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Drogeriekette Rossmann ist auf Expansionskurs

Der 72-jährige Firmengründer Dirk Roßmann und sein Sohn präsentieren im besten Einvernehmen die Geschäftszahlen. Sie wollen 200 neue Filialen eröffnen.

Hier präsentiert sich ein eingespieltes Team, das ist schnell klar. Auf die Frage nach der Digitalisierung und der eher im Konkurrenzvergleich geringen Bedeutung des Onlinehandels holt Raoul Roßmann aus: Digitalisierung sei für ihn „ein ganzes Potpourri an Möglichkeiten und so viel mehr als E-Commerce“.

Ja, er finde das „extrem klasse“, wie sich die Kommunikation mit den Kunden, die Möglichkeiten zur Kundenbindung, die Marktforschung durch die Digitalisierung verändert hätten; 60 Millionen Besucher habe die Webseite 2018 verzeichnet.

„Aber E-Commerce? Ist für mich derzeit völlig uninteressant.“ Und damit dieser Satz bei der Präsentation der Jahreszahlen für 2018 in der Zentrale der familieneigenen Drogeriekette nicht irgendwie schräg klingt, ergänzt Gründer und Vater Dirk Roßmann die Aussagen seines Sohnes und Mitgeschäftsführers sofort: „Ich verstehe dich so, Raoul: Wir kommunizieren mit unseren Kunden sehr eng über das Netz, aber 99 Prozent kaufen dann doch lieber in der Filiale ein.“

Und sie kaufen definitiv mehr ein: Um 5,1 Prozent auf nun 9,46 Milliarden Euro stieg erneut der Umsatz von Deutschlands zweitgrößter Drogeriekette im Vorjahresvergleich, wobei das Wachstum im Ausland, das mittlerweile 30 Prozent zum Umsatz beträgt, leicht stärker ausfiel als am Heimatmarkt.

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Aber immer noch betreibt das Familienunternehmen in Deutschland mehr als die Hälfte der weltweit 3930 Filialen, und von Stagnation ist trotz des engen Wettbewerbs bei Toilettenpapier, Zahnpasta und Babykost gerade am deutschen Markt keine Rede.

Das Unternehmen, bei dem auch Dirk Roßmanns Frau Alice Schardt-Roßmann in der Geschäftsführung sitzt und der ältere Sohn Daniel in leitender Funktion tätig ist, will weiter wachsen: 215 Millionen Euro will der Konzern 2019 investieren, davon zwei Drittel am Heimatmarkt; 200 Filialen weltweit sollen neu hinzukommen.

Es sind gute Zahlen, die das Roßmann-Duo mit seinen Mitgeschäftsführern in der Zentrale in Burgwedel nahe Hannover präsentieren kann, und die Laune von Vater und Sohn ist entsprechend. Während in so vielen Familienunternehmen die Geschäftsübergabe ein Problem ist – hier lässt sich das Gegenteil beobachten.

Der Senior bringt manche Anekdote: „Schon mein Großvater hatte damals Wein im Angebot, jetzt sagen Sie mir doch, wieso das kein Drogerieartikel sein soll?“ Und scherzt: „Das wird mein Sohn jetzt nicht so gern hören, aber das muss ich jetzt noch erzählen.“ Der Sohn, Jahrgang 1985, lässt ihn gewähren, ergänzt, sie spielen sich die verbalen Bälle hin und her.

Umsatz erneut gesteigert

Die Botschaft lautet auch: Wir haben keine Angst, sondern große Pläne. Die Partnerschaft des Hamburger Drogeristen Budnikowsky mit Edeka, dank der es nun auch Budni-Filialen in Berlin gibt, mache ihm keine Sorgen, erklärt Dirk Roßmann freundlich: „Wie wir reagieren? Null.“ Um dann höflich, aber vielsagend anzuhängen: „Bei dieser Wettbewerbsdichte in Deutschland finde ich den Versuch, gegen solche Riesen wie die Marktführer anzukommen, sehr mutig.“

Und dann gibt der 72-Jährige, der dafür berühmt ist, jede seiner Filialen persönlich zu besuchen, noch ein Beispiel: In seinen sechs Filialen in Stuttgart mache Rossmann sogar Verluste, unter anderem wegen der hohen Werbeausgaben, die sich dort wenige Häuser teilen – im Vergleich zu jenen etwa 60 Filialen im Raum Hannover, die derartige Kosten gemeinsam stemmen. „Es ist auch nicht mehr wie früher, dass eine Drogerie im ersten Jahr Gewinn macht, man braucht jetzt zwei, drei Jahre. Wenn das bei uns so ist – wie ist das dann bei einem Budni?“

Umso bemerkenswerter ist angesichts dieses Wettbewerbs, dass Rossmann es erneut geschafft hat, auch den Umsatz je Filiale auf durchschnittlich 2,4 Millionen Euro pro Jahr zu steigern. Und obwohl das Roßmann-Duo anschaulich macht, wie groß der Wettbewerb gerade in Deutschland ist – „da müssen Sie nur mal über den Inn und Pampers in Österreich kaufen“ – , sind es auf den Heimatmarkt heruntergebrochen sogar 3,1 Millionen Euro Umsatz.

Wachsen will Rossmann auch mit den starken Eigenmarken und noch mehr Bio-Kost, die in neuen Filialen mittlerweile zehn Regalmeter einnimmt. Das entspricht nicht nur dem Geschmack der Kunden, sondern auch dem Zeitgeist. Da passt es, dass Rossmann wie Wettbewerber dm nun Mitglied des Rezyklat-Forums ist, das sich für die Nutzung recycelter Wertstoffe engagiert – schließlich sind die meisten Waren im Sortiment in Plastik verpackt. Und es gibt ein neues Label, das mikroplastikfreie Waren auszeichnet.

Nun ist Dirk Roßmann, der mit „… und dann bin ich auf dem Baum geklettert“ vor wenigen Monaten eine sehr offene und berührende Biografie vorgelegt hat, für sein vielfältiges soziales Engagement und großes Herz bekannt. Auch der Taxifahrer berichtet auf der Fahrt zum Regionalbahnhof, wie er den Senior manchmal nach Hannover fährt, „und dann geht natürlich eine Rechnung an das Unternehmen – aber er sagt: ,Nein, dann haben Sie ja gar kein Trinkgeld‘, und steckt mir zehn Euro zu.“

Aber es geht den Roßmanns eben nicht ums Engagement per se, sondern um Sinnhaftigkeit, und beim Unternehmen ohnehin ums Geschäft. Und so stellt Raoul Roßmann noch klar: „Ich verstehe die Aufregung um Plastikmüll nicht. Es ist ein globales Problem, das wir nicht lokal in Europa lösen können. Auch in Asien muss sich ein ökologisches Bewusstsein entwickeln – aber das können wir nicht oktroyieren.“