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Wahlbehörde erklärt „Ja“-Lager zum Sieger

Die Türkei hat entschieden: Erdogan bekommt mehr Macht, die Wahlbehörde bestätigt den Sieg der „Ja“-Wähler. Staatliche Medien sehen die Zustimmung bei 51 Prozent – aus Deutschland kam mehr. Der Newsblog.

Die Türken haben am Sonntag in einem Referendum über mehr Macht für den Präsidenten abgestimmt. Insgesamt waren rund 58,2 Millionen Wahlberechtigte zur Abstimmung aufgerufen: 55,3 Millionen in der Türkei und 2,9 Millionen im Ausland. Die Auslandstürken hatten bereits zuvor gewählt. Das Präsidialsystem würde Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnte vor einer Ein-Mann-Herrschaft. Erdogan versprach dagegen Stabilität und Sicherheit, sollte das Präsidialsystem eingeführt werden. Die wichtigsten Ereignisse im Newsblog:

+++ Deutsche Politiker fordern Neuvermessung der Beziehungen +++
Deutsche Politiker haben sich über Twitter oder gegenüber Journalisten zum Ausgang des Referendums geäußert. Bundesaußenminister Sigmar Gabriel, SPD, sagte via Twitter„Wir sind gut beraten, jetzt kühlen Kopf zu bewahren und besonnen vorzugehen.“ Grünen-Vorsitzender Cem Özdemir sagte dem im Fernsehsender Phoenix: „Mit Erdogan wird es keine Mitgliedschaft in der Europäischen Union geben.“ Die Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth (Grünen): „Unsere Beziehungen zur Türkei brauchen nun eine grundlegende Neuvermessung.“ Kanzleramtschef Peter Altmaier, CDU, sagte im ARD-Brennpunkt: „Das Ergebnis zeigt, dass es in der Türkei ganz offenbar eine sehr lebendige politische Debatte, mit ganz unterschiedlichen Auffassungen gibt.“

+++ EU reagiert nüchtern auf Referendum +++
Die EU-Kommission hat zurückhaltend auf den Ausgang des türkischen Referendums reagiert. Man warte noch auf die Bewertung der internationalen Wahlbeobachter, „auch mit Blick auf angebliche Unregelmäßigkeiten“, teilten die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini, der EU-Kommissar für Nachbarschaftspolitik Johannes Hahn und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker in Brüssel mit. Die Verfassungsänderungen „und insbesondere ihre praktische Umsetzung“ sollten im Lichte der Verpflichtungen der Türkei als EU-Beitrittskandidat und als Mitglied des Europarats begutachtet werden, kündigten die EU-Vertreter an.

+++ Oppositionschef will Sieg des „Ja“-Lagers nicht akzeptieren +++
Der türkische Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu will einen Sieg des „Ja“-Lagers beim Referendum zur Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei nicht hinnehmen. „Dieses Referendum hat eine Wahrheit ans Licht gebracht: Mindestens 50 Prozent dieses Volkes hat dazu „Nein“ gesagt“, sagte der Chef der kemalistischen CHP vor Journalisten in Ankara.

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+++ Wahlkommission: „Ja“-Lager hat Referendum gewonnen“ +++
Die Befürworter des Referendums haben nach Angaben der Wahlbehörde obsiegt. Die „Ja“-Stimmen seien in der Mehrheit gewesen. Endgültige Zahlen könnten aber erst in elf bis zwölf Tagen bekanntgegeben werden.

+++ CDU-Vizechefin: Tür zu EU-Beitritt „nun endgültig zu“ +++
Nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum in der Türkei sieht CDU-Vizechefin Julia Klöckner keine Chance mehr auf einen EU-Beitritt des Landes. „Die Tür zu einem EU-Beitritt ist nun endgültig zu. Und finanzielle Heranführungshilfen an die EU sind spätestens jetzt hinfällig“, schrieb sie in einem Gastbeitrag für die „Huffington Post“. Klöckner sagte, Präsident Erdogan werde nun „einen Systemwechsel seines Landes vornehmen hin zu einem Ein-Personen-Regime, zu einer Diktatur“.

