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Ergebnis in 15 Minuten: Warum Corona-Schnelltests die Luftfahrt nicht retten werden

Die Airlines wollen das schwächelnde Geschäft mithilfe von Corona-Schnelltests wieder ankurbeln. Doch die Politik hat andere Pläne mit diesem Instrument.

Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa
Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa

Sie sollen die Lösung für die pandemie-gebeutelte Luftfahrt sein: Schnelltests, die unmittelbar vor dem Abflug durchgeführt werden und Passagieren bei einem negativen Ergebnis auch wieder problemlose Interkontinental-Flüge ermöglichen könnten. Die sonst in den Reisebestimmungen vieler Länder vorgesehene Zwangsquarantäne könnte so nach der Vorstellung der Luftfahrtbranche entfallen. Sie ist der Hauptgrund dafür, dass Menschen derzeit kaum Flüge buchen.

Lufthansa-Chef Carsten Spohr setzt große Hoffnungen in diese Schnelltest, seine Kollegen im weltweiten Airline-Verband Iata ebenso. Und auch viele Reisende warten sehnsüchtig auf eine solche Möglichkeit.

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Doch der Strohhalm, an den sich alle klammern, ist dünn. Um interkontinentale Flüge wieder zu ermöglichen, müssten möglichst vielen Staaten die Tests anerkennen – und das rasch. Vor allem aber hat die Politik die Schnell-Checks angesichts rasant steigender Infektionszahlen längst anderweitig verplant: etwa für den Pflege- und Krankenhausbereich.

Für die Luftfahrt-Unternehmen ist das ein Problem. Denn klar ist: Ohne einen tagesaktuellen Nachweis, dass ein Passagier kein Corona hat, wird der Luftverkehr nicht wieder in Schwung kommen. Zwar gilt es mittlerweile als allgemein anerkannt, dass die Ansteckungsgefahr im Flugzeug sehr gering ist, sofern sich die Passagiere an die Vorgaben halten – wie etwa das Tragen einer Mund-Nasenbedeckung. Selbst das Robert Koch-Institut (RKI) hatte jüngst erklärt, dass bei der Flugreise an sich keine erhöhte Infektionsgefahr bestehe.

Doch weil die Infektionszahlen weltweit Rekordwerte erreichen, wächst die Gefahr, dass Covid-19 durch das Reisen von einem zum anderen Ort transportiert wird, selbst wenn man im Flugzeug selbst verhältnismäßig gut geschützt ist. Deshalb gilt es als unwahrscheinlich, dass die Regierungen schon bald Lockerungen für den Flugverkehr beschließen werden. Eher dürften die Schutzmaßnahmen weiter verschärft werden.

„Durch die technischen Eigenschaften der Flugzeuge ist eine Ansteckungsgefahr am Boden wohl höher“, sagt Christoph Mostert, Managing Partner der auf Luftverkehr spezialisierten Beratung M2P Consulting aus Frankfurt: „Um Kundenvertrauen und -nachfrage wiederzugewinnen, muss es am Boden einheitliche Standards und schnelle, verlässliche Tests geben. Dies ist absolut möglich, wenn dafür die Abläufe am Flughafen umgestellt werden.“

Deshalb setzen die Airline-Manager und ihr Lobbyverband Iata derzeit alles daran, dem Schnelltest bei den politischen Entscheidungsträgern die notwendige Akzeptanz zu verschaffen. Der Verband sei mit Regierungen direkt und über die Internationale Zivilluftfahrtorganisation (ICAO) im Gespräch, heißt es.

Auf Airline-Seite laufen die Vorbereitungen für den Einsatz solcher Tests auf Hochtouren. Die drei Premiummarken der Lufthansa-Gruppe – Lufthansa, Austrian und Swiss – wollen die Probephase Anfang November starten. Austrian Airlines etwa will ein neues Testsystem gemeinsam mit dem Flughafen Wien umsetzen. Geplant ist, dass die Tests freiwillig und kostenlos durchgeführt werden. Die gesammelten Erfahrungen sollen dann für eine praxistaugliche Lösung verwendet werden.

Am Flughafen London Heathrow läuft bereits seit mehreren Wochen ein Pilotversuch mit Schnelltests. Auch Emirates und Qatar Airways haben diese schon in die eigenen Prozesse eingebaut.

