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Carsharing-Experte: „Es beginnt ein Teufelskreis für die Autokonzerne“

Im deutschen Carsharing-Markt ist Ernüchterung eingetreten. Berylls-Mobilitätsexperte Jan Burgard erklärt, wie der Markt wieder anspringen könnte.

Der geschäftsführende Partner der Strategieberatung Berylls kennt den Carsharing-Markt genau. Foto: dpa
Der geschäftsführende Partner der Strategieberatung Berylls kennt den Carsharing-Markt genau. Foto: dpa

Jan Burgard ist geschäftsführender Partner der Strategieberatung Berylls und Experte für Mobilitätslösungen. Der Experte für die neue Mobilität beobachtet seit vielen Jahren den Markt und testet auch die Angebote selbst. Denn sein eigenes Auto hat er abgeschafft.

Wo steht das Carsharing in Deutschland heute?
Für alle Anbieter ist es eine zwiespältige Situation, denn Geld verdient keiner. Alle haben vor einigen Jahren ihre Angebote gestartet und begonnen, den Markt zu entwickeln. Die Prognosen deuteten auf großes Wachstum hin, da wollten alle dabei sein, auch die großen Autohersteller. Mittlerweile wird Carsharing nüchterner gesehen, das liegt nicht nur an Corona.

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Dabei haben die Kunden die neuen Angebote doch gut angenommen. Die Zahl der Nutzer ist enorm gewachsen ...
Zu Beginn ja. Doch ein großes Problem des Geschäftsmodells ist der Spagat zwischen der notwendigen Verfügbarkeit der Autos, den damit verbundenen Kosten und der Zahlungsbereitschaft der Nutzer. Kunden, die sich auf das Konzept zunächst eingelassen haben, störten sich schnell an der eingeschränkten Verfügbarkeit der Autos. Zusätzlich muss Sharing auf die verschiedenen Bedürfnisse besser eingehen: Manche Kunden brauchen die Autos nur für wenige Minuten, manche auch für mehrere Stunden oder Tage. Das konnten die Carsharer mit ihren unflexiblen Konzepten zunächst nicht bedienen.

Mittlerweile sind Tagesmieten möglich, das Geschäft ist dennoch kaum profitabel.
Ja, das Modell wurde dahingehend angepasst, Kunden nehmen diese Option gern an, die Profitabilität ist deutlich besser. Aber die Kostenpositionen wurden vielfach dennoch unterschätzt. Die Autos stehen am Abend oft nicht da, wo sie am nächsten Tag gebraucht werden, sie müssen dann umgeparkt werden. Hinzu kommt der intensive Verschleiß der Autos: Die Sitze und das Interieur verschleißen, die Lautsprecher gehen kaputt. Nach zwei Jahren Nutzung ist ein Auto aus dem Carsharing kaum noch zu vermarkten.

Ist das ein Grund, warum Autohersteller wie BMW und Daimler vorsichtiger geworden sind?
Allen fehlen mittlerweile die notwendigen Budgets und die Geduld. Die Autokonzerne haben entschieden, ihre Ressourcen vornehmlich in andere Projekte zu stecken – in die Entwicklung von Elektrofahrzeugen zum Beispiel. Das ist nah an ihrem Kerngeschäft, den Schwenk zu E-Modellen können sie im Gegensatz zu den Mobilitätsdiensten kalkulieren. Da beginnt ein Teufelskreis: Je weniger ich in die Flotte investiere, desto weniger Autos habe ich auf der Straße, desto weniger attraktiv sind meine Angebote.

Wie sähe ein Ausweg aus?
Eine Möglichkeit wäre es, andere Geschäftsmodelle zu integrieren, beispielsweise die Flotte für das Ausfahren von Essen oder Paketen zu nutzen. Für die Autohersteller ergibt es Sinn, sich zu öffnen und andere Automarken aufzunehmen. Bei Share now ist mit Fiat ein Anfang gemacht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, Franchise-Modelle anzubieten, sodass externe Partner als Betreiber auftreten. Das entstandene Know-how ist durchaus wertvoll.

Wie sieht der Markt in fünf Jahren aus?
Der Trend, für Mobilität und nicht mehr für Autos zu bezahlen, wird wachsen. Bislang gibt es kaum Angebote, die Carsharing, Tagesmiete und Leasingmodelle intelligent und gebührentransparent verbinden. Nach der Corona-Pandemie wird der Markt aber neu angegangen. Dann ist die Frage, wer bereit ist auch mit Risiko zu investieren. Möglicherweise kommen große Spieler wie Uber verstärkt auf den europäischen Markt. Sie können und müssen den Kapitalmarkt anzapfen und hätten dann ganz andere Ressourcen, das Geschäft neu aufzuziehen.