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EZB sieht positive Effekte durch Minuszinsen

In einer Analyse zeigt die Notenbank die Vorteile des negativen Einlagezinses auf. Selbst die Banken profitieren demnach teilweise von ihrer Geldpolitik.

Fast sechs Jahre ist es her, da wagte die Europäische Zentralbank (EZB) einen für ihre Geldpolitik revolutionären Schritt. Erstmals senkte sie im Juni 2014 den entscheidenden Einlagenzins im Euroraum unter die Nullgrenze und führte Minuszinsen ein.

Zum damaligen Zeitpunkt dachten viele, dass es sich bei der Senkung auf damals minus 0,1 Prozent nur um einen kurzfristigen Schritt handeln würde. Inzwischen liegt der Einlagenzins sogar bei minus 0,5 Prozent. Auch wenn Schweden sich als erstes größeres Land im Dezember 2019 von den Minuszinsen verabschiedet hat, ist ein Ende im Euroraum nicht absehbar.

Im Gegenteil: Andere große Notenbanken könnten dem Beispiel folgen. Die Terminmärkte preisen dies inzwischen sogar für die USA mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ein.

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Vor allem Bankenvertreter klagen über Minuszinsen und sehen dadurch Belastungen in Milliardenhöhe. Dass die EZB das anders sieht, ist wenig verwunderlich, immerhin geht es um die Wirkung ihrer eigenen Geldpolitik. In einer aktuellen Studie verteidigt sie diese in einer ausführlichen Analyse.

Sie kommt zu dem Fazit: Die Minuszinsen hätten „wirksam die Finanzierungsbedingungen gelockert und so letztlich einen Beitrag zur Preisstabilität geleistet.“

Den Einlagenzins von minus 0,5 Prozent müssen Banken für überschüssige Liquidität zahlen, die sie bei der EZB halten. Er wirkt sich aber auf alle anderen Zinssätze zu unterschiedlichen Laufzeiten auch aus. Zu einem gewissen Grad wirken Zinssenkungen im negativen Bereich ähnlich wie im positiven Bereich: Unternehmen und Haushalte können sich in der Regel zu günstigeren Konditionen Geld leihen. Dadurch soll die Kreditvergabe steigen und so auch das Wachstum und die Inflation.

Die Autoren der Studie sehen bei Minuszinsen jedoch noch drei Besonderheiten im Vergleich zur klassischen Zinspolitik. Erstens verschieben sich durch einen solchen Schritt die Erwartungen der Investoren. Sie ziehen nun auch für die Zukunft Minuszinsen in Betracht, was sie vorher nicht taten. Dadurch haben diese Änderungen besonders große Wirkung.

Herausforderung für Banken – aber auch Unterstützung

Zweitens haben Investoren durch die Minuszinsen für kurzfristige Einlagen einen starken Anreiz, Kapital in längerfristige Anlagen umzuschichten, wodurch auch dort die Preise steigen und die Zinsen sinken.

Drittens haben Banken durch die Minuszinsen einen Anreiz, ihre Überschussliquidität zu reduzieren, indem sie Anleihen kaufen oder Kredite vergeben. Insgesamt wird die Überschussliquidität dadurch zwar nur verschoben und sinkt nicht. Für den wirtschaftlichen Effekt ist aber der Anreiz für die einzelne Bank durchaus wichtig.

Ein weiterer wichtiger Unterschied: Banken können Minuszinsen nur schwer an ihre Kunden weitergeben. Zum Beispiel aus gesetzlichen und regulatorischen Gründen. Aber auch, weil Kunden ihre Konten jederzeit auflösen und ihre Ersparnisse stattdessen in Bargeld halten können, wofür sie keine Minuszinsen zahlen müssen. Dieser Effekt hat zur Folge, dass Minuszinsen die Profitabilität der Banken zusätzlich schmälern können.

Zudem verweisen die Autoren darauf, dass sich Zinssenkungen im negativen Bereich stärker auf die langfristigen Zinsen auswirken als im positiven Bereich. Auch hier spielt eine Rolle, dass kurzfristige Einlagen durch Minuszinsen letztlich sogar Geld kosten und daher der Anreiz besonders groß ist, das Kapital stärker in langfristige Anlagen umzuschichten, wodurch auch dort die Zinsen stärker fallen.