+++ Michelle Müntefering: „Fundamentaler Einschnitt“ für die Türkei +++
Die Vorsitzende der deutsch-türkischen Parlamentariergruppe, Michelle Müntefering, hat den Ausgang des Referendums als „fundamentalen Einschnitt“ in der Geschichte des Landes gewertet. Europa dürfe nun nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern müsse eine klare Linie im Umgang mit der Türkei finden, schrieb die SPD-Politikerin auf Facebook. Müntefering forderte Erdogan zur Freilassung inhaftierter Reporter und Oppositioneller auf. Sie warf ihm vor, mit seiner „Eskalationspolitik“ im Wahlkampf auch das Zusammenleben in Deutschland belastet und tiefe Gräben in die deutsch-türkische Gesellschaft gerissen zu haben.

+++ Mutlu: Türkei-Referendum unter unfairen Bedingungen +++
Der Grünen-Abgeordnete Özcan Mutlu hat „absolut unfaire und ungerechte Bedingungen“ beim Referendum beklagt. Auf der einen Seite habe Erdogan „mit der gesamten Maschinerie des Staates und der Unterstützung nahezu aller Medien“ gestanden, auf der anderen die Opposition, die „staatlichen Repressalien ausgesetzt (war) und eingeschüchtert“ wurde. Das komme einer „Abschaffung der parlamentarischen Demokratie und der Gewaltenteilung gleich“, sagte Mutlu der Deutschen-Presse Agentur. „Das ist ein schwarzer Tag für die Türkei und für die EU!“

+++ Erdogan will Todesstrafe auf Tagesordnung setzen +++
Nach dem von ihm reklamierten Sieg beim Verfassungsreferendum will Staatschef Recep Tayyip Erdogan die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei auf die Tagesordnung setzen. Das werde seine „erste Aufgabe“ sein, kündigte Erdogan in Istanbul vor begeisterten Anhängern an.

+++ Kanzlerkandidat Schulz fordert Einsatz für Demokratie +++
SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz äußerste sich über Twitter zum Referendum in der Türkei: „Der knappe Ausgang des Referendums zeigt: Erdogan ist nicht die Türkei. Einsatz für Demokratie und Menschenrechte muss weitergehen.“

+++ Verbündete sollten türkische Entscheidung respektieren +++
Jeder sollte die Entscheidung der türkischen Nation respektieren, sagt Präsident Recep Tayyip Erdogan. Das gelte vor allem für die türkischen Verbündeten.


+++ Erdogan spricht nach dem Sieg +++
Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärt, rund 25 Millionen Türken hätten bei dem Referendum mit „Ja“ gestimmt, Damit lägen die Befürworter um 1,3 Millionen Stimmen vor den „Nein“-Sagern. Nun werde das Land die wichtigste Reform in seiner Geschichte angehen.

+++ In Istanbul beginnen die Proteste +++

+++ „Inoffizielles Ergebnis“: Auch der Ministerpräsident erklärt den Sieg +++
Ministerpräsident Binali Yildirim sagt vor Anhängern, das inoffizielle Ergebnis der Abstimmung zeige, dass die „Ja“-Stimmen in dem Referendum vorn lägen. Damit eröffne die Türkei ein neues Kapitel in ihrer demokratischen Geschichte.

+++ Mehrheit der Deutsch-Türken für Erdogan +++

Beim Referendum in der Türkei haben die Türken in Deutschland nach vorläufigen Teilergebnissen mit großer Mehrheit für das Präsidialsystem von Staatschef Recep Tayyip Erdogan gestimmt. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Sonntagabend, nach Auszählung von deutlich mehr als der Hälfte der in Deutschland abgegebenen Stimmen komme das Erdogan-Lager auf 63,2 Prozent. Die Gegner des Präsidialsystems konnten demnach 36,8 Prozent verbuchen. Die Wahlbeteiligung in Deutschland lag bei knapp 50 Prozent. In Österreich fiel das vorläufige Ergebnis – allerdings unter Berücksichtigung von zunächst nur etwa einem Fünftel der Stimmen – noch deutlicher aus: Dort kam das Erdogan-Lager auf 72,3 Prozent. In der Schweiz waren demnach zunächst noch weniger Stimmen ausgezählt, dort kamen die Befürworter eines Präsidialsystems auf dieser Basis nur auf 41,1 Prozent. Die Wahlkommission hat noch keine amtlichen Ergebnisse aus dem Ausland veröffentlicht. Die Anadolu-Angaben sind nicht offiziell und können sich mit Fortgang der Auszählung ändern.

