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Die deutsche Industrie will zum Mond

Der BDI startet eine Offensive zur Kommerzialisierung des Alls und regt einen Mini-Weltraumbahnhof an. Verbandschef Kempf schlägt vor, eine Astronautin zum Mond zu schicken.

Ein staatliches Projekt mit Signalwirkung wäre ein Weltraumbahnhof in Deutschland, so der BDI. Foto: dpa
Ein staatliches Projekt mit Signalwirkung wäre ein Weltraumbahnhof in Deutschland, so der BDI. Foto: dpa

Die deutsche Industrie drängt es über irdische Grenzen hinaus. „Ein gutes Projekt wäre ein deutscher Weltraumbahnhof“, sagt BDI-Präsident Dieter Kempf. Und wenn die USA 2024 wieder Menschen zum Mond schicken, dann sollte eine deutsche Astronautin mit an Bord sein, findet er.

Der Präsident des altehrwürdigen Industrieverbands meint diese Vorschläge durchaus ernst. 50 Jahre nach der ersten Mondlandung veranstaltet der BDI an diesem Freitag seinen ersten Weltraumkongress. Das Ziel: Endlich soll es den großen Schub für die kommerzielle Raumfahrt, „Newspace“ genannt, auch in Deutschland geben.

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Die Forderungen nach einer deutschen Frau auf dem Mond und einem Weltraumbahnhof für Kleinraketen, die Satelliten ins All tragen, sind die Kernforderungen in Kempfs Redemanuskript für den BDI-Weltraumkongress in Berlin. Die Rede lag dem Handelsblatt vorab vor.

Wie so oft bei Zukunftstechnologien sind deutsche Forscher und deutsche Firmen auch in der Raumfahrt sehr weit vorn dabei, solange es um die Entwicklung neuer Technik geht. Bei der Umsetzung in kommerzielle Projekte geht aber nur langsam voran. „Raumfahrt ist für das Industrieland Deutschland ein Schlüssel für Zukunftstechnologien“, so Kempf.

In seiner „Berliner Weltraumerklärung“ fordert der BDI ein Weltraumgesetz mit wettbewerbsfähigen Haftungsgrenzen für Firmen, staatliche Unterstützung bei der Vermeidung von Weltraumschrott und internationale Regeln für den Weltraumbergbau.

Neue Geschäftsmodelle

Jeder für Weltraumtechnik eingesetzte Euro schaffe einen Nutzen im Wert von vier Euro in Europa, sagt Johann-Dietrich Wörner, Direktor der Europäischen Raumfahrtagentur ESA. Die Nutzung von Satelliten hat den Alltag durchdrungen – vom Navigationsgerät bis zur Wettervorhersage.

Satellitendaten eignen sich außerdem als Basis für viele weitere Geschäftsmodelle. So lässt sich die Infrastruktur von Unternehmen aus dem All überwachen. Die Deutsche Bahn zum Beispiel kann so kontrollieren, ob Bäume Gleise blockieren. Und wenn die Idee vom autonomen Autofahren Realität werden soll, wird auch das nicht ohne exakte Positionsdaten von Satelliten gehen.

Die Europäer mit ihrer Weltraumagentur ESA, die Ariane-Raketen baut und sich an den Weltraumforschungsmissionen auf der ISS beteiligt, sind keineswegs technologisch abgehängt. In Deutschland zählen Airbus und OHB in Bremen zur Weltspitze, gemeinsam mit Mittelständlern und kleinen Start-ups wie Planet Labs: Die Tochter einer US-Firma steuert vom Berliner Ku‘damm aus einen Schwarm von Mini-Satelliten, die täglich die Erde abfotografieren. Bauern zum Beispiel können darauf erkennen, ob sich Dürreschäden ausbreiten.

„Die deutsche Industrie verfügt über eine weltweit einmalige Kernkompetenz in der Raumfahrt“, sagt Kempf. Wenn die US-Raumfahrtagentur Nasa 2024 ihr neues bemanntes Raumschiff Orion zum Mond schickt, wird das European Service Modul (ESM) eine systemkritische Komponente sein. „Das halbe Raumschiff wird in Bremen gebaut. Wir liefern den Amerikanern damit den Weg zum Mond“, sagt Thomas Jarzombek (CDU), Raumfahrtkoordinator im Bundeswirtschaftsministerium, dem Handelsblatt.

Woran es in Deutschland trotzdem mangelt, sind staatliche Raumfahrtinvestitionen. Die viertgrößte Industrienation liegt mit ihrem nationalen Programm für Raumfahrt mit 297 Millionen Euro international nur auf Platz 8. „Die Bundesrepublik sollte das Programm mindestens auf das Niveau des französischen Budgets von mehr als 700 Millionen Euro erhöhen“, fordert Kempf.

Weltraumbahnhof in Deutschland

Ein staatliches Projekt mit Signalwirkung wäre ein Weltraumbahnhof in Deutschland, so der BDI. Von diesem aus könnten kleine Raketen, sogenannte Micro-Launcher, Mini-Satelliten in den Orbit befördern. Das wäre Rückenwind auch für die Firmen Isar Aerospace, Hyimpulse und OHB, die hierzulande Micro-Launcher entwickeln.

Die auch von der Bundeswehr genutzten Flugplätze Rostock-Laage und Nordholz in Niedersachsen halten Weltraumenthusiasten für geeignet. Jarzombek ist skeptisch: Starts von den erheblich einsameren Azoren oder aus Schottland hält er für leichter umsetzbar.

Der BDI fordert außerdem, dass bereits 2024, beim ersten Start des US-Raumschiffs Orion zum Mond, eine deutsche Astronautin an Bord sein solle. Die Werbewirkung für die deutsche Raumfahrt und nebenbei für technische Berufe wäre enorm, ist Kempf überzeugt.

Finanziert von der privaten Initiative „Die Astronautin“, trainieren bereits zwei Frauen, Insa Thiele-Eich und Suzanna Randall, für Aufenthalte im All. Allerdings werden bisher nicht Mondmissionen, sondern Einsätze auf der ISS trainiert. Und bei der ESA steht als Nächstes wieder ein Mann, Matthias Maurer, auf der Liste der ISS-Astronauten.