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Coronakrise zwingt Autozulieferer zu zusätzlichem Stellenabbau

Den Autokonzernen geht es inzwischen wieder vergleichsweise gut. Doch bei vielen kleinen Zulieferern ist die Lage gefährlich – ein Stellenabbau droht.

Im Zweigwerk Eitorf im Rheinland ruht die Produktion wegen hoher Covid-Infektionszahlen. Foto: dpa
Im Zweigwerk Eitorf im Rheinland ruht die Produktion wegen hoher Covid-Infektionszahlen. Foto: dpa

In einem rheinischen Stoßdämpfer-Werk des drittgrößten deutschen Automobilzulieferers ZF ruht in dieser Woche die Arbeit, weil zu viele Beschäftigte positiv auf Covid-19 getestet worden sind. Der hannoversche Konkurrent Continental verliert in den USA und in Europa ganze Schichten, weil Mitarbeiter in Quarantäne gehen müssen.

Die Corona-Pandemie hat die deutschen Automobilzulieferer mit voller Wucht getroffen – und die wirtschaftlichen Auswirkungen werden immer deutlicher spürbar. Das belegt die neueste Konjunkturumfrage des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) unter seinen Mitgliedsunternehmen, die dem Handelsblatt vorliegt. Danach plant jeder zweite Zulieferer in Deutschland wegen der Belastungen aus der Pandemie einen zusätzlichen Personalabbau.

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Große Autokonzerne wie Volkswagen und Daimler haben zwar die Rückkehr in die Gewinnzone geschafft. Doch gerade bei den vielen kleinen und mittelständischen Autozulieferern sieht die Situation ganz anders aus. Sie sind noch längst nicht über den Berg – und werden sich mit den Folgen der Pandemie noch viel länger beschäftigen müssen.

Kurzarbeit ist bei den meisten Autoherstellern kein Thema mehr, auch beim Auftragseingang gibt es positive Signale. Für die Autozulieferer kann hingegen von Entwarnung keine Rede sein. Bei knapp 60 Prozent der vom VDA befragten Unternehmen gilt weiterhin Kurzarbeit. Knapp die Hälfte der befragten Firmen hat angegeben, dass bis zu 24 Prozent der Mitarbeiter kurzarbeiten müssen. Bei einem Fünftel der Unternehmen liegt die Kapazitätsauslastung unterhalb von 75 Prozent.

Große Autokonzerne und mittelständische Zulieferer unterscheiden sich in einem wesentlichen Punkt: VW, BMW und Daimler erholen sich wegen ihres starken Auslandsgeschäfts viel schneller. Gerade die deutschen Autohersteller profitieren massiv von ihrer Präsenz in China, wo sich die Fahrzeugnachfrage nach dem Corona-bedingten Einbruch zu Jahresbeginn inzwischen wieder auf Normalniveau eingependelt hat. Kleinere Zulieferer sind viel stärker regional auf Deutschland und die Nachbarstaaten konzentriert.

Rückstand ist bis Jahresende nicht aufzuholen

Doch in Europa hat sich die Autofertigung längst nicht normalisiert. Nach Angaben des VDA liegt die Pkw-Produktion in Deutschland bis Ende Oktober etwa 30 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Dieser Rückstand ist bis zum Jahresende nicht mehr aufzuholen – mit entsprechenden Folgen für die Zulieferer. Außerdem haben die steigenden Covid-Infektionszahlen die Lage in Europa während der vergangenen Wochen noch einmal verschärft.

Dass die Hälfte der befragten Zulieferer wegen der Pandemie einen zusätzlichen Stellenabbau plant, ist eine Konsequenz der starken Rückgänge in der deutschen Fahrzeugproduktion. 43 Prozent der vom VDA befragten Unternehmen haben angegeben, dass sie zwischen fünf und zehn Prozent der Beschäftigten abbauen wollen. Bei 20 Prozent der Zulieferer sollen bis zu 15 Prozent der Mitarbeiter gehen.

Ein knappes Drittel der Firmen hatte schon vor dem Ausbruch der Pandemie eine Reduzierung der Belegschaft geplant. Als Gründe für die Streichungen gaben 27 Prozent eine allgemein schwächere Konjunktur an, 41 Prozent machten die eigene Kostensituation dafür verantwortlich. Die Corona-Pandemie hat die Zulieferer im Umbruch getroffen. Wegen des anstehenden Wandels der Branche durch Elektrifizierung und Digitalisierung waren etliche Unternehmen bereits unter Druck geraten. Corona kam als weiterer Belastungsfaktor noch dazu.

„Selten zuvor waren die Herausforderungen so groß“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller zu den Umfrageergebnissen. Die Zulieferer befänden sich mitten in der größten Transformation in der Geschichte der Automobilindustrie und müssten zugleich die Folgen der Pandemie bewältigen.

Nur ein Teil der Zulieferer profitiert davon, dass die Produktion von Elektroautos in den vergangenen Monaten stark zugenommen hat. Wie aus der VDA-Umfrage hervorgeht, können gut 40 Prozent der befragten Firmen an der Entwicklung hin zur Elektromobilität nicht partizipieren.

Entsprechend sind die Folgen bei der Liquiditätsausstattung der Zulieferer. 17 Prozent gaben an, dass ihnen keine ausreichenden Finanzierungsmöglichkeiten offenstünden. Das ist dasselbe Ergebnis wie im Juli, als der VDA seine rund 500 Zulieferer das letzte Mal befragt hatte.

Reserven für drei Monate

Deutlich mehr Unternehmen als im Sommer (22 statt 14 Prozent) fühlen sich durch die eigene Hausbank nicht ausreichend unterstützt. 13 Prozent der Firmen erwarteten, dass die eigenen Mittel gerade noch für drei Monate reichen. 38 Prozent hielten die Sofort- und Überbrückungshilfen des Staates für nicht ausreichend.

So manchem Zulieferer gelingt es doch, die Tür zu öffentlichen Hilfen aufzustoßen: Am Mittwoch meldete der Entwicklungsdienstleiter Edag, dass die staatseigene KfW einspringen wird. Für eine Laufzeit von zwei Jahren bekommt der Zulieferer von der Staatsbank einen Kredit über 60 Millionen Euro. Edag erhalte dadurch einen größeren Handlungsspielraum, finanzielle Stabilität und Flexibilität seien sichergestellt, so das Unternehmen.

Die Durststrecke für die Autozulieferer dürfte in wenigen Monaten nicht vorüber sein, sondern wahrscheinlich noch deutlich länger andauern. Erst wenn ein Impfstoff erfolgreich eingeführt worden ist, wird sich die Lage nachhaltig verbessern. „Spätestens ab dem Jahr 2023 erwarten wir spürbares Wachstum“, sagt etwa Frank Schwope, Automobilanalyst bei der NordLB in Hannover.

Für so manchen Zulieferer könnte das allerdings zu spät sein. VDA-Präsidentin Müller sieht deshalb keine Alternative dazu, dass der Staat in der aktuellen Situation einspringen muss. „Die geplanten Fördermittel und Unterstützungen aus dem bereits beschlossenen Konjunkturpaket müssen daher nun schnell fließen. Je nach der weiteren Entwicklung der Corona-Pandemie müssen gegebenenfalls sogar weitere Maßnahmen folgen“, fordert sie.