+++ Staatliche Nachrichtenagentur meldet Ergebnis +++
In der Türkei stehen die Befürworter der Verfassungsänderung vor einem knappen Sieg. 51,31 Prozent hätten mit „Ja“ votiert, meldete staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntagabend nach Auszählung von 98,2 Prozent aller Stimmen. Die Wahlkommission des Landes ist noch zurückhaltender.

+++ Erdogan erklärt sich zum Sieger +++
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat nach Informationen der staatlichen Medien und der dpa seiner Partei zum Ausgang des Referendums gratuliert. Das Ergebnis sei für Erdogan klar. In einem Telefonat mit Ministerpräsident Binali Yildirm habe er gesagt, er sei der türkischen Nation dankbar, dass sie an den Wahlurnen ihren Willen erklärt habe.


Stadtbevölkerung stellt sich gegen Erdogan

+++ Auch Wahlkommission sieht Erdogan vorne +++
Der Vertreter der pro-kurdischen HDP in der Wahlkommission, Attila Firat, sagte am Sonntagabend, nach Auszählung von 78,59 Prozent der Stimmen liege die Zustimmung zu Erdogans Präsidialsystem bei 52,74 Prozent. Gegen das Präsidialsystem hätten bislang 47,26 Prozent gestimmt. Die Wahlbeteiligung habe im Inland auf Basis der bislang ausgezählten Stimmen bei 86,92 Prozent gelegen.

+++ Stadtbevölkerung stellt sich gegen Erdogan +++

+++ Opposition vermutet Wahlfälschung – Stimmung in der AKP schlecht +++
Die oppositionelle Partei CHP spricht von Wahlfälschung und 2,5 Millionen „fragwürdigen Wahlzetteln“. Auffällig viele Wahlkreise seien im Laufe der Auszählung von „Nein“ auf „Ja“ gewechselt, heißt es aus der Partei. Der knappe Zwischenstand sorgt auch für Unmut in der AKP. Aus türkischen Regierungskreisen verlautet, die Stimmung sei „schon mal besser gewesen“. Diese Aussage unterscheidet sich stark von den Parolen im Wahlkampf der AKP.

+++ Unterschiedliche Angaben zum Auszählungsstand +++
Nach Informationen der BBC und der Deutschen Welle macht die Wahlbehörde der Türkei wesentlich vorsichtigere Angaben als die staatlichen Medien. Laut der Wahlkommission sind noch keine 70 Prozent der Stimmen ausgezählt, die Nachrichtenagentur Anadolu berichtet von 97 Prozent.

+++ Regierung: Weniger „Ja“-Stimmen bei Referendum als erwartet +++
Die Zustimmung beim Referendum über die Einführung eines Präsidialsystems in der Türkei fällt aus Sicht der Regierung geringer aus als erwartet. „Wir sehen, dass wir in manchen Provinzen nicht die erwartete Anzahl an „Ja“-Stimmen bekommen haben“, sagte Vize-Ministerpräsident Veysi Kaynak am Sonntagabend vor Journalisten in Ankara. „Daran werden wir arbeiten.“ Er fügte hinzu: „Der Anteil der „Nein“-Stimmen hat Bedeutung für uns.“ Kaynak betonte aber, eine Mehrheit der Stimmen reiche für die Einführung des Präsidialsystems. „In allen Demokratien ist der ausreichende Anteil 50,1 Prozent.“

+++ 90 Prozent ausgezählt: Erdogan ist Sieg kaum noch zu nehmen +++
Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu sieht das Ja-Lager nach Auszählung von 90 Prozent der Stimmen mit 52,63 Prozent vorne. Die Aufholjagd des Nein-Lagers scheint zu spät zu kommen.

