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BMW im Bilanzcheck: Freude am Sparen

Der Autokonzern fährt mit einem großen finanziellen Polster in die Krise. Doch schon vor Corona hat BMW an Ertragskraft eingebüßt.

Wenn BMW am 14. Mai zur Hauptversammlung lädt, dann ist vieles anders als sonst. Erstmals treffen sich die Anteilseigner nicht in der Olympiahalle, sondern im Internet. Und anders als in vielen Vorjahren gibt es auch keine Rekorde mehr zu feiern. „Die Situation bleibt ernst“, sagte Vorstandschef Oliver Zipse mit Blick auf die Coronakrise, die BMW seit Mitte März in Europa und den USA lahmgelegt. Noch ist der Schaden des monatelangen Stillstands nicht abzusehen.

20 Prozent betrug der Absatzeinbruch im ersten Quartal 2020, das zweite Quartal dürfte noch schlimmer werden. Allein im April lagen die weltweiten Verkäufe um 44 Prozent unter Vorjahr. „Wir bereiten uns darauf vor, dass unser Geschäft noch lange beeinträchtigt sein wird“, sagte Zipse Anfang Mai.

Vorerst hofft BMW auf ein Ende der Talfahrt im Sommer. Aber selbst dann bleibt nur ein Jahresgewinn vor Steuern „deutlich unter dem Niveau des Vorjahrs“, wie der CEO warnt. 2019 war diese Kennzahl bereits um 26 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro gesunken. Bestenfalls werde die Rendite im Autogeschäft 2020 zwischen null und drei Prozent liegen.

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Zipse fährt einen rigiden Sparkurs. So werden die Investitionen um ein Drittel und damit unter vier Milliarden Euro gedrückt. Frei werdende Stellen werden nicht mehr besetzt. Für die weltweit 126.000 Beschäftigten mangelt es an Arbeit: Allein in Deutschland waren im April 30.000 Menschen in Kurzarbeit.

Die Coronakrise erwischte ein Unternehmen, das unter Volldampf fuhr. 2019 erzielte der Konzern erstmals mehr als 100 Milliarden Euro Umsatz, das sind gut sieben Milliarden mehr als 2018. Dominierend ist die Autosparte mit ihren drei Marken BMW, Mini und Rolls-Royce, die ihren Absatz insgesamt um 2,2 Prozent steigern konnten.

Damit hat sich die BMW Group vom weltweiten Automarkt abgesetzt, der 2019 um vier Prozent sank. Möglich machte das die Modelloffensive: Zwischen 2018 und 2020 wurden rund 60 Prozent der Modellpalette erneuert. Das wesentlich kleinere Segment Motorräder konnte seine Erlöse um neun Prozent steigern, und das Segment Finanzdienstleistungen, das im Wesentlichen über Leasing und Kredite den Absatz finanziert, war mit fast sieben Prozent im Plus. BMW gelang es also in allen Geschäftsbereichen, seine Marktanteile auszubauen.

Alle Bereiche leiden

Dennoch: Fast alle Erfolgsgrößen haben sich von 2018 auf 2019 deutlich verschlechtert. In der dominierenden Autosparte sackte das operative Ergebnis von knapp sieben auf nur noch 4,4 Milliarden Euro. Die operative Rendite im Autogeschäft, die eigentlich acht Prozent erreichen soll, liegt nur noch bei 4,9 Prozent.

Dieser Ergebniseinbruch im Kerngeschäft lässt sich auch nicht über das Finanzergebnis kompensieren, indem BMW seine Gewinne aus den chinesischen Joint Ventures verbucht. Unter dem Strich sackte das Konzernergebnis um 29 Prozent auf fünf Milliarden Euro. Die Umsatzrendite vor Steuern verschlechterte sich um drei Basispunkte auf nur noch 6,8 Prozent.

Wichtigster Grund für den Ergebniseinbruch ist eine Rückstellung über 1,4 Milliarden Euro, die BMW im ersten Quartal wegen einer drohenden EU-Kartellstrafe im Autogeschäft gebildet hat. Die Münchener sollen gemeinsam mit VW und Daimler ‧illegale Absprachen zum Einsatz von Abgasfiltern getroffen haben. Der Free Cashflow im Autogeschäft, also der Saldo der Zahlungsströme, ist auf 2,5 Milliarden Euro abgesackt. 2016 war der Wert noch mehr als doppelt so hoch. Der Konzern steuert bereits gegen: Ein Effizienzprogramm soll über Einsparungen bei Material, ‧Entwicklung, Personal sowie über die Einführung neuer Modelle bis 2022 zwölf Milliarden Euro freispielen.

Eine weitere nicht operative Belastung steckt im Finanzergebnis, das 2019 ins Negative abrutschte. Im Februar 2019 führte BMW seine Mobilitätsdienste mit Daimler zusammen und gründete die „Your Now“-Muttergesellschaft in Berlin. Doch das Geschäft mit Carsharing, Taxi- und Fahrtenvermittlung produzierte 662 Millionen Euro Verluste. Zipse hat bereits reagiert und die Entscheidungen seines Vorgängers teilweise rückgängig gemacht. „Your Now“ hat das Carsharing in Nordamerika und zahlreichen europäischen Städten eingestellt.

