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Ex-Weltbankchef zu Folgen von Trumps Wiederwahl: „Die Welt könnte aussehen wie um 1900“

Robert Zoellick glaubt, dass eine zweite Amtszeit des US-Präsidenten das Weltwirtschaftswachstum stark belasten könnte. Auch der Handelskrieg mit China könnte herausfordernd werden.

Schon früh hat Robert Zoellick vor den Schäden gewarnt, die US-Präsident Donald Trump verursachen könnte. In der Finanzkrise war Zoellick Chef der Weltbank, zuvor hat der Republikaner für sechs US-Präsidenten gearbeitet. 1990 bei den Zwei-plus-vier-Verhandlungen um die deutsche Einheit war er Chefunterhändler der USA.

Um sich von den täglichen Skandalen in der amerikanischen Politik abzulenken, hat der Transatlantiker nun ein Buch geschrieben, das sich mit der Geschichte der amerikanischen Diplomatie und Außenpolitik befasst.

Herr Zoellick, Deutschlands Politiker haben unter Präsident Donald Trump ein Amerika kennengelernt, das vor allem auf sich selbst bedacht ist. Was würde eine zweite Amtszeit von Präsident Trump für das internationale System bedeuten?
Die USA haben mit Deutschland und anderen Staaten eine Nachkriegsallianz und ein Sicherheitssystem geschmiedet, das in den vergangenen 70 Jahren einen Bezugsrahmen geschaffen hat. Das half im Kalten Krieg und danach. Aber wir können dieses System nicht als selbstverständlich betrachten. Präsident Trump hat ein tief sitzendes Gefühl, dass Allianzen eine Belastung sind und die USA in der Vergangenheit benachteiligt haben. Eine zweite Amtszeit könnte uns daher eher zu einer Welt von Großmächten führen, die im Wettbewerb miteinander stehen, statt miteinander zu kooperieren, so wie im Jahr 1900.

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Beschleunigen die Folgen der Coronakrise diesen Trend?
Wir stehen vor einer ironischen Situation: Die Europäische Union und andere Länder wollen ihre Kompetenzen stärken, um mit Gefahren von außen besser umzugehen. Aber je mehr sie diesen Weg gehen, desto eher erschweren sie die Widerstandsfähigkeit der Weltwirtschaft. Regierungen überall auf der Welt pumpen gerade viel Geld in ihre Volkswirtschaften. Und sie haben ein Interesse daran, dass die Jobs auch im Land entstehen und lokal produziert wird. Der Nationalismus rund um den Corona-Impfstoff ist ein gutes Beispiel dafür.

Was hat das für Konsequenzen?
Die Produktivität und das Weltwirtschaftswachstum werden darunter leiden. Eigentlich hätte es auf internationaler Ebene intensiven Austausch über Themen wie Pandemie und biologische Sicherheit geben müssen, genauso wie über Cybersecurity, jedoch auch über Massenvernichtungswaffen und Immigration. Aber Trump ist nicht der Präsident dafür, um diese Diskussionen zu leiten.

In der Finanzkrise 2008 war die Kooperation der 20 großen Industrienationen entscheidend. Sie haben die Diskussionen damals als Chef der Weltbank begleitet.
Ich sage das nicht mit Vergnügen. Die USA haben eine lange Tradition, andere Ländern dazu zu bewegen, sich mit bestimmten Themen zu beschäftigen. Das war auch in der Finanzkrise so. Damals haben die G20 mit den jeweiligen Notenbanken kooperiert, Präsident Bush und später Präsident Obama waren Teil der internationalen Anstrengungen, genauso wie der damalige britische Premier Gordon Brown. Vor allem aber auch die USA und China haben eng zusammengearbeitet.