+++ Zwei Drittel der Stimmen ausgezählt – die Türkei bleibt auf Erdogan-Kurs +++
Beim Referendum über die Einführung des Präsidialsystems liegen die „Ja“-Stimmen nach Auszählung von zwei Dritteln der Stimmen deutlich vorn. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete 55,5 Prozent „Ja“- gegen 44,5 Prozent „Nein“-Stimmen. Zu diesem Zeitpunkt waren am Sonntag 67,75 Prozent der in der Türkei abgegebenen Stimmen ausgezählt.

+++ Hohe Wahlbeteiligung +++
Die Wahlbeteiligung bei der Volksabstimmung beträgt rund 86 Prozent. Das berichtet der Fernsehsender Habertürk.

+++ Vorsprung der Erdogan-Fraktion wird geringer +++
Nach Auszählung der Hälfte der Stimmen haben 57 Prozent der Türken für die Verfassungsänderung gestimmt. Das meldet die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu.

+++ Nachrichtenagentur sieht „Ja“-Lager deutlich vorn +++
Bei der Auszählung der Stimmen des Referendums über eine Verfassungsänderung in der Türkei liegen die Befürworter nach ersten Ergebnissen in Führung. Knapp 60 Prozent der bislang ausgezählten Stimmen hätten sich für einen deutlichen Machtzuwachs für Präsident Recep Tayyip Erdogan ausgesprochen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu am Sonntag. Rund 38 Prozent hätten mit Nein gestimmt.

+++ Verwirrung um „Ja“-Stempel +++
Beim Referendum hat es in mehreren Wahllokalen Verwirrung um vorschriftswidrige „Ja“-Stempel gegeben. Wähler, die am Sonntag gegen das Präsidialsystem stimmen wollten, mussten dort mit dem „Ja“-Stempel für „Nein“ stimmen. Von der Wahlkommission vorgeschrieben waren Stempel mit der Aufschrift „Auswahl“ (tercih), mit denen die Wähler entweder das Ja- oder das Nein-Feld auf dem Stimmzettel abstempeln.

Wähler hätten, „wenn auch nur teilweise“, mit diesen „Ja“-Stempeln abgestimmt, sagte der Chef der Wahlkommission, Sadi Güven, in Ankara. Offen ließ er, in wie vielen Wahllokalen es zu dem Vorfall kam. Die Wahlkommission habe entschieden, dass auch diese Stimmzettel als gültig gezählt werden. Die „Ja“-Stempel seien inzwischen wieder eingesammelt worden.

+++ Ja-Lager scheint vorne zu liegen +++

Nach Auszählung von 24 Prozent der Stimmen haben knapp zwei Drittel der Wähler (63 Prozent) mit Ja gestimmt. Das berichtet der Sender NTV.

+++ Unsere Türkei-Korrespondenten in der Video-Diskussion +++

+++ Die Wahllokale haben geschlossen +++
Die rund 167.000 Wahllokale im Land schließen. Die Auszählung der Stimmen beginnt.

KONTEXT

Inhalte der Verfassungsreform in der Türkei

Regieren per Dekret

Der Präsident hat das Recht, per Dekret zu regieren.

Ausnahmezustand

Der Präsident kann den Ausnahmezustand mit der damit verbundenen Einschränkung der Bürgerrechte beschließen.

Neuwahlen

Der Präsident kann das Parlament auflösen und Neuwahlen anordnen.

Veto

Der Präsident kann gegen Gesetzesvorhaben sein Veto einlegen.

Minister

Der Präsident ernennt Minister und kann sie entlassen.

Stellvertreter des Präsidenten

Der Präsident ernennt seine zwei Stellvertreter und kann sie entlassen.

Regierungsmitarbeiter

Der Präsident ernennt hochrangige Regierungsmitarbeiter und kann sie entlassen.

Haushalt

Der Präsident bestimmt den Staatshaushalt.

Verfassungsrichter

Der Präsident hat ein erhebliches Mitspracherecht bei der Wahl der Verfassungsrichter.

Amtszeit des Präsidenten

Die Amtszeit des Präsidenten ist auf zwei Legislaturperioden von je fünf Jahren begrenzt. Im Fall von vorgezogenen Neuwahlen ist eine Legislaturperiode von fünf Jahren vorgesehen - auch wenn der Präsident zuvor die maximale Amtszeit von zehn Jahren fast ausgeschöpft hat.

