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Wie Donald Trumps Steuerreform den USA schadet

Donald Trump will die größte Steuerreform seit 30 Jahren umsetzen. Die soll Wirtschaft und Bürger entlasten, und das Image des US-Präsidenten verbessern. Die dicke Rechnung folgt, wenn Trump längst nicht mehr im Amt ist.

Die Steuerreform nimmt Gestalt an. Nachdem das Abgeordnetenhaus bereits einer Überarbeitung des US-Steuersystems zugestimmt hat, gab auch der Finanzausschuss des Senats sein Okay. Donald Trump begrüßte die Entscheidung euphorisch. „Gratulation an das Abgeordnetenhaus“, twitterte er. Ein großer Schritt sei gemacht, um „riesige Steuererleichterungen“ möglich zu machen. Am Montag legte der US-Präsident nach und versprach: „Das wird hoffentlich ein großartiges, großes, schönes Weihnachtsgeschenk“.

Nun muss noch der Senat zustimmen. Das wird alles andere als reine Formsache. Die Mehrheit der Republikaner ist klein: Es steht 52 zu 48 Sitzen. Nur zwei Abweichler können sich die Konservativen also erlauben - und den ersten gibt es bereits: Am Mittwoch kündigte Ron Johnson aus Wisconsin an, nicht für die Vorlage zu stimmen. Sieben weitere Senatoren werden als Wackelkandidaten gehandelt.

Doch das Weiße Haus und die Lobbyisten rühren kräftig die Werbetrommel. Die Gesetzesvorlage sei ein „Pro-Wachstum-Paket“ und eine „einmalige Generationenchance“, sagt etwa Scott Hodge, Präsident der steuerkritischen Denkfabrik „Tax Foundation“. Donald Trump – der schon jetzt über die Wachstumszahlen und die Rekordstände an den Aktienmärkten jubelt – erwartet „großartige Resultate“ infolge der Steuerreform.

Die sieht vor, die Einkommensteuer zu vereinfachen. Statt sieben soll es künftig nur noch vier Steuerklassen geben – von 12 Prozent bis 39,6 Prozent. Anders als von Trump zunächst gefordert, wird der oberste Steuertarif damit nicht abgeschwächt. Die Freibeträge sollen erhöht, Steuerabschreibungen weniger werden. Unter anderem sollen Abgaben, die in einigen Bundesstaaten und Kommunen anfallen, nicht mehr bei der Bundessteuer geltend gemacht werden können. Ein Nachteil für Bürger in den hoch besteuerten Bundesstaaten New York, Kalifornien oder New Jersey – die hauptsächlich demokratisch geprägt sind.

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Und: Ab 2023, spätestens ab 2025, drohen viele Bürger nach einer Anpassung in die nächsthöhere Steuerklasse zu rutschen. Ob die Mittelklasse also entlastet wird, ist unter Ökonomen umstritten. Die Denkfabrik Tax Policy Center, ein Zusammenschluss aus den Denkfabriken Urban Institute und Brookings Institution, rechnete etwa in einer Studie vor, dass Steuerzahler mit niedrigerem Einkommen geringere Erleichterungen als Großverdiener erreichen. 2019 erhielten Menschen mit einem Einkommen unter 25.000 Dollar durchschnittlich eine Steuererleichterung von 50 Dollar - also etwa 0,3 Prozent. Verdiener mit einem Einkommen von mindestens 746.000 Dollar erhielten mit der Steuerreform jedoch eine Erleichterung von durchschnittlich 34.000 Dollar und somit 2,2 Prozent.

Der Top-Demokrat im Finanzausschuss des Senats, Ron Wyden, sagte, die Studie zeige, dass die amerikanische Mittelschicht unter den Republikanern eine Steuererhöhung erlebe, während Großverdiener sich ihre eigenen Taschen mit Zugaben vollstopften.

Trump ist das egal. Selbst im Falle einer Wiederwahl in drei Jahren ist er dann nicht mehr im Amt. Auch deshalb nennt die demokratische Minderheitsführerin im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, den Gesetzentwurf „beschämend“.


Abschreibungsmöglichkeiten verbessern?

Unstrittig ist, dass die US-Wirtschaft von einer Steuerreform massiv profitieren würde. So soll die Unternehmenssteuer von 35 auf 20 Prozent sinken – eine Maßnahme, die US-Unternehmen schon lange fordern. Sie sehen ihre Wettbewerbsfähigkeit unter der bisherigen hohen Steuerlast bedroht. Schließlich ist die Körperschaftssteuer in keinem G20-Staat theoretisch so hoch wie in den USA. Praktisch gelingt es vor allem Großkonzerne ihre Steuerlast dank der vielen Ausnahmen auf rund 26 Prozent zu drücken, kleine und mittelständische Betriebe zahlen im Schnitt 30 Prozent.