Hohe Margen in der Oberklasse

Der Autobau soll wieder stärker im Vordergrund stehen. BMW verschiebt seine Modellpalette in drei Richtungen: mehr Luxus, mehr SUVs und mehr elektrische Antriebe. Im Luxussegment hat BMW erstmals die 8er-Reihe wieder aktiviert, 2019 wurde das Riesen-SUV-X7 in den Markt gebracht. Insgesamt will BMW seinen Absatz in der Luxusklasse zwischen 2018 und 2020 von 65.000 auf 140.000 Autos verdoppeln.

Angesichts von kolportierten Margen jenseits von 20 Prozent für einen X7 ist dies eine kaufmännisch sinnvolle Entscheidung. 2019 war BMW mit seinem Plan jedenfalls auf Kurs: Der X7 verkaufte sich aus dem Stand knapp 40.000-mal.

In der Mittelklasse setzt BMW den Schwenk zum Geländewagen fort: Die SUV-Modelle X2 bis X5 liegen mit zweistelligen Zuwachsraten im Plus, während die klassischen Limousinen und Kombis der 3er- und 5er-Reihe an Bedeutung verlieren. Die SUVs bringen tendenziell mehr Geld, sind aber im Schnitt auch verbrauchsstärker. Um die Klimaziele in der EU nicht zu gefährden, muss BMW deutlich mehr Autos mit Elektro- oder Hybridantrieben in den Markt bringen.

Das ist 2019 nicht gelungen: Zwar stieg der Absatz des seit 2013 eingeführten i3 um 13 Prozent auf gut 42.000 Stück, auch Mini konnte elektrisch zulegen. Da die Zahl der verkauften BMW-Hybride aber gleichzeitig sank, stagnierte die Elektrifizierung 2019. Über alle Marken wurden 146.000 Autos als Hybrid oder mit Batterieantrieb verkauft.

Dementsprechend sinkt der für die EU-Kommission entscheidende C02-Wert für die Neuwagenflotte kaum. 2019 lag der Wert bei 128 Gramm, das ist ein Gramm weniger als im Vorjahr. BMW muss bis 2021 dieses Ergebnis um rund 20 Prozent reduzieren, sonst drohen empfindliche Strafen. Zwar sind für dieses und für das kommende Jahr zahlreiche neue Elektromodelle wie der iX3, der i4 und der iNext angekündigt, doch die Entwicklung ist teuer.

So sind die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zwar um gut 400 Millionen Euro gesunken, lagen aber mit 6,41 Milliarden Euro immer noch deutlich über dem langjährigen Mittel. Und auch Währungseffekte sowie gestiegene Rohstoffpreise beispielsweise für Palladium schlugen deutlich zu Buche. Mit 86 Milliarden Euro haben sich die Herstellkosten gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht – und damit einen Teil der zusätzlichen Verkaufserfolge wieder aufgezehrt.

Das beste Rating aller Autohersteller

Am schnellsten wächst bei BMW das Segment Finanzdienstleistungen. Der Konzern hat das beste Rating aller europäischen Autohersteller und nutzt seinen guten Leumund am Kapitalmarkt, um sich günstig zu refinanzieren. 2019 stieg das bilanzielle Geschäftsvolumen um 7,3 Prozent auf 142 Milliarden Euro. Die hauseigene Bank finanziert mittlerweile 52,2 Prozent aller verkauften Neufahrzeuge. Das ist lukrativ: Mit einem Ergebnis vor Steuern von 2,2 Milliarden Euro stammt mittlerweile rund ein Drittel des Gewinns aus Finanzierungsgeschäften.

Doch je mehr der Konzern seinen Kunden das Geld für den Autokauf vorstreckt, desto größer werden die Risiken. Lag die Ausfallrate auf das Kreditportfolio 2019 mit 0,26 Prozent noch sehr niedrig, so wächst das Risiko 2020 sprunghaft an. Insbesondere in den USA droht eine Blase bei Autokrediten zu platzen. Bereits im ersten Quartal 2020 musste BMW einen niedrigen dreistelligen Millionenbetrag zurücklegen. Da vor allem in den USA viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren und ihre Kredite nicht mehr bedienen können, drohen dem Konzern Milliardenrisiken in den kommenden Monaten.

Trotz der Krise hält BMW an der geplanten Dividendenauszahlung für 2019 fest. Dafür schlägt der Vorstand 2,50 Euro je Stammaktie vor, das entspricht einer Ausschüttungssumme von 1,64 Milliarden Euro und einer Ausschüttungsquote von 32,8 Prozent. In Summe bekommen die Aktionäre damit 650 Millionen Euro beziehungsweise einen Euro weniger als für das Jahr 2018. Mit rund 800 Millionen Euro sind die Familien Quandt und Klatten die größten Nutznießer der Dividende, sie halten knapp die Hälfte der BMW-Anteile.

Der Vorstand hält an der Ausschüttung fest, um die Aktionäre auch jenseits der Großaktionäre bei Laune zu halten. Seit Jahren ist BMW einer der größten Underperformer im Dax. Leisten kann sich der Konzern die Zahlungen allemal: Die Netto-Liquidität betrug Ende 2019 17,42 Milliarden Euro, zum Ende des ersten Quartals lag der Wert bei 19 Milliarden.