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Chef von Milliarden-VC warnt vor Startup-Winter: „Keine Phase, die in sechs Monaten vorbei ist”

Christian Leybold, Managing Partner bei Headline, sieht in der aktuelle Krise auch Gutes. - Copyright: Headline
Christian Leybold, Managing Partner bei Headline, sieht in der aktuelle Krise auch Gutes. - Copyright: Headline

Heute gab die Venture Capital Firma Headline (ehemals E.Venture) bekannt, drei neue Fonds mit insgesamt 917 Millionen Euro an den Start zu bringen. Die Summe allein lässt schon aufmerken - aber das Timing erstaunt schon sehr: Tech-Krise, Massenentlassungen, Venture-Winter - war da nicht was? Wir haben bei Christian Leybold, Mitgründer und General Partner von Headline, nachgefragt.

Christian, war es schwieriger als bei euren vorherigen Fonds, die LPs und Investoren zu überzeugen und diese Menge Geld einzusammeln?

Im Grunde gab es zwei Gruppen von Investoren: Die, die gesagt haben ‚Jetzt machen wir erstmal gar nichts‘, aber eben auch die mit der Devise ‚Jetzt erst recht. Ist doch ein super Zeitpunkt, um in die erste Klasse reinzugehen‘. Und unterm Strich haben wir für unsere neuen Fonds sowohl viele neue Investoren dazu gewonnen, also auch mehr als 100 Prozent der Investitionen unserer Bestandsinvestoren zurückbekommen.

Das heißt, es sind gar nicht unbedingt schwerere Zeiten als Investor?

Sagen wir so: Gehört dazu. Wir waren einfach in einer unglaublich langen Aufwärtsbewegung am Markt. Eine Anomalie, die durch günstiges Kapital getrieben wurde. Die Normalität sieht anders aus. Es gibt Aufs und Abs. Das ist ja auch das Schöne am Venture-Capital-Modell: Du hast ein langfristiges „alignment of interest“. Beide Seiten, Unternehmer und Investor, profitieren davon, wenn das Startup erfolgreich ist. Da darfst du aber halt bei Windstärke Drei nicht über Bord gehen, salopp gesagt. Es kommt auch mal ein bisschen Sturm.

Welche Windstärke haben wir aktuell? Wie stark ist die aktuelle Krise im Vergleich zu anderen, die ihr in eurer 23-jährigen Firmengeschichte miterlebt habt?

Das Gute vorweg: Unsere Erfahrung ist, dass in Krisenzeiten sehr gute Unternehmen gegründet werden, weil die Latte für die Gründung höher hängt. In diesen Zeiten zu raisen ist schwieriger. Du musst wirklich überzeugt sein, von dem was du tust, damit du die initialen Widrigkeiten der Gründung überwindest. Zugleich hast du aber auch weniger Wettbewerb und die Chance, bessere Leute einzustellen. Kurz gesagt: Die Zahl der Gründungen geht zurück. Ihre Qualität steigt aber durchaus. Was bei dieser Krise allerdings nicht so gut ist: Sie fühlt sich für mich mehr an wie die Krise von 2001 als die von 2008.

Wie meinst du das?

2008 hatten wir in unserer Branche einen sehr schnellen Rebound. Das war eher eine Krise, die den Finanzbereich betroffen hat, nicht so sehr die Portfoliofirmen. Jetzt ist es so: Durch die makroökonomischen Verschiebungen, die Zinsen und die Krisen der Welt, ist klar, dass die Kurse, die wir letztes Jahr hatten, nicht wiederkommen. Es wird erst mal eine relativ große Korrektur an den Börsen geben, die über die Zeit in den privaten Sektor diffundiert. Ich erinnere mich genau, wie man 2000 dieses langsame Abbröckeln der Kurse über anderthalb, zwei Jahre beobachten konnte.

Klingt düster.

Ich glaube, dass es wichtig ist, sich darauf einzustellen, dass das keine kurze Phase ist, die in sechs Monaten wieder vorbei ist, sondern dass sich die Parameter für Unternehmensbewertungen nachhaltig verändert haben. Für mich fühlt sich das jetzt schon nach einem grundlegenderen Reset an.

Obwohl wir in der vergangenen Zeit viel von neu aufgelegten Fonds berichtet haben.

Da wäre ich vorsichtig. Du hast da ja auch noch das Auslaufen der Commitments, die vergangenes Jahr schon gemacht wurden. Viele machen ja nicht wie wir einen Close, sondern mehrere. Die haben im Oktober vergangenen Jahres vielleicht schon 70 Prozent geholt, jetzt nur den Rest. Das sind oft Nachläufer, für die substanzielle Investment-Entscheidungen vor diesem harten Reset getroffen wurden.

Wenn du auf den vorigen Fonds schaust, wie anders war das Investmentklima da noch?

Ganz wichtig ist immer: You cannot time the market. Wir versuchen nicht, wenn es runter geht, ganz viel einzukaufen, und wenn wir denken, es ist teuer, zu sagen: Jetzt warten wir lieber ab. Wären wir so vorgegangen, hätte wir wahrscheinlich zu früh aufgehört zu investieren. Denn wir dachten ja schon seit einigen Jahren, da muss jetzt eine Korrektur kommen. Wir suchen stattdessen nach einer bestimmten Art von Firma und Unternehmer - und dafür zahlen wir den Marktpreis.

Aber ging das im vergangenen Jahr, in dem so ein Investitionsdruck zu herrschen schien? Uns erzählen Gründer, sich hätten sich vor Investorenanfragen kaum retten können.

Wie gesagt: Wir zahlen Marktpreise. Natürlich haben wir vergangenes Jahr sehr viele Transaktionen zu höheren Bewertungen gemacht, als wir das heute machen würden. Und zum Teil auch sehr viel schneller, weil wir wenig Zeit hatten. Der Wettbewerb war sehr, sehr intensiv. Dass das abnimmt, sehen wir jetzt schon deutlich. Die Zeiten eines Fundraising-Prozesses strecken sich wieder, die waren so komprimiert, dass man kaum Zeit hatte, sich mit den Firmen wirklich auseinander zu setzen. Das kam bisschen auch aus der Pandemie-Zoom-Logik.

Wie motivierst du jüngere Mitarbeiter, die noch keine Krisen mitgemacht und jetzt vielleicht verunsichert sind?

Für uns bei Headline ist ehrlich gesagt eine wunderbare Zeit. Wir haben einen neuen Fonds. Wir können investieren. Im vergangenen Jahr haben wir intern oft diskutiert: Sind wir nicht aggressiv genug? Jetzt zahlt sich das aus. Für Unternehmen ist ein Investor mit einer so stabilen Plattform, dieser Kapitalbasis, dieser Historie, diesem internationalen Setup, extrem attraktiv. Das Einzige ist, dass die Zyklen, um eine Firma von der Gründung bis zur Börse zu bringen, länger werden. Aber ehrlich gesagt unterscheidet das den richtigen Investor vom Trader. Wer sagt, ich will schnell rein und schnell wieder raus, der sollte beim Hedgefonds arbeiten. Meine Motivation und Freude als Investor ist es, mit Unternehmern zusammenzuarbeiten und eine Firma mit Substanz aufzubauen. Da ist es dann auch nicht so wichtig, ob das vier oder fünf oder sieben Jahre dauert. Da ist wichtig, dass es diese Firma in 20 Jahren noch gibt