Vor allem aber: Die Republikaner planen, die Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen zu verbessern. So sollen sämtliche Investitionen – jede gekaufte Maschine, jeder Fabrikausbau – die Steuerlast reduzieren. Und zwar nicht über Jahre, sondern komplett im ersten Jahr und ohne Begrenzung der Höhe nach. Zinsaufwendungen können bis zu einer Höhe von 30 Prozent der Einnahmen vor Steuern geltend gemacht werden. US-Unternehmen würden so signifikante Liquiditäts- und Zinsvorteile gegenüber den Konkurrenten im Ausland bekommen.

Gut möglich also, dass die US-Wirtschaft angesichts dieser Steuergeschenke zu neuer Höchstform aufläuft – und sich Trump mit steigenden Wachstumszahlen feiern lassen kann. Positivmeldungen hat der US-Präsident dringend nötig. Seine Zustimmungswerte pendeln noch immer um die Marke von 35 Prozent.

Kurzfristig mag die US-Steuerreform also viele Gewinner kennen. Die Rechnung aber folgt in ein paar Jahren. Nicht nur für viele Bürger, die dann möglicherweise stärker als bisher zur Kasse gebeten werden. Negative Folgen gibt es auch für den Staat.

Denn die Steuerreform, da sind sich Unterstützer wie Kritiker der Änderungen einig, wird die Verschuldung der USA weiter nach oben katapultieren. Die Republikaner rechnen mit Steuerausfällen über die kommenden zehn Jahre von bis zu 1,7 Billionen US-Dollar. Der US-Präsident und ihm wohlgesinnte Lobbyorganisationen behaupten, diese Mindereinnahmen würden sich ausgleichen; schließlich soll die Reform das Wirtschaftswachstum beschleunigen und neue Jobs schaffen. Doch selbst Mitglieder der eigenen Partei glauben diesen Rechnungen nicht – und drohen mit einem Veto.

Bis Ende des Monats hat Donald Trump noch Zeit, die Zweifler in den eigenen Reihen zu überzeugen. Am 30. November könnte der Senat zur Abstimmung zusammenkommen. Die Wirtschaft hofft auf einen Durchbruch. Sie braucht die Steuerreform. Genauso wie das Weiße Haus.

Mit Material von AP

KONTEXT

Was Sie über Trumps Steuerreform wissen müssen

Worum geht's?

Das derzeit wichtigste Projekt von US-Präsident Donald Trump, die große Steuerreform, steht vor seiner wohl höchsten Hürde: Die Republikaner im Senat müssen ihren Gesetzentwurf durch die Kongresskammer bringen, in der bereits der Rückbau der Gesundheitsreform Obamacare scheiterte. Nur dann kann ihre Vorlage mit der aus dem Repräsentantenhaus zu einem endgültigen Gesetzespaket zusammengeführt werden.

Trump versprach den Amerikanern, einen Plan auszuarbeiten, der „spektakulär für Wachstum und spektakulär für die Menschen dieses Landes“ sein werde. Die Steuersätze werden nach Angaben Trumps sinken, die Steuergesetze vereinfacht und das Jobwachstum angekurbelt.

Herausforderungen für die Republikaner

Die Republikaner stehen vor mehreren Herausforderungen. Zunächst ist ihre Mehrheit im Senat mit 52 zu 48 Sitzen klein. Da es in den USA keinen Fraktionszwang gibt, müssen skeptische Parteikollegen überzeugt oder zumindest überredet werden. Die Demokraten lehnen die Vorlage geschlossen ab; bei einem Patt darf auch Vize-Präsident Mike Pence abstimmen. Damit können sich die Republikaner unter dem Strich genau zwei Abweichler leisten.

Eine Nein-Stimme und sieben Wackelkandidaten

Einen gibt es bereits. Am 22. November kündigte Ron Johnson aus Wisconsin an, nicht für die Vorlage zu stimmen. Gleich sieben weitere Senatoren werden als Wackelkandidaten gehandelt: Rand Paul hat sich noch nicht festgelegt; Bob Corker, Jeff Flake und James Lankford stehen jedem Gesetz erst einmal kritisch gegenüber, das wie in diesem Fall die Staatsverschuldung erhöhen könnte; John McCain, Lisa Murkowski und Susan Collins könnten sich an der Koppelung der Steuerreform mit einem Rückbau von Obamacare stören.

Abstimmung voraussichtlich Ende November

Eine Verabschiedung des Entwurfs mit einfacher Mehrheit gilt nur unter gewissen inhaltlichen Bedingungen, ansonsten muss die in der Kammer übliche Schwelle von 60 "Ja"-Stimmen erreicht werden. Dass gleich acht Demokraten die Seite wechseln, gilt als so gut wie ausgeschlossen.

Auch die Zeit arbeitet gegen die Republikaner. Während das Repräsentantenhaus seine Vorlage vergleichsweise schnell durchbrachte, kommt dem Senat jetzt die einwöchige Sitzungspause über Thanksgiving dazwischen. Diskutiert wird über eine Abstimmung am 30. November, was den Gegnern Zeit geben würde, sich zu sammeln.