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Erstmals seit 1994 mehr Bewerber als Lehrstellen – und trotzdem mehr Bewerber ohne Lehrstelle

Der Ausbildungsmarkt zerfällt in zwei parallele Welten: Es gibt zeitgleich mehr Bewerber ohne Ausbildungsplatz und mehr offene Lehrstellen.

Die gute Nachricht ist: Es geht voran mit der Ausbildung - bis Ende September wurden 489.000 Lehrverträge geschlossen - 8.500 mehr als ein Jahr zuvor. Der zunehmende Fachkräftemangel scheint die Ausbildungsanstrengungen der Wirtschaft zu beflügeln, die Zahl der Angebote steig um gut 20.000 Plätze auf 565.000. Erstmals seit 1994 gibt es daher in Deutschland wieder mehr Lehrstellen als Interessenten für eine Lehre.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer kritisiert das Plus bei den Ausbildungsplätzen als unzureichend um den Fachkräftemangel zu dämpfen. Dass das Handwerk 1,2 Prozent mehr neue Lehrverträge abgeschlossen habe, sei zwar erfreulich und angesichts der sinkenden Bewerberzahlen bemerkenswert. „Trotzdem benötigen unsere Betriebe noch deutlich mehr Fachkräfte, um die Nachfrage bedienen zu können“, sagte Wollseifer dem Handelsblatt. „Allein im Handwerk seien bisher 17.400 Ausbildungsstellen - 17 Prozent aller Plätze - unbesetzt geblieben.“

„Ohne ausreichend qualifizierte Fachkräfte aus dem Handwerk lassen sich Großprojekte wie der Wohnungs- und Schulbau, die Energie- und Wärmewende oder die Digitalisierung nicht stemmen.“ Der Handwerkspräsident appellierte an alle jungen Menschen, die jetzt noch auf Ausbildungssuche sind, sie „sollten sich über die vielfältigen Beruf- und Karrierechancen im Handwerk informieren - ein Einstieg in die Ausbildung ist auch jetzt noch möglich.“

Es geht zwar voran mit der Ausbildung, aber zugleich verschärft sich die Spaltung am Ausbildungsmarkt: Ende September waren nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) daher noch rund 58.000 Ausbildungsplätze unbesetzt - fast 9.000 mehr als im Herbst 2017. Ohne Flüchtlinge wäre die Lücke noch größer: Mehr als 38.000 junge Geflüchtete bewarben sich um eine Lehrstelle - fast 12.000 mehr als im Vorjahr.

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Zugleich ist die Zahl der unversorgten Bewerber zu Beginn des Ausbildungsjahres um 800 auf 24.500 geklettert. Dazu kommen weitere 54.000 Interessenten, die zwar eine Alternative zur Lehre gefunden haben, aber dennoch ihren Vermittlungswunsch aufrecht erhalten. Unterm Strich hat nur knapp jeder zweite einen Ausbildungsplatz gefunden. Ein Fünftel geht weiter auf die Schule, studiert oder macht ein Praktikum oder eine Berufsvorbereitung. Mehr als jeder zehnte jedoch arbeitet oder hat sich arbeitslos gemeldet, von weiteren 13 Prozent weiß die BA nichts.

Zwei Faktoren erklären den Mangel von Lehrstellen einerseits und Lehrlingen andererseits. Der eine ist das regionale Gefälle: In Süddeutschland, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, dem Saarland und Hamburg mangelt es an Bewerbern. In NRW, Berlin und Hessen hingegen an Lehrstellen. Dazu kommt das Ungleichgewicht bei den Berufen: So finden Hotels, Gaststätten und viele Handwerker wie etwa Bäcker und Metzger nicht genug Lehrlinge - sie fehlen aber auch am Bau, in Metallberufen und der Energietechnik. Viel weniger Ausbildungsplätze als Bewerber gibt es dagegen bei den Tischlern, in der KfZ-Technik, Büro- und Verwaltungsberufen, der Informatik und für medizinische Assistenten.

„Es spaltet unsere Gesellschaft, wenn viele Jugendliche ohne Ausbildungsplatz bleiben, aber gleichzeitig Betriebe über unbesetzte Ausbildungsplätze klagen“, mahnte die Vize-DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Parallel dazu verschärft sich der Fachkräftemangel gerade bei beruflich Qualifizierten - weniger bei Akademikern. Die vom Institut der Deutschen Wirtschaft errechnete Arbeitskräftelücke in Mint-Berufen - also Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik - hat zuletzt einen Allzeit-Rekordwert von 338.200 Personen erreicht - der Anteil der Nicht-Akademiker darunter ist ebenfalls auf die Rekordmarke von fast 70 Prozent gestiegen.

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag versprochen, die duale Ausbildung zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit zu machen. Um Berufe mit vielen unbesetzten Lehrstellen - etwa in der Gastronomie - attraktiver zu machen, ist ein Mindestlohn für Azubis geplant. Bislang ist allerdings unklar, wie hoch dieser sein soll.

Berufsausbildung ist eine Jobgarantie

Besonders kräftig stieg die Zahl der neuen Lehrverträge mit vier Prozent bei den Freiberuflern. Industrie und Handel legten 1,7 Prozent, das Handwerk gut ein Prozent zu. Eine Berufsausbildung sei „nahezu eine Jobgarantie, denn insgesamt können derzeit nach DIHK-Schätzung rund 1,6 Millionen Stellen in den Unternehmen längerfristig nicht besetzt werden“, sagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Zudem verdiene man mit einem Abschluss der Höheren Berufsbildung, also als Meister oder Fachwirt, gut und diese Qualifikationen schützten „noch besser vor Arbeitslosigkeit als ein Studium“.

Mit Blick auf die unversorgten Bewerber und das Übergangssystem mit fast 300.000 jungen Menschen fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft eine Ausbildungsplatzgarantie. Die Wirtschaft habe zwar zugelegt, aber lange nicht so stark, wie es die gute Konjunktur erlaube, sagte GEW-Vorstand Ansgar Klinger. Dass mehr als 2,1 Millionen junger Erwachsener keinen Berufsabschluss haben, sei ein „Skandal, den sich Deutschland weder sozial noch ökonomisch erlauben kann“.