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Der Deal steht: Bei welchen Fragen sich die EU durchgesetzt hat – und wo China

Marktzugang, Technologietransfer, Arbeitnehmerrechte: Nach langen Verhandlungen steht das Abkommen zwischen China und der EU. Doch Kritiker monieren, Pekings Zugeständnisse reichten nicht aus.

Die Spitzen der Europäischen Union und Chinas haben sich am Mittwoch auf ein Investitionsabkommen geeinigt. In einer Videokonferenz beschlossen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsidentin Charles Michel, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Kanzlerin Angela Merkel sowie Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping das Comprehensive Agreement on Investment (CAI).

„Die heutige Einigung ist ein wichtiger Meilenstein in unseren Beziehungen zu China und für unsere wertebasierte Handelsagenda“, sagte von der Leyen. Kommissionsvize Valdis Dombrovskis war sich der wirtschaftlichen Vorteile sicher: „Das Übereinkommen wird europäischen Unternehmen massiven Auftrieb in einem der größten und am schnellsten wachsenden Märkte der Welt geben“, sagte der Handelskommissar.

Mit dem Abkommen sollen der gegenseitige Marktzugang erleichtert, fairere Wettbewerbsbedingungen geschaffen und der erzwungene Transfer von Technologiewissen von europäischen Unternehmen in China begrenzt werden. China ist mit seinen 1,4 Milliarden Verbrauchern der zweitwichtigste Wirtschaftspartner weltweit für die EU.

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Xi Jinping betonte der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua zufolge, das Investitionsabkommen demonstriere Chinas Entschlossenheit, die Öffnung seines Marktes auf hohem Niveau voranzutreiben. Es werde den gegenseitigen Investitionen zwischen China und der EU über ein besseres Geschäftsumfeld und stärkere institutionelle Garantien eine bessere Perspektive für die Zusammenarbeit bieten.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) lobte die Einigung: „Das Investitionsabkommen zwischen der EU und China ist ein handelspolitischer Meilenstein.“ Für europäische Unternehmen bedeutet CAI mehr Marktzugang und größere Rechtssicherheit sowie ein besseres Wettbewerbsumfeld in China.

Doch es gibt auch Kritik. Das Abkommen werde seinem Anspruch, elementare Menschenrechte hochzuhalten, nicht gerecht, argumentieren die Skeptiker. Norbert Röttgen, Kandidat für den CDU-Parteivorsitz, betonte zwar, dass es noch zu früh sei, die Details des Deals zu bewerten, da der Text bisher nicht vorliege. Doch die bekanntgewordenen Regelungen zur Zwangsarbeit bezeichnete er als „alarmierend“.

Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Abkommen:

1. Was verändert sich beim Marktzugang und der Wettbewerbsposition der Europäer in China?

Das Abkommen sieht Erleichterungen beim Marktzugang europäischer Unternehmen auf dem chinesischen Markt vor, etwa in den Bereichen Hybrid- und Elektroautos, bei Cloud-Diensten, im Finanz- und im Gesundheitsbereich. So dürfen Krankenhausbetreiber jetzt in bestimmten Städten von über fünf Millionen Einwohnern wie Shenzhen und Schanghai Kliniken allein und ohne Joint-Venture-Partner betreiben.

Auch in den Bereichen Finanzdienstleistungen, Umwelt-, Bau- und IT-Dienstleistungen werden umfassende Verpflichtungen eingegangen. Chinesische Staatsunternehmen dürfen EU-Unternehmen künftig nicht mehr diskriminieren, wenn sie Waren und Dienstleistungen einkaufen oder verkaufen. Außerdem muss China garantieren, dass sich Staatsunternehmen bei ihren Entscheidungen ausschließlich von ökonomischen Motiven leiten lassen. Die staatlichen Unternehmen erzielen rund 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in China.

2. Gibt es ein Ende des von China erzwungenen Technologietransfers und der Verzerrung durch Subventionen?

Der erzwungene Transfer von Technologiewissen etwa über Gemeinschaftsunternehmen vor Ort wird durch neue Regeln zumindest erschwert. Bislang war es in vielen Bereichen nur möglich, über ein Gemeinschaftsunternehmen mit einem chinesischen Partner im chinesischen Markt zu investieren. Der chinesische Joint-Venture-Partner hatte dann Zugang zur Technologie des europäischen Unternehmens. Die Bildung solcher Gemeinschaftsunternehmen ist mit dem Abkommen in vielen Bereichen nicht mehr Pflicht.

