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Fair Fashion statt Wiesndirndl: Die Almliebe-Gründerin schafft sich ein zweites Standbein

Die Umsätze des Trachtenversenders sind nach der Absage der Wiesn eingebrochen. Doch die Gründerin hat rechtzeitig auf nachhaltige Mode gesetzt.

In normalen Zeiten beschert das Oktoberfest dem Onlineshop Almliebe jedes Jahr eine Sonderkonjunktur. Zwei Drittel des Umsatzes macht der Trachtenversender normalerweise in den Wochen vor der Wiesn. Diesmal machte Corona einen Strich durch die Rechnung. „Unser Umsatz hat sich in diesem Jahr mehr als halbiert“, sagt Gründerin Sonja Ragaller.

Doch die Unternehmerin hatte gerade rechtzeitig angefangen, sich ein zweites Standbein zu verschaffen. Im Onlineshop Ecollections.de verkauft sie neuerdings auch Fair Fashion, also Modemarken, die besonders nachhaltig produzieren.

„Als Corona kam, waren wir im ersten Schock kurz davor, den Start zu verschieben“, sagt die 45-Jährige. „Doch vielleicht ist jetzt genau der richtige Zeitpunkt für so ein Konzept.“

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Almliebe-Gründerin Ragaller stammt aus einer Einzelhändler-Familie, die seit Langem das Modehaus Ragaller in Niederbayern betreibt. In den Anfangsjahren profitierten sie und ihre Schwester Stefanie, die sich um die wirtschaftliche Seite kümmert, gleich von zwei Trends: Immer mehr Menschen bestellen sich Mode aus dem Internet – und Tracht wurde auch bei jungen Menschen immer beliebter. Die Umsätze stiegen so laut Branchenschätzungen kontinuierlich auf einen niedrigen einstelligen Millionenbetrag im vergangenen Jahr.

In dem einzigen stationären Laden zwischen dem noblen Hotel Mandarin Oriental und dem Hofbräuhaus hatten sich in den vergangenen Jahren wohlhabende Touristen und Einheimische Dirndl und Lederhosen für den Wiesnbesuch gekauft.

Einen Teil des Geschäfts nutzt sie nun, um die Ecollections zu präsentieren. „Wir wollen nachhaltige Mode, die nicht in der Ökoecke ist“, sagt Ragaller. Es gehe nicht um „langweilige Ökopullis und unförmige Leinensäcke“, sondern um junge Mode im mittleren und gehobeneren Segment.

Nachhaltigkeit ist auch in der Modebranche der große Trend. Allerdings reden bislang zwar viele davon, doch so richtig durchsetzen konnte er sich auf breiter Front noch nicht.

Laut einer McKinsey-Studie von 2019 vervielfacht sich das Angebot nachhaltiger Kleidung jedes Jahr. Allerdings lag der Marktanteil der Produkte noch unter einem Prozent. Zwar gab mehr als die Hälfte der Einkaufsmanager an, sie wolle künftig mehr als die Hälfte ihrer Materialien aus nachhaltiger Produktion beziehen. Doch fürs Erste sind das oft nur Lippenbekenntnisse.

Etablierte Marken und Newcomer-Label

Ein Problem: Es fehlen internationale Standards und Definitionen von Nachhaltigkeit. Auch Verbraucher geben oft an, dass ihnen Umweltschutz wichtig ist, greifen im Laden dann aber oft zu Billigprodukten der sogenannten Fast Fashion.

Ragaller weiß um das Dilemma. „Aber es hat auch bei den Lebensmitteln lange gedauert, bis sich Bio auf breiterer Front durchgesetzt hat“, sagt sie. Die Unternehmerin führt in ihrem neuen Onlineshop etablierte Eco-Marken wie Armed Angels und Lanius, kleine Newcomer-Labels wie Ekyog aus Frankreich, Givn Berlin und Lovjoi sowie bekanntere deutsche Modemarken wie Drykorn, Closed und Set.

Einige davon vermarkten sich explizit als nachhaltig. So verwendet Armed Angels zum Beispiel Baumwolle aus kontrolliert organischem Anbau und ist seit 2007 Fairtrade-zertifiziert. CO2-Emissionen kompensiert die Kölner Firma durch ein Biomasse-Projekt in Indien.

Daneben gibt es Modemarken, die nur bei einzelnen Kollektionen oder Produkten auf Nachhaltigkeit setzen. Diese pickt Ragaller dann heraus. Zuvor prüft sie, wo und mit welchen Materialien die Ware gefertigt wird. „Wir wollen als eine Art Filter für die Verbraucher wirken.“

Ein einheitliches Nachhaltigkeits-Label würde auch ihr helfen. Einen Anlauf dafür startete die Bundesregierung im vergangenen Jahr mit der Einführung des staatlichen Textilsiegels „Grüner Knopf“. Allein im ersten Halbjahr wurden laut Bundesregierung mehr als 50 Millionen Textilien mit dem Grünen Knopf verkauft. Das entspreche einem Marktanteil zwischen 1,5 und drei Prozent.

Inzwischen machen 52 Unternehmen mit. „Nachhaltige Mode muss nicht automatisch teuer sein“, sagte Entwicklungshilfeminister Gerd Müller (CSU).

Auch Trachten sollen sich wieder verkaufen

Ganz allein auf dem Markt ist Ecollections nicht. So bietet Avocadostore zum Beispiel auch Mode an. Die Plattform hat zehn Kriterien entwickelt, von Rohstoffen aus Bioanbau bis zur klimaschonenden Produktion, denen sich die Marken zuordnen können.

Auch Ragaller sagt: „Wir setzen auf möglichst große Transparenz.“ So sollen die Kunden erfahren, welche Materialien verwendet werden und wo die Mode hergestellt wurde. „Polyester zum Beispiel schließen wir aus – es sei denn, es ist recycelt.“

Die Unternehmerin hofft, dass Ecollections mindestens so groß wird wie Almliebe. Doch auch der Trachtenversand soll bald wieder wachsen. Im Moment leidet der Laden unter der wieder eingeführten Maskenpflicht in der Münchener Innenstadt. „Das ist tödlich für die Stimmung, niemand hat mehr Lust, shoppen zu gehen.“

Doch für das nächste Jahr besteht wieder Hoffnung. Schon jetzt sind, weiß Ragaller, viele Hochzeitstermine in den bayerischen Standesämtern ausgebucht. Und vor der Feier werden sich viele Besucher wieder mit einer neuen Lederhose oder einem Dirndl ausstatten.