EZB nimmt Bewertungen von Gewerbeimmobilien unter die Lupe

(Bloomberg) -- Die Europäische Zentralbank ist dem Vernehmen nach an einige der größten europäischen Immobiliengutachter herangetreten und hat sie aufgefordert, ihr Vorgehen bei der Bestimmung des Marktwerts genauer zu erläutern. Hintergrund ist die Befürchtung, dass die von der EZB beaufsichtigten Banken zu zögerlich damit sind, Risikovorsorge für Immobilienkredite zu bilden.

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Die Anfragen sind Teil der Bemühungen der EZB, Potenzialverluste bei den Banken aufzuspüren, berichten mit dem Thema vertraute Insider. Die Banken hätten zwar Rückstellungen für Verluste aus Gewerbeimmobilien-Krediten gebildet, müssten aber wahrscheinlich weitere Wertberichtigungen vornehmen, wenn sich herausstellt, dass die Bewertungen nicht stimmen.

Die EZB wollte sich dazu nicht äußern. Die Aufsichtssparte der Notenbank hat in der Vergangenheit bereits Gewerbeimmobilien-Kredite als Schwerpunkt ihrer Analyse genannt.

Deutsche Banken sind mit am stärksten in Gewerbeimmobilien in Europa engagiert. Die Anlageklasse litt massiv während der Pandemie, als Homeoffice und Onlineshopping die Branche durchwirbelten. Die straffere Geldpolitik setzt sie nun weiter unter Druck. Fehlerhafte Bewertungen bergen das Risiko, den Schaden für das Finanzsystem zu verschleiern und die Krise zu verlängern.

“Schwachstellen im Gewerbeimmobiliensektor sind eine wichtige Quelle von Kreditrisiken für den Finanzsektor”, so der Internationale Währungsfonds in einem Bericht vom Dienstag.

Zu den größten Anbietern von Immobiliengutachten in Europa gehören CBRE, Jones Lang LaSalle und Cushman & Wakefield.

Die Gutachter berücksichtigen in der Regel die jüngsten Verkaufstransaktionen vergleichbarer Liegenschaften am Markt. Derzeit sind Abschlüsse allerdings Mangelware, was es schwieriger macht, die Werte anzusetzen. Das liegt zum Teil daran, dass der rasche Anstieg der Zinssätze die Nachfrage gedrückt hat, und gleichzeitig die Verkäufer zögern, deutlich unter dem Buchwert zu verkaufen.

Aus diesem Grund befürchtet die EZB, dass die Gutachter die Bewertungen zu langsam nach unten angepasst haben.

Hinzu kommen auch nationale Besonderheiten. In Deutschland wird traditionell eine längerfristige Sicht angenommen, wodurch die Preise weniger volatil sind als beispielsweise im angelsächsischen Raum, wo es bereits zu starken Anpassungen gekommen ist. BNP Paribas Real Estate zufolge haben etwa Büroimmobilien in London mehr als 17% an Wert verloren, mehr als doppelt soviel wie in Frankfurt.

Die Deutsche Bank konstatierte im zweiten Quartal eine “anhaltende Schwäche” bei Gewerbeimmobilien und schraubte deshalb die Rückstellungen für Kreditausfälle hoch, was zur Verdoppelung dieser Rückstellungen in ihrer Investmentbank beitrug. Die Landesbanken haben in der ersten Jahreshälfte Rücklagen in Höhe von 400 Millionen Euro gebildet, um Ausfälle bei Gewerbeimmobilien-Krediten aufzufangen.

Eine von der EZB-Bankenaufsicht im vergangenen Jahr durchgeführte Studie zu Risiken bei Gewerbeimmobilien ergab, dass deren Bewertung “für viele Banken ein blinder Fleck” ist, da sie versäumen, ihre Gutachten auf dem aktuellen Stand zu halten. Die EZB monierte auch, dass Banken sich mit den von den Kunden erstellten Bewertungen zufrieden geben, statt unabhängige Gutachten einzuholen.

Überschrift des Artikels im Original:ECB Steps Up Scrutiny of Banks’ Commercial Real Estate Loans

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