Eine Einschränkung von Subventionen wird es in dem Abkommen nicht geben. Dafür plant die EU künftig unabhängig vom CAI Marktverzerrungen durch Subventionen im Ausland anzugehen. Das Abkommen aber Transparenzverpflichtungen für Subventionen im Dienstleistungssektor enthalten. Hier muss die chinesische Seite die Subventionen jährlich aufführen.

Wichtig für beide Seiten ist, dass das CAI bestehende und künftige bilaterale und nationale Investitionsregeln nicht tangiert. Das ist eine Chance, weil die EU ja verzerrende Subventionen anders ahnden will, aber auch ein Risiko, weil neue Begrenzungen in China entstehen können.

3. Was verändert sich beim Marktzugang chinesischer Unternehmen in der EU?

Bereits jetzt haben chinesische Unternehmen einen leichteren Zugang zum europäischen Markt. Chinesischen Unternehmen wird nun der Zugang zum europäischen Energiemarkt eröffnet. Insbesondere hoffen chinesische Anbieter darauf, bei der Energieversorgung von Elektroautos mitzuspielen. In der Batterietechnik für Elektroautos ist die zweitgrößte Volkswirtschaft bereits führend. Unternehmen aus China können beispielsweise künftig in den europäischen Markt für erneuerbare Energie investieren.

Diesen Markt plant die EU-Kommission angesichts des höheren Klimazieles, das zuletzt auf dem EU-Gipfel im Dezember beschlossen wurde, als europäische Schlüsselindustrie ausbauen. Die EU will vor diesem Hintergrund und angesichts des vorhandenen Technologievorsprungs den Markt für erneuerbare Energie für chinesische Investoren aber nur sehr begrenzt öffnen. Vorgesehen sind lediglich fünf Prozent des Marktes in dem jeweiligen EU-Staat. Diese Öffnung macht die EU stark davon abhängig, ob auch China in Zukunft mehr Marktzugänge schafft. Derzeit belaufen sich die Investitionen von EU-Unternehmen im chinesischen Energiesektor lediglich auf fünf Prozent aller Investitionen.

4. Ein Streitpunkt war der Investitionsschutz. Wie sieht da die Einigung aus?

Hier gibt es keine Einigung, das Thema wurde ausgeklammert. Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, hier innerhalb von zwei Jahren ab Unterzeichnung des Investitionsabkommens eine Einigung zu finden. Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) fordert: „Brüssel und Peking sollten als Ziel vereinbaren, das Investitionsabkommen in einem zweiten Schritt zukünftig auch auf den Investitionsschutz auszudehnen.“ Dabei müsse das hohe Schutzniveau, das es bei bilateralen Verträgen etwa zwischen China und Deutschland gibt zwingend erreicht werden.

Zur Beilegung von Differenzen zwischen Unternehmen sieht der Textentwurf Konsultationen oder schließlich ein Gremium aus drei Experten vor, die eine Vermittlung versuchen sollen. Die Streitbeilegung zwischen Staaten über ein Schlichtungsgremium unter Vorsitz eines Fachmanns, der nicht die Nationalität der beteiligten Parteien besitzt, ist detailliert geregelt.

5. Sind weitere Felder des chinesisch-europäischen Wirtschaftsverhältnisses ausgenommen?

Ja, viele sogar. Die Forderung der deutschen Wirtschaft, dass europäische Unternehmen bei öffentlichen Ausschreibungen in China nicht ausgeschlossen werden können, ist zum Beispiel kein Bestandteil des Investitionsabkommens. Das stößt vielen im Europaparlament sauer auf. Wenn sich herausstellen sollte, dass EU-Unternehmen weiter von öffentlichen Aufträgen in China ausgeschlossen werden, müsste reagiert werden, sagte Europaabgeordneter Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe, dem Handelsblatt.

Diesen Streitpunkt mit China könnte die EU aber außerhalb des CAI regeln. Seit Jahren arbeitet die Union an einer Regelung, mit der sie ausländische Unternehmen von öffentlichen Aufträgen in der EU ausschließen könnte, wenn auf den Heimatmärkten dieser Unternehmen EU-Firmen in gleicher Weise diskriminiert werden. Eine solche Regelung würde vor allem Richtung China zielen.

