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Dramatischer Snap-Absturz: Ist die Snapchat-Mutter noch zu retten?

Börsengang im März 2017: Da war die Welt für Snap noch in Ordnung © (Foto: AP)
Börsengang im März 2017: Da war die Welt für Snap noch in Ordnung © (Foto: AP)


Schnappatmung ohne Unterlass: Praktisch im Tagesrhythmus stürzt der einst hoch gewettete Social Media-Pionier Snap auf neue Allzeittiefs. Das Tempo des Ausverkaufs nimmt immer rasantere Dimensionen an: keine 7 Dollar sind die Anteilsscheine des Mutterkonzerns von Snapchat mehr wert. Analysten haben die Aktie der Stories-App längst aufgegeben. Droht nun sogar das Geld auszugehen?

Kylie Jenner darf sich als Todesengel fühlen: „Öffnet Ihr Snapchat auch nicht mehr? Oder geht es nur mir so… Oh, das ist so traurig“, fällte die 20-Jährige im Februar ein hartes Urteil, das die jüngere Halbschwester von Kim Kardashian danach mit Nettigkeiten („Ich hab dich aber immer noch lieb, Snap. Meine erste Liebe“) kaum abfedern konnte.


Rückblickend betrachtet war das der Point of Return für die angesagteste Social Media-App der vergangenen Jahre, die phasenweise sogar Facebook-Chef Mark Zuckerberg das Fürchten lehrte. Ausgerechnet die 20-jährige Top-Influencerin, die als „KylizzleMyNizzle“ zum ersten großen Snapchat-Star avancierte, schien keine rechte Lust mehr auf die Stories-App zu haben.

Redesign wird Snapchat zum Verhängnis

Der Grund: Das schwer umstrittene Redesign, das eine klarere Trennung zwischen Freunden und Medien und Influencern bemüht, die jedoch bei keinem der beiden Lager ankam – Nutzer verstanden die Welt nicht mehr, Werbetreibende fanden nicht wie erhofft mehr Gefallen am neuen Umfeld.

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Die Folge: Die Dokusoap-Darstellerin rasierte Snapchat mit ihrem Tweet mal eben um 1,3 Milliarden Dollar – so stark stürzte die Aktie des Mutterkonzerns Snap allein in der Folge des Jenner-Tweets ab. Es war der Auftakt eines dramatischen Einbruchs, der eines der höchst gewetteten Internetunternehmen der vergangenen Jahre an der Börse ins Bodenlose stürzte.

Hochfliegende Hoffnungen zum Börsengang

Eineinhalb Jahre zuvor schien der totale Crash noch undenkbar. Rückblende März 2017: Das größte IPO eines Internetunternehmens seit Alibaba war perfekt – Snap war überaus erfolgreich an der Wall Street gestartet. Der Mutterkonzern der beliebten Messenger-App platzierte seine Aktien zu 17 Dollar über den Erwartungen und konnte gleich satte Kursgewinne verbuchen. Am Ende des ersten Handelstages war Snap über 25 Milliarden Dollar wert.

Doch es kam noch besser. Einen Handelstag später trieben optimistische Anleger die Anteilsscheine des seinerzeit gerade mal fünfeinhalb Jahre alten Start-ups aus Venice, Los Angeles, bis auf Notierungen von knapp 30 Dollar, zu denen Snap tatsächlich mit fast 40 Milliarden Dollar bewertet wurde.

Endloser Absturz an der Wall Street

19 Monate später erscheinen die Notierungen und Bewertungen kurz nach dem IPO wie eine ferne Erinnerung an eine andere Welt. Tatsächlich bis auf ganze 6,59 Dollar ist die Aktie des von Evan Spiegel geführten US-Konzerns, der sich selbst als „Kamera-Unternehmen“ sieht, inzwischen abgestürzt. Gegenüber dem Ausgabekurs hat die Snap-Aktie bereits fast zwei Drittel ihres Wertes verloren – gegenüber dem Allzeithoch sind es sogar fast 80 Prozent. In anderen Worten: Wer im März letzten Jahres für 5000 Dollar Snap-Aktie zeichnete und die Anteilsscheine zugeteilt bekam, besäße heute keine 2000 Dollar mehr.

