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Das Denza-Desaster: Warum Daimler mit diesem Elektro-SUV in China scheitert

Unter der Marke Denza vertreibt Daimler seit 2014 Elektroautos mit BYD in China. Doch auch das neueste Modell ist ein Flop. Zwei Fehler rächen sich.

Daimler brüstet sich gern damit, eine Sonderrolle in China innezuhaben. Schließlich weiß der Mercedes-Hersteller im weltgrößten Automarkt nicht nur einen lokalen Partner an seiner Seite wie die meisten anderen Fahrzeughersteller aus dem Westen, sondern kooperiert mit gleich drei fernöstlichen Riesen.

Da wäre zunächst BAIC. Gemeinsam mit dem Pekinger Staatskonzern produziert und verkauft Daimler sehr erfolgreich Luxuslimousinen und SUVs in der Volksrepublik. Allein in der vergangenen Dekade hat sich der Mercedes-Absatz in China mehr als verfünffacht – auf zuletzt 750.000 Einheiten.

Das zweite Bündnis unterhält Daimler mit seinem Großaktionär Li Shufu. Dessen Autokonglomerat Geely entwickelt zusammen mit den Stuttgartern die Kleinwagen von Smart weiter. Zudem wollen die Konzerne ab 2024 in China Millionen von Benzinmotoren fertigen. Das spart viel Geld – eine Win-win-Situation.

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Der dritte Partner von Daimler ist der Elektrofahrzeugspezialist BYD. Doch im Gegensatz zu den anderen beiden Joint Ventures in Fernost ist jenes mit BYD kein Erfolg, sondern entwickelt sich immer mehr zu einem „Desaster“, heißt es in Konzernkreisen.

Der Grund: Auch das neueste Modell der gemeinsamen E-Auto-Marke Denza ist ein Ladenhüter. Vom Strom-SUV Denza X, der nur in China erhältlich ist, wurden im vergangenen Jahr laut dem Statistikportal Carsalesbase und dem chinesischen Herstellerverband CAAM gerade einmal 4175 Fahrzeuge an Händler ausgeliefert. Gehofft hatten die Konzerne eigentlich auf bis zu zehn Mal so hohe Stückzahlen.

Bei Denza stellt sich die Existenzfrage

Für Daimler und BYD sind die schwachen Verkaufszahlen des Denza X ein herber Rückschlag. Vom selbst gesteckten Ziel, der „erfolgreichste Hersteller von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben in China zu werden“, sind die Unternehmen weit entfernt. Unter den mehr als hundert Automarken, die in China Personenkraftwagen vertreiben, rangiert Denza aktuell abgeschlagen auf Rang 78.

Schon das erste Fabrikat der Elektromarke war trotz des hehren Versprechens, das „sicherste, zuverlässigste und bestdurchdachte Elektroauto zu sein, das in und für China gefertigt wird“, ein kapitaler Flop. Vom Denza 500 wurden seit der Markteinführung im Jahr 2014 in Summe lediglich 14.000 Stück verkauft. Im vergangenen Jahr wurde der Denza 500 dann offenbar sang- und klanglos eingestellt. Der Absatz lag 2020 jedenfalls bei null.

Nun ruhen alle Hoffnungen, die Marke doch noch in einen Gewinnbringer zu verwandeln, auf dem Denza X. Gefertigt wird der SUV in der Millionenmetropole Shenzhen. Mercedes hat das Design beigesteuert und den Vertrieb über seine Handelspartner übernommen, BYD liefert die Batterie und produziert das Modell. Gebracht hat der Aufwand bis dato nicht viel. Für die Marke stellt sich allmählich die Existenzfrage.

Wie viel Geld ist Daimler und BYD ihr Elektro-Abenteuer noch wert? Über diverse Kapitalerhöhungen, Gesellschaftsdarlehen und Bankgarantien haben die Konzerne bereits mehrere Hundert Millionen Euro in die Gemeinschaftsfirma Shenzhen Denza New Energy Automotive investiert. Nun mehren sich die Stimmen, das Projekt auslaufen zu lassen.

Es ergebe keinen Sinn, weiter Millionen mit einer strategisch irrelevanten Kooperation zu verbrennen, argumentieren einige in Stuttgart. Daimler-Chef Ola Källenius hat zudem schon bei der Mercedes X-Klasse gezeigt, dass er unrentable Modelle im Zweifel lieber kompromisslos aussortiert. Wohlmeinende geben dagegen zu bedenken, dass es verfrüht wäre, jetzt bei Denza den Stecker zu ziehen. Der neue SUV sei schließlich kein schlechtes Produkt, lediglich die Vertriebsstrategie stimme nicht.

Offiziell stehen die Konzerne noch hinter der Elektro-Marke: „Daimler und BYD arbeiten auch weiterhin an der Zukunft von Denza als einheimische Marke für qualitativ hochwertige batterieelektrische Fahrzeuge“, teilte Daimler auf Anfrage mit. Die Marktperformance des Denza X habe sich zudem seit der Produkteinführung „schrittweise weiterentwickelt“.

Produkt zu teuer, Marke kaum bekannt

Experten wie Jan Burgard bescheinigen dem Strom-SUV von Daimler und BYD zwar ebenfalls Potenzial. „Grundsätzlich halte ich den Denza X für ein gut gemachtes Auto“, erklärt der geschäftsführende Partner von Berylls Strategy Advisors. Mit einer elektrischen Reichweite von 520 Kilometern und einer ordentlichen Verarbeitungsqualität könne das Modell durchaus punkten. Aber: „Was mir fehlt, sind herausstechende Merkmale, die über ein gefälliges Außendesign hinausgehen, denn der Denza X ist kein günstiges Fahrzeug“, kritisiert Burgard.

Tatsächlich startet der Siebensitzer als Plug-in-Hybrid zu Preisen ab 289.900 Yuan, umgerechnet sind das etwa 37.000 Euro. Für die reine Stromversion werden mindestens 40.700 Euro fällig. „Das Problem ist, dass es eine ganze Reihe vergleichbarer Modelle auf dem Markt gibt, die günstiger sind“, sagt Burgard. Dazu gehört beispielsweise der teilelektrische VW Tiguan oder der GAC Aion LX.

Neben dem hohen Preis leidet Denza unter einem Wahrnehmungsproblem. Trotz der namhaften Eigentümer sei die Marke in China kaum präsent, die wenigsten Kunden würden Denza überhaupt kennen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Denza X bisher vorwiegend in den Showrooms ausgewählter Mercedes-Händler angeboten wird. „Das Fahrzeug muss aber in einem Umfeld positioniert werden, wo es hingehört – und das ist nicht bei Mercedes-Benz, sondern eher bei BYD angesiedelt“, konstatiert Burgard.

Bei Daimler war man sich des Problems offenbar von Anfang an bewusst. An mahnenden Stimmen gab es jedenfalls keinen Mangel, heißt es in Konzernkreisen. Eine Option wäre nun, den Vertrieb neu aufzustellen und den Denza X auch in das weit dichtere Händlernetz von BYD zu integrieren. „Wenn man die Kunden vom Mercedes-Service-Partner zu BYD überführt, sinken außerdem sofort die Kosten, auch das wäre im Sinne der Käufer“, analysiert Branchenkenner Burgard. Möglich also, dass Denza noch eine Chance erhält – es wäre dann aber wohl wirklich die letzte.