Sowohl das Parlament als auch der Rat hätten mit einer solchen Regelung explizit bis zum Investitionsschutzabkommen gewartet, heißt es in Brüssel – wohl in der Hoffnung, sie nicht umsetzen zu müssen. Diese Hoffnung wurde nun allerdings enttäuscht.

6. Warum sind bei dem Abkommen auch Arbeitnehmerrechte und Klimaschutz Thema?

Die EU hat bei jedem Handels- oder Investitionsabkommen den Anspruch, auch Standards beim Arbeits- und Klimaschutz zu setzen. Damit sollen unter anderem Dumping-Praktiken verhindert werden. Das EU-Parlament achtet strikt auf solche Standards.

Auch wenn sie oft das Niveau der EU nicht erreichen, hängen viele Abkommen in jahrelangen Verhandlungsrunden fest, weil sich vor allem Schwellenländer schwer mit den Standards tun. Im Fall des CAI war vor allem ein Ausschluss von Zwangsarbeit ein kritischer Punkt, aber auch das Bekenntnis zu nachhaltigem Wirtschaften.

7. Werden sich die Arbeitnehmerrechte in China nun verbessern?

Das muss sich noch herausstellen. China hat sich nur dazu bereit erklärt, „darauf hinzuarbeiten“, vier Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu ratifizieren. Zwei davon (C29 und C105) drehen sich um die Abschaffung von Zwangsarbeit. Hier erklärt China, dass es „anhaltende und nachhaltige Anstrengungen“ unternehmen werde, die beiden Artikel zu ratifizieren.

China sieht sich im Umgang mit Minderheiten massiven Vorwürfen ausgesetzt. Berichte über die massenhafte Internierung von Uiguren in Arbeitslagern stehen dabei im Zentrum. Gerade erst hat das Tech Transparency Project (TTP) dem chinesischen Zulieferunternehmen Lens Technology, das unter anderem Apple beliefert, vorgeworfen, Tausende von Zwangsarbeitern in der Uigurenprovinz Xinjiang, in der auch Volkswagen produziert, zu beschäftigen.

China bestreitet trotz zahlreicher Beweise stets, dass es überhaupt Zwangsarbeit in der Volksrepublik gibt. Im Dokument befindet sich derzeit auch kein Hinweis darauf, dass es in China künftig erlaubt sein wird, Organisationen zur Vertretung von Arbeitnehmerrechten zu gründen.

„Wenn China sich nur zu ‚Anstrengungen‘ verpflichten muss, dann akzeptiert man, dass Zwangsarbeit stattfindet“, kritisierte Röttgen. Das sei inakzeptabel. „Es ist unvorstellbar, dass die EU einen Vertrag schließt, in dem implizit Zwangsarbeit akzeptiert wird.“ In diesem Bereich dürfe es keine Toleranz von europäischer Seite geben, zumal klar sei, dass es dabei um die Arbeitslager in Xinjiang gehe.

Aus der Sicht der Bundesregierung handelt es sich beim CAI formal lediglich um ein Investitionsabkommen, es gehe jedoch deutlich darüber hinaus. Das gelte etwa für die Regelungen zu den Arbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). „Solche Regelungen erreicht man normalerweise nur in Freihandelsabkommen“, hieß es in den Kreisen der Bundesregierung in Berlin.

EU-Parlamentarier fordern unterdessen einen verbindlichen Zeitrahmen zur Unterzeichnung des Banns von Zwangsarbeit. Der Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer (Grüne) kritisiert die Kommission scharf. Der Vorsitzende der China-Delegation des EU-Parlaments sprach davon, dass sich die EU-Exekutive mit einem „oberflächlichen Lippenbekenntnis“ zufriedengegeben haben. Im Gegensatz zum Freihandelsabkommen mit Vietnam habe sich China auf keinen konkreten Zeitplan für die Ratifizierung der entscheidenden ILO-Konventionen eingelassen. „Dieses Manko wiegt schwer“, resümiert Bütikofer.

Die Kritik, die Zugeständnisse der chinesischen Seite zur Einhaltung der ILO-Arbeitsnormen seien zu unverbindlich, reichten nicht weit genug und seien zudem kaum überprüfbar, teilt man in den Kreisen der Bundesregierung nicht. Dort verweist man auf das ernsthafte Bemühen der chinesischen Seite, bei der Einhaltung der ILO-Arbeitsnormen voranzukommen.

