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„Energiekosten sind nicht wettbewerbsfähig“: EU-Politikerin Beer zweifelt an Cloud-Projekt Gaia-X

Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments und FDP-Politikerin sieht das deutsch-französische Projekt skeptisch. Sie warnt vor strukturellen Problemen.

Mit dem Projekt Gaia-X wollen die Bundesregierung und Frankreich eine europäische Plattform für Cloud-Dienste schaffen. Sie soll nicht nur die digitale Souveränität fördern, sondern auch die Vormachtstellung der amerikanischen und chinesischen Anbieter brechen.

22 Unternehmen haben die Non-Profit-Organisation Gaia-X AISBL mit Sitz in Brüssel gegründet. Dazu gehören die Deutsche Telekom, Siemens, BMW und Bosch. Die EU-Kommission unterstützt das ehrgeizige deutsch-französische Projekt. Doch Nicola Beer (FDP), Vizepräsidentin des Europaparlaments und Digitalexpertin, beobachtet Gaia-X mit Skepsis.

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Lesen Sie hier das Interview mit Nicola Beer:

Was sind die Vorteile von Gaia-X für die digitale Dateninfrastruktur in Europa aus Ihrer Sicht?

Europa sollte grundsätzlich allein in der Lage sein, digitale Plattformen selbst zu entwickeln und zu betreiben. In einer Ökonomie, die immer mehr von großen Datenmengen getrieben wird, gehört die Fähigkeit dazu, hohe Datenmengen zu verarbeiten und zu speichern. Ob dieses Ziel mit einem Projekt wie Gaia-X erreicht werden kann, ist aber fraglich.

Warum?
Die Energiekosten für europäische Cloud-Dienste-Anbieter sind nicht wettbewerbsfähig. Höhere Kosten für europäische Cloud-Lösungen werden der Wirtschaft nicht helfen. Und die Wirtschaft braucht dringend Rechtssicherheit beim Datentransfer, zum Beispiel beim transatlantischen Datenaustausch..

Die Kommission spricht derzeit mit anderen Mitgliedstaaten darüber, wie sich diese an dem Projekt von Politik und Industrie beteiligen können. Wie beurteilen Sie das Projekt Gaia-X grundsätzlich?
Die Realität sollte hier unsere Richtschnur sein. Deshalb müssen wir die Wirtschaft fragen, was sie tatsächlich braucht. Grundsätzlich klingen Cloud-Dienste, deren Server in Europa gehostet werden, nach einer guten Idee. Die Kommission sollte aber viel eher die Frage stellen, warum in den letzten zehn Jahren in Europa keine großen Cloud-Dienste entstehen konnten. Dies hat strukturelle Ursachen, die gelöst werden sollten: Die Energiekosten in Europa sind im Vergleich zu den USA und China so hoch, dass ein europäischer Cloud-Anbieter keine wettbewerbsfähigen Dienste anbieten kann. Die Frage ist also: Wie können wir günstigere Energiepreise erreichen, sodass die digitale Industrie auch in Europa wettbewerbsfähig sein kann?

Was ist Ihr Vorschlag?
Zum Beispiel durch die Abschaffung der zusätzlichen Besteuerung von Strom, obwohl Energie bereits in den CO2-Zertifikathandel einbezogen ist. Und wenn die zuständige Politik schon die Energiepreise immer weiter nach oben schraubt, dann sollte die Europäische Kommission wenigstens für Rechtssicherheit beim Datenaustausch sorgen. Dass ein Safe-Harbor-Abkommen und das EU-US-Privacy Shield vor dem EuGH keinen Bestand haben werden, war von Anfang an absehbar.

Was sind die größten Herausforderungen für Gaia-X?
Die größte Herausforderung besteht darin, dass Gaia-X wirtschaftlich wird. Aufgrund hoher Energiepreise in Europa ist es fraglich, ob dieses Ziel erreicht werden kann. Denn es sind die niedrigeren Energiepreise in den USA und in China, die dazu geführt haben, dass große europäische Cloud-Dienste keine Chance hatten. Am wichtigsten wird es sein, für die europäische Industrie keine zusätzlichen Belastungen zu schaffen, indem die Wirtschaft womöglich zur Nutzung einer eventuell teureren europäischen Lösung auch noch verpflichtet wird.

Bislang war Europa bei länderübergreifenden IT-Initiativen nicht besonders erfolgreich. Eine europäische Suchmaschine gab es nie. Glauben Sie, dass die Pläne bei Gaia-X klappen werden?
Man braucht Europa nicht immer schlechtzureden. Europa hat 1990 den GSM-Standard eingeführt, der zu einem weltweiten Boom der Handyindustrie geführt hat. Auch Airbus ist ein Erfolgsprojekt. Bei Galileo hat es länger gedauert. Wichtiger ist mir, dass wir Rahmenbedingungen für Forschung und Entwicklung schaffen, die einen Innovationsschub in den Zukunftsfeldern entfachen: Künstliche Intelligenz, Maschinenlernen, synthetische Biologie, Nanotechnologie und saubere günstige Energiequellen.

Dazu passen die vom Europäischen Rat vorgenommenen Kürzungen bei Innovation und Forschung im Mittelfristigen Finanzrahmen der EU, also der Finanzplanung für die nächsten sieben Jahre, nicht. Hier kämpfen wir als Europäisches Parlament, dies rückgängig zu machen.

Vielen Dank für das Interview.

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