Amtsenthebungsverfahren

Ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten ist nur mit den Stimmen von mindestens 400 der 600 Abgeordneten möglich.

Armee

Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Parteivorsitzender

Der Präsident kann im Gegensatz zur derzeitigen Verfassung auch Vorsitzender einer Partei sein.

Parlament

Das Parlament kann weder Minister entlassen noch eine Vertrauensfrage stellen. Anfragen zur Regierungsarbeit sind an den Präsidenten zu stellen.

KONTEXT

Welche Konsequenzen hätte ein Ja für...

...Präsident Erdogan?

Erdogan würde so mächtig wie nie. Sobald die Verfassungsänderung mit der Veröffentlichung im Amtsanzeiger in Kraft tritt, fällt das Verbot für den Präsidenten, Mitglied einer Partei zu sein. Erdogan dürfte dann wieder AKP-Chef werden. Ansonsten wird die Reform schrittweise umgesetzt. Ihren Abschluss findet sie erst mit Parlaments- und Präsidentenwahlen, die für November 2019 geplant sind, aber vorgezogen werden können. Seine volle Machtfülle als Staats- und Regierungschef erhielte Erdogan erst nach einem Sieg bei dieser Wahl.

...die Opposition?

Für sie würde sich mit einem Ja beim Referendum eine lange Serie von Niederlagen fortsetzen. Durch den Zugewinn an Macht für den Präsidenten würde der Spielraum der ohnehin zahnlosen Opposition im Parlament noch weiter eingeschränkt. Die außerparlamentarische Opposition ist schon jetzt demoralisiert, der Ausnahmezustand verhindert Proteste weitgehend. Erdogan-Gegner befürchten, dass ihre Verfolgung noch zunehmen könnte.

...die türkische Wirtschaft?

Ein Ja beim Referendum würde zumindest kurzfristig politische Stabilität bedeuten. Für die Wirtschaft ist das immer gut. Ob die Türkei auch langfristig stabiler würde, ist aber offen. Erdogan hat zudem ein mögliches Ende des EU-Beitrittsprozesses nach einem Sieg beim Referendum ins Spiel gebracht. Zwar würde das nicht die aus ökonomischer Sicht wichtigere Zollunion mit der EU beenden. Für westliche Investoren wäre aber auch die politische Abkehr der Türkei von Europa keine vertrauensbildende Maßnahme.

...die Sicherheit im Land?

Die AKP-Regierung verspricht, dem Terrorismus würde ein Ende gesetzt, weil unter dem Präsidialsystem schneller und effektiver Entscheidungen getroffen werden können. Ob das aber wirklich zu einer Abnahme der Gewalt im Land führt, ist ungewiss. Die Opposition verweist darauf, dass es der AKP auch nach bald 15 Jahren an der Macht nicht gelungen ist, den Terrorismus auszumerzen - im Gegenteil: Seit Mitte 2015 eskaliert die Gewalt im Land.

...die Nato?

Für die Verteidigungsallianz ist es enorm wichtig, dass die Türkei ein verlässlicher Bündnispartner bleibt - vor allem, weil über das Land an der Schnittstelle zwischen Europa, Asien und Nahost zahlreiche Anti-Terror-Einsätze laufen. Wenn ein Ja beim Referendum zu mehr politischer Stabilität führt, kann das der Nato nur nutzen - zumindest dann, wenn es nicht zu einer dauerhaften Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien kommt. Letzteres könnte am Image der Nato kratzen.

...die Europäische Union?

Für die EU birgt ein Sieg von Erdogan zumindest Risiken. Sollte sich die Türkei nach der Verfassungsänderung weiter von europäischen Standards und Normen entfernen, könnte sie sich gezwungen sehen, die EU-Betrittverhandlungen einseitig abzubrechen. Dies wiederum könnte die Türkei zum Anlass nehmen, die Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise einzuschränken.

...für die deutsch-türkischen Beziehungen?

Zumindest ist der Wahlkampf mit Nazi-Vergleichen vorerst vorbei. Die Beziehungen beider Länder würden sich aber trotzdem nicht verbessern. Von den deutschen Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sind Erdogans Verfassungspläne weit entfernt. Das würde das Verhältnis dauerhaft eintrüben und die Zusammenarbeit weiter erschweren.