Iata-Chef Alexandre de Juniac geht davon aus, dass die geplanten Schnelltests weniger als zehn Euro kosten werden. Ein Ergebnis könne innerhalb von 15 Minuten vorliegen. Erste Tests seien bereits auf dem Markt und hätten eine Treffsicherheit von mehr als 99 Prozent. Medizinisches Personal sei für die Tests nicht notwendig.

Viele dieser Aussagen sind richtig, es gibt allerdings einige Einschränkungen. Zwar gibt es mittlerweile einige in Deutschland zugelassene Schnelltests. Auf einer Liste des Gesundheitsministeriums werden 18 Hersteller geführt, darunter auch der Schweizer Pharmariese Roche. Dessen Antigen-Schnelltest liefert innerhalb von bis zu 30 Minuten ein Ergebnis.

Allerdings sind diese Antigen-Tests nicht so genau wie die sogenannten PCR-Tests, mit denen auch die aktuellen Corona-Infektionszahlen ermittelt werden. Das RKI weist ausdrücklich darauf hin, dass ein Antigen-Test eine Infektion nicht in Gänze ausschließen kann. Andersherum kann ein Antigen-Test einen positiven Befund ergeben, auch wenn der Getestete gar nicht infektiös ist. „Deshalb muss ein positives Ergebnis im Antigen-Test grundsätzlich mittels PCR bestätigt werden“, erläutert man beim RKI.

Hinzu kommt: Auch Schnelltests müssen durchaus von medizinisch geschultem Personal durchgeführt werden. Ein Labor ist dafür nicht notwendig, wohl aber ein Paket intensiver Schutzmaßnahmen für das Personal. Lufthansa etwa will hier auf erfahrene Partnerunternehmen setzen. Bisher arbeitet man bei den Corona-Tests mit Centogene zusammen.

Tatsächlich will die Bundesregierung die Schnelltests zum festen Bestandteil der gesamten Teststrategie machen. Das Problem: Die Reisebranche spielt dabei bisher eine untergeordnete Rolle. Zwar hat die Bundesregierung bereits Millionen Antigen-Tests erworben. Aber gedacht sind diese vor allem für den Einsatz in Pflege- und Gesundheitseinrichtungen, etwa zum regelmäßigen Testen von Mitarbeitern, Bewohnern, Patienten, aber auch Besuchern.

Luftfahrt bräuchte Millionen Tests täglich

Auch im kürzlich von der EU-Kommission verabschiedeten Ampelsystem, mit dem man Risikogebiete farblich eindeutig kenntlich machen will, spielen die Schnelltests eine andere Rolle als von der Luftfahrtbranche erhofft. Sie sollen dabei helfen, Quarantänezeiten zu verkürzen oder die Quarantäne zu beenden. Sie damit ganz zu verhindern ist dagegen nicht vorgesehen.

Mehr zum Thema:

  • Airlines, Flugzeughersteller, Flughäfen – sie alle leiden massiv unter der Corona-Pandemie. Wie stark sich die Branche verändern wird, haben wir in unserem täglich erscheinenden Podcast "Handelsblatt Today" mit Handelsblatt-Luftfahrexperte Jens Koenen besprochen.

Für einen flächendeckenden Einsatz wäre wohl eine Unmenge an Tests notwendig. Selbst Iata-Präsident de Juniac geht weltweit alleine im Flugverkehr von bis zu fünf Millionen Tests pro Tag aus.

Der Wunsch in der Luftfahrtbranche bleibt, das schwächelnde Geschäft mit Schnelltests wieder anzukurbeln. Hoffnung macht eine Neuentwicklung von Bosch. Das Stiftungsunternehmen hat zusammen mit dem Forschungsministerium einen Schnelltest entwickelt, der auf der verlässlicheren PCR-Technologie basiert.

Mit einem solchen Test dauert es zwar rund 40 Minuten, bis das Ergebnis vorliegt. Das ist deutlich länger als die von IATA-Präsident de Juniac versprochenen 15 Minuten. Aber ein solcher Test wäre dennoch ohne große Probleme in die Abläufe am Flughafen zu integrieren.

Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa
Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa
Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa
Die Luftfahrt hofft auf sogenannte Schnelltests, um auch interkontinentale Verbindungen wieder aufnehmen zu können. Foto: dpa