Auch das trifft jedoch die Banken, deren Geschäftsmodell zu einem wichtigen Teil darin besteht, sich kurzfristig Geld zu leihen und es längerfristig zu höheren Zinsen zu verleihen. Je geringer die Zinsunterschiede zwischen kurz- und langfristigen Zinsen, desto geringer ihre Marge.

Doch umgekehrt profitieren die Banken auch von Minuszinsen. So vergeben sie wegen der attraktiveren Konditionen tendenziell mehr Kredite. „Bislang hat sich die Hauptkomponente der Bankerträge, der Zinsüberschuss, als robust erwiesen, da höhere Vermittlungsvolumina die geringeren Margen ausgeglichen haben,“ heißt es dazu in der Studie.

Szenario zeigt Wirtschaft ohne Negativzinsen

Ein weiterer Faktor, der sich vor allem kurzfristig auswirkt, besteht darin, dass die Kurse von Anleihen in den Portfolios der Banken bei sinkenden Zinsen steigen.

Für eine Gesamtbetrachtung sind außerdem die Auswirkungen auf die Wirtschaft entscheidend. Diese beeinflussen wiederum das Kreditvergabevolumen und die Kreditwürdigkeit der Schuldner. Verbessert diese sich, müssen die Banken weniger Rückstellungen für Kreditausfälle treffen.

In der Studie verweisen die EZB-Ökonomen auf Schätzungen der Notenbanken des Eurosystems, wonach die Wirtschaftsleistung des Euroraums durch die unkonventionelle Geldpolitik der vergangenen fünf Jahre bis Ende 2019 um etwa 2,5 bis drei Prozentpunkte höher lag. Gleichzeitig habe die Inflation dadurch im selben Zeitraum um einen drittel bis halben Prozentpunkt höher gelegen. Hierzu hätten die Minuszinsen neben anderen Instrumenten wie etwa den massiven Anleihekäufen beigetragen.

Um auch die Auswirkungen der wirtschaftlichen Effekte der Minuszinsen auf die Bankerträge zu schätzen, vergleichen die Autoren in der Studie die Entwicklung wichtiger Bestandteile der Bankerträge unter den Bedingungen der Minuszinsen in den vergangenen Jahren mit einem kontrafaktischen Szenario ohne Minuszinsen, das sie anhand statistischer Simulationen errechnen.

Im kontrafaktischen Szenario schlagen sich die höheren Zinsen in einem geringeren Wachstum der Kreditvergabe, einer geringeren Kreditwürdigkeit der Schuldner und höheren Rückstellungen der Banken für Kreditausfälle nieder. Unter Berücksichtigung dieser Effekte schließen die Autoren, dass zwar einzelne Banken dem Niedrigzinsumfeld stärker ausgesetzt sind als andere, es aber „bislang keine Hinweise auf einen negativen Einfluss der Minuszinsen auf die Bankgewinne gibt.“

Dies gilt für den bisherigen Zeitraum. Allerdings räumen die Autoren auch ein, dass sich die Bedeutung der einzelnen Effekte ändert, wenn die Zinsen länger niedrig bleiben.

Zum Beispiel, weil Banken viele Kredite langfristig mit Zinsbindung vergeben. Dadurch bekommen sie auch bei niedrigeren Sätzen von den Schuldnern zunächst dieselben Zinszahlungen. Das ändert sich aber, wenn die Kredite auslaufen und die Sätze neu angepasst werden. Zudem haben viele Banken ihre Rückstellungen für Kreditausfälle in den vergangenen Jahren stark reduziert, wodurch sie hier nur wenig Spielraum für weitere Ersparnisse haben.

Um die Banken zu entlasten, hat die EZB im vergangenen Jahr einen Freibetrag eingeführt. Dieser orientiert sich an den Mindestreserven, die die Geldhäuser bei der EZB vorhalten müssen. Seit dem 30. Oktober brauchen die Institute für das Sechsfache der Mindestreservepflicht keine Zinsen zahlen. Zuletzt wurde immer wieder darüber spekuliert, dass die EZB diese Freibeträge im Laufe des Jahres noch ausweiten könnte.

Letztlich wäre allerdings auch das eher ein Anzeichen dafür, dass die EZB davon ausgeht, dass die Minuszinsen noch länger bleiben. Bis andere Länder Schweden folgen und sich von Minuszinsen verabschieden, wird es wohl noch länger dauern.