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Bundestag verabschiedet kräftige Aufstockung des „Meister-Bafögs“

Berufstätige in der Fortbildung können ab August mehr Beihilfen beziehen. Es fehlt jedoch eine Werbekampagne – und eine schnellere Bearbeitung vor Ort.

Die Bundesregierung will berufliche Fortbildungen als alternative zum Studium attraktiver machen. Foto: dpa
Die Bundesregierung will berufliche Fortbildungen als alternative zum Studium attraktiver machen. Foto: dpa

Es war eine weitgehend unbemerkte Großtat der zuletzt umstrittenen Bundesbildungsministerin. Während die CDU nach neuer Führung sucht, hat der Bundestag ohne Änderungen Anja Karliczeks (CDU) Novelle der Aufstiegs-Fortbildungsförderung (AFBG) – auch „Meister-Bafög“ genannt – auf den Weg gebracht, die im August in Kraft tritt.

Die bessere Unterstützung Berufstätiger, die einen Meister, Fachwirt oder Techniker erwerben wollen, soll den beruflichen Aufstieg – als Alternative zum Studium – attraktiver machen und so den Fachkräftemangel bekämpfen. Wirtschaft und Opposition zeigen sich erfreut – melden aber schon neue Forderungen an.

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Nun müsse das Meister-Bafög endlich auch bekannter gemacht werden, fordern die GroKo-Fraktionen in einem Entschließungsantrag. „Neben Print-Materialien sind dabei auch digitale Informationswege mit einzubeziehen“, empfehlen die Abgeordneten dem Ministerium süffisant.

Die Wirtschaft verlangt vor allem „einheitliche Anwendung und Auslegung der Förderkriterien auf Länderebene“, heißt es bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Denn hier gebe es bisher „große und in der Sache nicht begründete Unterschiede“.

Damit das neue Aufstiegs-BAföG „möglichst große Wirkung auf die Fachkräftesicherung entfaltet, sind zeitgemäße digitale und schnelle Zugänge zu den Verwaltungsverfahren wichtig“, mahnt DIHK-Vize Achim Dercks. Auch er sieht hier die Länder gefordert: Die Evaluation des AFBG müsse daher auch den Verwaltungsvollzug einschließen. Die Entscheidung darüber, welche Maßnahme gefördert wird, sei bisher regional unterschiedlich ausgelegt worden, monieren die Arbeitgeber. Auch bei der Zuständigkeit für die Anträge auf Meister-Bafög gebe es große Unterschiede vor Ort, die Bearbeitungszeiten seien mitunter „deutlich zu lang“.

Praktiker vor Ort äußern sich klarer: So gebe es etwa in NRW weit weniger Anlaufstellen für Interessenten an AFBG-Förderung als im kleineren Baden-Württemberg. Und es gebe Fälle, bei denen die Antragsbearbeitung bis zu neun Monaten dauere, heißt es hinter vorgehaltener Hand.

100 Prozent Zuschuss für Fachkräfte in Weiterbildung

Inhaltlich sind DIHK, Handwerk und Arbeitgeber jedoch hochzufrieden. Finanziell lockt die größte Verbesserung bei der Hilfe zum Lebensunterhalt: Hier wird der Zuschuss für Fachkräfte, die sich in Vollzeit fortbilden, von 50 auf 100 Prozent erhöht. Der Höchstsatz betrug zuletzt knapp 1000 Euro. Der Zuschuss für die Kosten von Lehrgängen und Prüfungen steigt von 40 auf 50 Prozent. Eine komplette Erstattung winkt Unternehmensgründern. Damit wolle man signalisieren, „dass Weiterbildung und die Übernahme von wirtschaftlicher Verantwortung ausdrücklich erwünscht sind“, heißt es im Entschließungsantrag der Koalitions-Fraktionen.

Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer sieht das als wertvollen Beitrag: So werde vermieden, dass Jung- oder Neuunternehmer Investitionen nicht tätigen, weil sie noch Darlehen für die Weiterbildung abbezahlen müssen. Während der Debatte über die Reform hatte Wollseifer noch gefordert, der Staat müsse die gesamten Kosten für Kurse und Prüfungen übernehmen – „schließlich sind in Deutschland auch Studium und Universitätsprüfungen kostenlos“.

Daneben sind künftig insgesamt bis zu drei Fortbildungen möglich – bis hin zum Master-Niveau. Ein Geselle kann nun beispielsweise Unterstützung bei der Fortbildung zum Kfz-Servicetechniker erhalten, dann zum Meister und ein drittes Mal zum ‚Betriebswirt im Handwerk‘, der dem Master-Abschluss entspricht.

Im Ausnahmefall ist auch die Förderung mehrerer Kurse auf einer Stufe drin, also etwa der Zimmerer-Meisterkurs für den Dachdecker-Meister. Hier müsse die Förderung allerdings einfacher sein, moniert die FDP: „Die moderne Arbeitswelt braucht kein Silodenken, sondern interdisziplinäre Bildungswege“, sagt deren Berufsbildungsspezialist Jens Brandenburg. Daneben werden auch für die unterste Stufe, die Berufsausbildung, Zuschüsse möglich, etwa um Studienabbrechern den Sprung in eine Lehre zu erleichtern.

Kritik von Grünen und der FDP

Seit 1996 existiert das AFBG. 2013/14 erreichte die Zahl der Förderfälle mit 171.000 einen Höchststand, seitdem ist sie wieder gesunken. Die Regierung hofft, die Zahl der Geförderten pro Jahr nun mittelfristig um 17.000 steigern zu können.

Bei der Hilfe für Teilzeit-Fortbildungen habe die GroKo jedoch eine Chance verpasst, kritisieren FDP und Grüne und fordern auch hier einen Unterhaltszuschuss. Das wäre ein „erster überfälliger Schritt für bessere Vereinbarkeit von Familie, Job und Fortbildung“, sagt die Grünen-Ausbildungsexpertin Beate Walter-Rosenheimer. Denn „wer als Geselle oder Kauffrau eine Familie zu ernähren hat, kann nicht einfach auf die Hälfte des Einkommens verzichten“, erklärt der Liberale Brandenburg.

Unklar ist noch, inwieweit Erzieherinnen vom neuen AFBG profitieren können. Familienministerin Franziska Giffey (SPD) hatte die Reform zwar als „großen Schritt in die richtige Richtung“ gelobt: Denn auch Erzieherinnen-Azubis könnten nun bis zu 1597 Euro Unterhaltsförderung monatlich erhalten, die sie nicht zurückzahlen müssten. Das sei ein „Riesenfortschritt“ und werde hoffentlich mehr Menschen in den Beruf locken.

Aktuell erhalten von insgesamt gut 66.000 angehenden Erzieherinnen rund 28.000 Aufstiegs-Bafög. Vielfach ist das aber nicht möglich, weil die Ausbildungsordnungen, die in den Bundesländern unterschiedlich sind, dem entgegenstehen. Auf Druck der SPD soll nun eine neue Bund-Länder-Arbeitsgruppe für eine Vereinheitlichung und Anpassung sorgen, sodass künftig möglichst alle Erzieherinnen, die den Beruf in Vollzeit erlernen, förderfähig sind.

Mehr: Mehr „Meister-Bafög“: Reform sieht Verbesserungen auf breiter Front vor.