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Einst Merkels Vertraute, bald Chefin der Autolobby: Hildegard Müller soll VDA-Präsidentin werden

Die künftige Chefin des Autoverbands VDA gilt als exzellent vernetzt in Politik und Industrie. Auch im Kanzleramt war Hildegard Müller schon tätig.

In einem persönlichen Schreiben hatte sich Hildegard Müller am 10. Oktober als Vorständin des Energieversorgers Innogy von ihren Geschäftspartnern verabschiedet – damals noch mit ungewissem Ziel. Eineinhalb Monate später steht ihre neue Aufgabe fest: Müller soll als Präsidentin künftig den Verband der Automobilindustrie (VDA) führen – und damit Cheflobbyistin der wichtigsten Branche in Deutschland.

Nach Informationen des Handelsblatts aus Kreisen der Autokonzerne ist die Entscheidung für Müller gefallen – auch wenn die formelle Bestellung noch aussteht, wie Arndt Kirchhoff, Chef des gleichnamigen Autozulieferers betonte: „Es muss einen Vorstandsbeschluss geben und alle Vorstände müssen ihre Unterschrift dazu leisten. Es gibt aber bislang keinen Beschluss und keine Unterschriften“, sagte er, der gemeinsam mit Daimler-Chef Ola Källenius den Auswahlprozess leitet. „Hildegard Müller ist auch eine gute Kandidatin“, fügte Kirchhoff hinzu.

In den vergangenen Wochen stellte sich die 52-Jährige den letzten Mitgliedern des VDA-Präsidiums vor. Schließlich war sie zwar schon seit langem im Rennen, als Favorit hatte aber Ex-Vize-Kanzler Sigmar Gabriel (SPD) gegolten.

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Müller aber hatte stets einen einflussreichen Fürsprecher: Volkswagen-Chef Herbert Diess. Bei Gabriel zögerte Diess – und seine Zweifel dürften letztlich auch dazu beigetragen haben, dass sich Gabriel vor zwei Wochen aus den Gesprächen zurück zog. Müller dagegen hatte die volle Rückendeckung des VW-Chefs.

Diess selbst hatte die erfahrene Netzwerkerin auf einer Telefonkonferenz mit anderen Autobossen als Nachfolgerin für den scheidenden Bernhard Mattes in Position gebracht. Einen neuen Stil im Umgang mit der Bundesregierung verspricht er sich von ihr. Schließlich ist Müller exzellent vernetzt in Politik und Industrie und tritt geschickter auf als so mancher Branchenvertreter.

Daimler dagegen hatte sich für Gabriel positioniert. Erst nach dessen Rückzug war der Weg frei. Müller soll nun die gestörte Verbindung der Branche zur Politik kitten. Der Dieselskandal hat viel Vertrauen zerstört, Politiker sind auf Distanz gegangen. Gerade jetzt aber benötige die Branche die Hilfe der Bundesregierung, um den Wandel zur Elektromobilität zu schaffen, wie ein Manager aus der Branche sagt.

Müller trat in den Gesprächen selbstbewusst auf, klopfte in den persönlichen Gesprächen ihre künftige Rolle ab – und pochte auf ausreichend Unterstützung. Denn: Die Diplom-Kauffrau hatte auch andere Optionen, wie Weggefährten betonten. Schließlich bringt sie eine Kombination mit, die nicht viele vorweisen können: Sie hat sowohl in Politik als auch in Wirtschaft in herausgehobener Position gearbeitet – und noch dazu schon einmal einen Verband geführt.

In den vergangenen zwei Jahren bewies sich Müller als Managerin: 2016 trat sie in den Vorstand des Newcomers am Energiemarkt, Innogy, ein. Gerade vom Kohlekonzern abgespalten, startete das neue Unternehmen mit großen Plänen. „Wir hatten keinen geringeren Anspruch als Schrittmacher der Energiewende zu sein und die Energiezukunft an vorderster Front mitzugestalten“, erinnerte sich Müller zu ihrem Abschied.

Am Zukunftsthema arbeiten

Sie selbst wurde mit der größten und ertragreichsten Sparte betraut: Dem Netzgeschäft mit insgesamt rund 550.000 Kilometern an Strom- und Gasleitungen, die zentral für die sichere Integration der Solar- und Windanlagen sind. Müller bezeichnete das Netzgeschäft als „Blutkreislauf der Energiewende“.

Bei Innogy arbeitete Müller an einem Zukunftsthema, das auch in ihrer künftigen Rolle die oberste Priorität hat: Die Elektromobilität. Der Versorger hat mit Abstand die meisten Ladesäulen in Deutschland installiert und Elektromobilität längst zum Geschäft gemacht.
Die Aufbruchsstimmung bei Innogy wurde aber schon 2018 jäh gestoppt, als sich Konkurrent Eon mit Innogys Mutterkonzern RWE auf eine Zerschlagung des neuen Unternehmens einigte. Müller entschied sich, wie die meisten ihrer Vorstandskollegen, mit Vollzug der Übernahme Anfang Oktober, das Unternehmen zu verlassen.

Vor ihrer Tätigkeit hatte Müller acht Jahre lang einen anderen wichtigen Verband geführt: Den Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), nicht als Präsidentin, aber als Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung. Sie war die operative Chefin, Aushängeschild und Integrationsfigur.

In einer Zeit, als der Kampf um die Energiewende noch ausgetragen wurde, musste sie zwischen den unterschiedlichsten Interessen vermitteln und eine gemeinsame Linie finden: Zwischen den Atom- und Kohleverstromern und den aufstrebenden Anbietern von erneuerbaren Energien, zwischen den Großkonzernen, die zu Beginn ihrer Amtszeit noch vor Kraft strotzten und den 900 Kommunalversorgern.

Beim VDA dürfte es kaum einfacher werden eine gemeinsame Linie zu finden. Selbst VW, Daimler und BMW gehen ihre eigenen Wege, die Autozulieferer noch dazu.

Doch Müller, die aus Rheine stammt, gilt als Strippenzieherin. Sie hatte schon früh in der Politik Karriere gemacht, führte zwei Jahre lang die Junge Union. Mit 31 trat sie in den Bundesvorstand ein, mit 33 Jahren wurde sie ins Präsidium gewählt. 2005 berief Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre enge Vertraute zur Staatsministerin im Kanzleramt.