Heute dagegen dominiert der Handelskrieg zwischen den beiden Nationen die Schlagzeilen. Wie wird das enden?
Das Verhältnis zwischen den USA und China befindet sich im freien Fall und wir können auch nicht ausmachen, wo der Boden ist. Ich glaube nicht, dass die USA oder China wirklich einen Konflikt herbeiführen wollen, aber das Risiko für Fehleinschätzungen steigt.

Vieles davon ist Wahlkampfrhetorik.
Ein Teil der China-Strategie ist sicher politisch motiviert, allein, dass Präsident Trump Corona als „China-Virus“ bezeichnet. Aber es gibt viele in der Regierung die glauben, dass China eine langfristige Bedrohung ist und daher konfrontiert werden muss. Mir scheint, die Trump-Regierung hat noch nicht identifiziert, was sie mit China erreichen will. Sie haben eine Reihe von Schritten unternommen, die die USA von China abkoppeln und wir werden davon noch mehr sehen, vor allem im Technologiebereich. Ich denke, das wird eine langfristige Herausforderung sein, sowohl für die USA als auch für Europa.

Wie sehen Sie Europas künftige Rolle im internationalen System? Wird die EU hinter den Großmächten USA, China, Indien und Russland zurückfallen?
Das bleibt abzuwarten. Man kann argumentieren, dass Europa eine sehr wichtige Rolle spielen könnte, gerade wenn sich die USA und China weiter voneinander entfernen. Europa könnte dann sehr wichtig sein, wenn es mit den USA zusammenarbeitet, um Chinas Aufstieg zu kontern. Das geht aber natürlich nur in einer weniger konfrontativen Art als es Trump gerade tut.

Was ist aus Ihrer Sicht der richtige Umgang mit China?
Ich bin da eher in der Minderheit, aber ich bin für einen kooperativeren Ansatz, sei es beim Umgang mit Pandemien, mit der Erderwärmung und wenn es um das globale Wirtschaftswachstum geht. Die Frage ist: Können die USA gemeinsam mit anderen asiatischen Ländern und der EU China dazu bewegen, sich an gemeinsame Regeln zu halten? Gerade Länder wie Japan, Südkorea und Australien, aber auch die EU lehnen eine rein konfrontative Strategie ab. Ich glaube, dass das möglich ist, ohne allzu optimistisch zu sein.

Wie sollte eine Außenpolitik von Joe Biden aussehen?
Falls er die Wahl im November gewinnt, wird ihm sein Team eine lange To-do-Liste vorlegen. Mit seiner außenpolitischen Erfahrung wird er sicher gleich loslegen wollen, doch er muss klare Prioritäten setzen. Es wäre am effektivsten, wenn er seine innenpolitische Agenda mit der außenpolitischen verbindet. Die Pandemie ist dafür ein gutes Beispiel, aber auch Maßnahmen zum Klimaschutz.

Dazu müssten die USA wohl auch dem Pariser Abkommen wieder beitreten, oder?
Ja, und darüber hinaus könnten die USA dabei helfen, Klimaziele mit Entwicklungspolitik zu verbinden, zum Beispiel mit Hilfen für die Landwirtschaft in Afrika, Anreize zur Wiederaufforstung, um weltweit die biologische Vielfalt zu fördern. Man würde Themen setzen, die Verbündete in Europa und im Pazifik gleichermaßen interessieren. So könnten die USA auch Unterstützung für traditionelle Aufgaben in der Sicherheitspolitik gewinnen. Gemeinsam mit seinen Partnern braucht Washington die neusten technologischen Fähigkeiten, um mögliche Aggressoren abzuschrecken und terroristischen und nuklearen Bedrohungen etwas zu entgegnen. Die Führung des US-Militärs hat in der Vergangenheit mehr Unterstützung erfahren, wenn man mit gemeinsamen politischen und wirtschaftlichen Interessen beginnt.

Hätten Sie Interesse an einem Posten in einer Regierung Biden?
Ich kenne ihn und seine Berater gut, aber ich glaube nicht, dass ich da gefragt bin.
Herr Zoellick, vielen Dank für das Interview.