So habe China bereits vier der acht ILO-Kernarbeitsnormen ratifiziert, die USA dagegen lediglich zwei, Südkorea ebenfalls vier, Japan sechs und Australien sieben. Es sei mit der chinesischen Seite ein Dialog- und Umsetzungsprozess vereinbart worden, wie er sonst nur in Freihandelsabkommen vereinbart werde. Die Vereinbarung löse nicht alle strittigen Fragen, sei aber ein großer Fortschritt. In Verhandlungskreisen wird zudem darauf verwiesen, dass es 2022 unter französischer Ratspräsidentschaft eine Bewertung der Umsetzung geben soll.

Die EU-Kommission setzt parallel auf ihr im Dezember verabschiedetes Sanktionsinstrument gegen globale Menschenrechtsverletzungen, nach dem sie Organisationen und Personen Gelder bei Verstößen einfrieren kann.

8. Wie geht es jetzt weiter?

Die finale Ratifizierung des Abkommens ist für Anfang 2022 vorgesehen. Bis dahin muss der Text des Abkommens übersetzt und juristisch überprüft werden. Dann müssen die Regierungen aller 27 EU-Staaten – nicht deren Parlamente – und das EU-Parlament zustimmen. Europapolitiker Caspary rechnet mit einem Prozess von mindestens einem Jahr.

9. Warum gibt es Kritik am Abkommen und am Zeitpunkt der politischen Einigung?

Zum einen gibt es Kritik, dass die chinesischen Zugeständnisse nicht ausreichen – beim Investitionsschutz und beim Bann von Zwangsarbeit etwa. Das Abkommen wird auch nicht dafür sorgen, dass wirklich gleiche Wettbewerbsbedingungen in der EU und in China für ausländische Unternehmen herrschen.

Kritik an dem Abkommen richtet sich auch auf den Zeitpunkt: Denn gerade in diesem Jahr kann Chinas Staatschef das Abkommen als besonders großen diplomatischen Erfolg verbuchen. Die EU hat zuletzt machtlos bei der Unterdrückung von Freiheitsrechten in Hongkong zugeschaut - und schließt nun einen Investitionsdeal mit Peking. Zudem schließen die Europäer das Abkommen kurz vor dem Amtsantritt des neuen US-Präsidenten Joe Biden. Der allerdings hat bereits einen harten Kurs gegenüber China angekündigt – und würde diesen gern gemeinsam mit Europa durchsetzen.

10. Was sind die Argumente, das Abkommen dennoch abzuschließen?

Wenn auch nicht alle Forderungen der Europäer erfüllt werden, verbessert das Abkommen doch den Marktzugang für einige europäische Branchen, sichert Technologiewissen, macht Subventionen transparenter und ringt China zumindest ein paar allgemeinere Zugeständnisse ab. Chinesische Unternehmen haben jetzt schon einen weitgehend offenen Marktzugang, insofern schließt sich die Schere zumindest ein wenig.

Das Abkommen ist für die EU nur ein Baustein in ihrer Chinastrategie. Die EU-Verhandler argumentieren, mit der Zeit hätten sie nicht mehr Zugeständnisse erreichen können. Eine jahrelange Hängepartie hätte nach ihrer Ansicht große Nachteile für EU-Unternehmen und Investoren bedeutet, weil China mit anderen Ländern wie den USA mit dem Phase-1-Deal, Kanada, der Schweiz oder mit der asiatisch-pazifischen Freihandelszone RCEP Abkommen schließt.

11. Wie fallen die Reaktionen aus?

In der Wirtschaft gab es für den Abschluss des Investitionspakts überwiegend Zustimmung. „Das Investitionsabkommen bedeutet eine Stärkung für den Standort Deutschland, den internationalen Handel und den. Wettbewerb. Es muss nun möglichst schnell ratifiziert werden“, forderte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). „Für unsere Unternehmen wird die Planungs- und Investitionssicherheit gestärkt.“

China wird seit Jahren für die deutsche Automobilindustrie als Produktionsstandort, Absatz- oder Exportmarkt immer wichtiger. Deutsche Hersteller produzierten im vergangenen Jahr über fünf Millionen Autos in China und beschäftigen mehr als 125.000 Mitarbeiter in China.

