(Bloomberg) -- Stephan Kahl über Profiteure der Zinswende. — Fünf Themen des Tages ist auch als Newsletter erhältlich. Zum Gratis-Abo bitte hier entlang.
Für die großen deutschen Landesbanken laufen die Geschäfte derzeit richtig gut. BayernLB, LBBW und Helaba haben in den vergangenen Wochen jeweils Vorsteuergewinne im deutlich dreistelligen Millionenbereich für das erste Halbjahr berichtet. In allen Fällen stieg der Überschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Zudem wurde jeweils der Ausblick angehoben.
Und auch die NordLB, die 2019 noch mit mehreren Milliarden Euro gestützt werden musste, dürfte am morgigen Donnerstag ordentliche Zahlen vorlegen. Wie Bloomberg News aus Kreisen erfuhr, hat die Landesbank aus Hannover in den ersten sechs Monaten vor Steuern rund 140 Millionen Euro verdient, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust angefallen war.
Alle vier Landesbanken profitieren von der Zinswende, die das Kreditgeschäft ankurbelt. Die Zinsergebnisse legen deutlich zu. Doch die steigenden Zinsen haben auch ihre Schattenseiten.
Letzteres gilt besonders für das Immobiliengeschäft, in dem die Landesbanken stark engagiert sind. Steigende Zinsen setzen die Bewertungen für Gebäude unter Druck. Das gilt besonders für die Segmente USA und Büro. So ist es nicht verwunderlich, dass die Landesbanken teils hohe Risikovorsorge für Immobilien gebildet haben. Diesen Bereich werden sie sicherlich weiter ganz genau im Blick behalten.
Was Marktteilnehmer heute noch bewegen könnte, berichten Ihnen Rainer Bürgin und Alexander Kell: Autoabsatz auf Überholspur, Lufthansa fokussiert sich weiter, US-Arbeitsmarkt kühlt sich ab, EZB hat Benko-Schulden im Blick, und Gaspipeline-Pläne.
Autoabsatz auf Überholspur
Der Autoabsatz in Europa ist im Juli den zwölften Monat in Folge gestiegen. Die Neuzulassungen kletterten um 17% auf 1,02 Millionen Fahrzeuge. Die Verkäufe von batterieelektrischen Autos schnellten um 62% empor, die Tesla-Zulassungen um fast 800%. In rund zwei Dutzend Ländern hat der Elektroauto-Absatz eine kritische Schwelle erreicht, der den Übergang vom Nischenprodukt zum Massenmarkt anzeigt. Überschreitet der Anteil der E-Autos 5%, geht es auch danach weiter kräftig aufwärts, wie Beispiele aus Ländern zeigen, wo — dank staatlicher Hilfe — schon mehr dieser Fahrzeuge unterwegs sind. In den USA könnte deren Neuwagen-Anteil bis 2026 bei einem Viertel liegen. Wenn Herausforderungen wie Fahrzeugpreise, Verfügbarkeit von Ladestationen und Technologieskepsis für einige wenige gelöst sind, folgt die Masse bald.
Lufthansa fokussiert sich weiter
Im Zuge der Straffung des Konzerns auf das Wesentliche trennt sich die Lufthansa Kreisen zufolge offenbar von zwei Geschäftsfeldern aus dem Finanzbereich. Der Versicherungs- und Finanzmakler Albatros soll fliegen gelassen werden und auch für den Luftfahrt- und Transportversicherer Delvag suchen die Kölner nach potenziellen Käufern, heißt es. Berater dazu wurden bereits an Bord geholt. Die Lufthansa, die im Mai eine Beteiligung am Alitalia-Nachfolger ITA festgezurrt hatte, ist auch dabei, einen Minderheitsanteil an ihrer Wartungssparte zu verkaufen. Der Rest des Catering-Geschäfts ging bereits an die Beteiligungsgesellschaft Aurelius. Das britische Luftraumchaos vom Wochenstart mit Hunderten Flugausfällen hatte seine Ursache wohl in einem Problem bei den Flugdaten, die die Flugsicherung erhielt. Daraufhin wurden Automatisierungen abgeschaltet, mit der Folge einer drastischen Reduktion der möglichen Flüge.
US-Arbeitsmarkt kühlt sich ab
Die Zahl der offenen Stellen in den USA ist im Juli auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren gefallen. Die Neueinstellungen gingen zurück, während die Zahl der Entlassungen unverändert blieb. Dies dürfte der US-Notenbank gefallen, wenn sie auf ihrer September-Sitzung über die nächste Zinserhöhung entscheidet. Die Unternehmen dürften weniger geneigt sein, große Lohnerhöhungen anzubieten, um Arbeitskräfte anzuziehen und zu halten. Dies mindert den Aufwärtsdruck auf die Preise. Der Stellenindex der Bundesagentur für Arbeit zeigt ein ganz ähnliches Muster.
EZB hat Benko-Schulden im Blick
Die EZB drängt dem Vernehmen nach mehrere Banken, ihre Engagements beim Firmenimperium des österreichischen Immobilienunternehmers René Benko abzuschreiben oder zusätzliche Rückstellungen für mögliche Verluste zu bilden. Benkos Signa Holding ist sich nach Angaben eines Sprechers der Untersuchung bewusst, aufgrund der “herausragenden Qualität” des Immobilienportfolios sei man aber “ganz entspannt”. Unter Aufsehern gibt es Stimmen, die dem Untersuchungskonzept kritisch gegenüberstehen. Benkos Unternehmen herauszugreifen berge das Risiko, sie in den Augen von Kreditgebern zu stigmatisieren, so die Sorge. Die deutsche Bonitätsprüfungsfirma Creditreform hatte letzte Woche das Rating von Benkos Signa Prime mit ausgesetzt. Im November war es von A auf A- gesenkt worden.
Große Gaspipeline-Pläne
Der Ölkonzern Wintershall Dea erwägt informieren Kreisen zufolge den Verkauf seiner 50%-Beteiligung an einer Gesellschaft, die wesentliche Teile des deutschen Gasleitungsnetzes betreibt. Die Holding WIGA besitzt unter anderem die Ostsee-Pipeline-Anbindungsleitung, die von Greifswald an der Ostseeküste durch Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen bis nach Tschechien führt. Die rund 470 Kilometer sind Teil eines 4.000 Kilometer langen Netzes unter dem WIGA-Dach. Die Vermögenswerte der Holding belaufen sich in Summe auf mehr als 5 Milliarden Euro, wie zu hören ist. Einige Infrastrukturinvestoren führen offenbar bereits erste Gespräche mit Wintershall, einem Joint Venture von BASF und der Investmentholding des Milliardärs Mikhail Fridman. Verlässliche Renditen locken.