Wie ist der brachiale Ausverkauf zu erklären? Mit mangelndem Gespür für die Nutzerbedürfnisse, die Kapitalmärkte und Instagram. So sehr das Redesign floppte, die Facebook-Tochter ist Snapchat mit seinem Stories-Format längst enteilt und CEO Evan Spiegel erweist sich mit seinem breitbeinigen Auftreten in der Analystenkonferenz als Anlegerschreck. CNBC-Marktkommentator James Cramer etwa nannte Spiegels Einstellung Investoren gegenüber „sehr arrogant“.

Analysten haben wenig Hoffnung: Geht 2019 das Geld aus?

Tatsächlich fallen dem früheren Hedgefondsmanager inzwischen keine Vergleiche mehr zum Absturz des früheren Social Media-Emporkömmlings ein. “Ich weiß gar nicht, was ich über Snap noch sagen soll – so schlecht ist es”, erklärte der Gründer der Finanzwebseite TheStreet.com vergangene Woche noch bei Kursen von deutlich über 8 Dollar. Seitdem hat die Snap-Aktie weiter 20 Prozent an Wert verloren.

Mit dem totalen Zusammenbruch in den vergangenen Tagen hat die Snapchat-Mutter sogar die zuletzt immer skeptischeren Analysteneinschätzungen überholt. Sowohl die Citigroup als auch das Beratungsunternehmen Evercore strichen ihre Kursziele vergangene Woche auf 7 Dollar zusammen. Das Brokerhaus BTIG Research rechnet mit einer Zielmarke von 5 Dollar mit weiteren Kursverlusten.

Greift Amazon zu?

Geht der gruselige Kursverfall beim Betreiber der App mit dem Geisterlogo ungebremst weiter, könnte Snap ein anderes Szenario drohen: Es könnte ein Bewertungsniveau erreicht werden, dass Snap attraktiv für eine Übernahme macht, mutmaßt etwa Marketingprofessor Scott Galloway („The Four“) und dafür eine Größenordnung zwischen 8 und 10 Milliarden Dollar, die ein Käufer auf den Tisch legen müsste. Aktuell wird Snap mit 8,7 Milliarden Dollar bewertet.

In diesen Dimensionen scheint die Zahl von potenziellen Käufern begrenzt. Weil Facebook wegen der Dauerfehde zwischen Evan Spiegel und Mark Zuckerberg ausscheide, sieht Galloway Amazon und Google als mögliche Interessenten.

Gegen Nutzerschwund: Auch Snap bietet künftig Original Content an

Der E-Commerce-Pionier, der vor wenigen Wochen bereits eine Partnerschaft mit Snap eingegangen ist, dürfte nach Meinung des omnipräsenten Marketing-Professors dabei die Nase vorn haben. “Ich denke, Jeff Bezos sagt sich: Wir lieben Teenager, die dumm genug sind, all ihr Geld auszugeben”, hält Galloway eine Akquisition von Snap durch Amazon bis Ende nächsten Jahres für wahrscheinlich.

Bevor es so weit ist, versucht Snapchat unterdessen neue Argumente in eigener Sache zur liefern. Vorgestern kündigte die Messenger-App mit Stories-Funktion an, wie Facebook, Apple oder Amazon künftig ebenfalls eigenproduzierte Video-Inhalte – darunter Kurzserien und Dokumentationen – anbieten zu wollen, um für seine unstete junge Nutzergemeinde attraktiv zu bleiben.

CEO Evan Spiegel muss dringend liefern: Im letzten Quartal hat Snapchat 3 Millionen täglich aktive Nutzer verloren, und auch im abgelaufenen Dreimonatszeitraum dürfte sich der Nutzerschwund fortgesetzt haben, glaubt Evercore.