„Der Zugang durch das CAI ist zwar noch nicht voll umfassend, dennoch haben wir nun die begründete Hoffnung, dass sich problematische Situationen wie erzwungener Technologietransfer und die Diskriminierung von EU-Unternehmen durch chinesische Staatsbetriebe verbessern werden“, sagte Anton Börner, Präsident des Bundesverbands Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen. Entscheidend werde aber sein, wie das Abkommen in der Praxis umgesetzt wird. Die verdeckte Subventionierung von Geschäften durch Staatsunternehmen bleibe weiter eine Herausforderung.

Ähnlich äußerten sich auch die Familienunternehmen. „Es wird entscheidend auf die Durchsetzung der gegenseitigen Zusagen ankommen. Hierfür ist ein wirksamer Streitschlichtungsmechanismus unerlässlich“, sagte Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands Die Familienunternehmer.

„Absichtserklärungen der chinesischen Seite zum Beispiel zur Einhaltung von Arbeitsnormen und damit zur wirksamen Vermeidung von sozialem Dumping sind so lange wertlos, bis sie nicht mit konkreten Daten und Sanktionsregeln versehen werden.“ Die Verrechtlichung der Investitionsbeziehungen im Rahmen eines Abkommens sei nur ein erster Schritt.

Die europäische Handelskammer in China begrüßt zwar die politische Einigung zwischen der EU und China auf ein Investitionsabkommen. Doch sie hält sich mit einer endgültigen Bewertung zurück. „Wir erwarten sehnlichst die Veröffentlichung der Details dieser politischen Vereinbarung und hoffen auf einen belastbaren und mutigen Abschluss“, sagte Kammerpräsident Jörg Wuttke in Peking.

Die europäischen Unternehmen wollten jetzt den Text der Vereinbarung analysieren, um zu sehen, was die Details für die Stärkung ihrer rechtlichen Position bedeuteten. Wuttke wies darauf hin, dass das Abkommen erst in Kraft tritt, wenn der finale Text vereinbart und von beiden Seiten ratifiziert sei. Er erwartet zusätzliche Hürden, die überwunden werden müssen.

Kritik an CAI kommt hingegen von den Gewerkschaften. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, kritisiert, dass im Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China dem Schutz der Arbeitnehmer aus seiner Sicht nicht ausreichend Rechnung getragen werde.

„Dauerhafte und nachhaltige Anstrengungen zur Ratifizierung der ILO-Kernarbeitsnormen sind nicht ausreichend“, sagte Hoffmann dem Handelsblatt. Es sei vernünftig, mit dem Abkommen gleiche Wettbewerbsbedingungen für europäische Unternehmen sicherzustellen, so der DGB-Chef weiter.

„Diese dürfen aber nicht zu Lasten sozialer und ökologischer Standards gehen.“ Hoffmann fordert einen verbindlichen Zeitplan von China zur Ratifizierung der ILO-Konventionen, insbesondere müsse das Verbot zur Zwangsarbeit rasch umgesetzt werden.

Die chinesische Führung verkauft den Deal erwartungsgemäß als politischen und wirtschaftliche Erfolg. Sobald die Videokonferenz am Mittwoch abgeschlossen war, war das Investitionsabkommen Nachricht in allen großen chinesischen Staatsmedien. In den sozialen Medien zeigten sich die Kommentatoren erfreut über den Abschluss. Hu Xijin, Chefredakteur der staatlichen nationalistischen „Global Times“, schrieb auf dem chinesischen Twitter-Pendant Weibo: „Das ist definitiv ein Win-Win-Abkommen“.

12. Welche Rolle spielte Angela Merkel?

Die Kanzlerin hatte großen Druck gemacht, dass das Abkommen noch zum Ende des Jahres und damit zum Ende der deutschen EU-Ratspräsidentschaft abgeschlossen wird. Merkel hatte ursprünglich einen EU-China-Gipfel im September in Leipzig geplant. Er fiel wegen der Pandemie aus. Merkel und die EU-Kommission nutzten geschickt die Situation des anstehenden Machtwechsels in den USA, den Investmentpakt vor Jahresende unter Dach und Fach zu bringen.

Die Bundesregierung wertet die Grundsatzeinigung zwischen China und EU als krönenden Abschluss der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die am 31. Dezember endet. Mit der Einigung sei „auf den letzten Metern der Ratspräsidentschaft ein großer Schritt nach vorne gelungen“, hieß es am Mittwoch in deutschen Regierungskreisen. Die Verständigung auf das Abkommen unterstreiche die Handlungsfähigkeit der EU.