreize wie Gutscheine oder Ermäßigungen“ an, „wenn diese dafür auf einem bestimmten Portal eine (positive) Bewertung abgeben“. In jedem Fall bestehe die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher und eines grundsätzlichen Vertrauensverlustes in Bewertungen, heißt es in der Untersuchung.

Das dürfte auch für das Tauschgeschäft Amazon-Bewertung gegen Einkaufsgutschein gelten. Inzwischen wurde der Anbieter gesperrt. „Alle Amazon-Verkaufspartner müssen sich an unsere Verkaufsbedingungen halten – erlangen wir Kenntnis über einen Verstoß, ergreifen wir entsprechende Maßnahmen, die die Schließung des Verkaufspartner-Kontos beinhalten können“, teilt ein Amazon-Sprecher mit.

Generell würde der Online-Händler „leistungsstarke Programme des maschinellen Lernens und erfahrene Prüfteams“ einsetzen, „um wöchentlich mehr als 10 Millionen Rezensionen zu analysieren“. Ziel sei es, missbräuchliche Bewertungen zu unterbinden, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden, teilt Amazon mit. Darüber hinaus würden bestehende Rezensionen auf Anzeichen von Missbrauch überprüft.

Bundeskartellamt nimmt Onlineportale in die Pflicht

Nur wenige Portale würden bereits verfügbare technische Methoden nutzen, um gefälschte Bewertungen aufzuspüren, heißt es indes im Bericht des Bundeskartellamtes. Es werde viel zu selten vorab überprüft, ob Bewertungen tatsächlich von Käufern des Produkts stammten. Die meisten Portale verwendeten bislang lediglich Wortfilter oder verließen sich auf nachträgliche Meldungen von auffälligen Bewertungen, kritisieren die Wettbewerbshüter.

Verfahren gegen einzelne Unternehmen, bei denen es den Verdacht auf Verbraucherrechtsverstöße gibt, kann das Bundeskartellamt allerdings nicht einleiten. Im Gegensatz zum Kartellrecht hat die Behörde im Bereich Verbraucherschutz keine entsprechenden Befugnisse. Mundt appellierte deshalb auch an die Verbraucher, Produktbewertungen kritisch zu betrachten: „Achten Sie auf mögliche Hinweise wie übertriebene Sprache und wiederkehrende Muster, lesen Sie möglichst viele verschiedene Bewertungen und befassen Sie sich aufmerksam mit den Hinweisen, die manche Portale über die Verfasser der einzelnen Bewertungen machen.“

Ein Problem sei auch, dass es in vielen Bereichen zu wenige Bewertungen gebe. Je mehr echte Bewertungen es gebe, umso hilfreicher seien diese für die Entscheidung für oder gegen einen Kauf oder eine Buchung, betont das Kartellamt. Um mehr Bewertungen zu bekommen, könnten Portale und Anbieter die Verbraucher zum Verfassen von Bewertungen motivieren. Dies könnte durch Gutscheine, Gewinnspiele oder kleinere Geldbeträge erfolgen. Für neue Produkte könne auch der Einsatz von kostenfreien Produkttests sinnvoll sein. Solche Anreize und Produkttests seien verbraucherrechtskonform, wenn die Bewertungen klar und deutlich gekennzeichnet werden.

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