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Berliner Finanzfiasko löst Schadenfreude in Melonis Italien aus

(Bloomberg) -- Man mag es der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni nachsehen, wenn sie in dieser Woche beim Blick auf das deutsche Haushaltsdebakel ein wenig Schadenfreude empfindet.

Weitere Artikel von Bloomberg auf Deutsch:

Eine Reihe von guten Nachrichten für Roms Haushalt fällt mit der Krise zusammen, die die Ampelkoalition von Bundeskanzler Olaf Scholz gerade in Berlin erschüttert, nachdem das vernichtende Urteil des Bundesverfassungsgerichts deren Finanzierungspläne in Frage gestellt hat.

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Italiener, die der deutschen Belehrungen über Haushaltsdisziplin überdrüssig sind, empfinden ein gewisses Amüsement, auch wenn beim Besuch Melonis bei Scholz am heutigen Mittwoch wohl die Diplomatie die Oberhand behalten wird.

“Ich gebe es zu — ich konnte nicht anders, als mich bestätigt zu fühlen”, sagte Carlo Alberto Carnevale Maffe, Professor für Wirtschaft an der Mailänder Bocconi-Universität. “Auch Deutsche machen Fehler.”

Italien, das lange Zeit als Synonym für politisches Chaos galt, erfreut sich einer relativen Stabilität, da die postfaschistische Regierungschefin in Rom ihre zerstrittene Koalition auf Kurs hält. Obwohl Melonis Regierung teure Versprechen an die Wähler erfüllt hat, steht sie nicht mehr am Rande eines Ramsch-Ratings, und die Minister haben gerade durch den Verkauf eines Anteils an der mehrfach geretteten einstigen Skandalbank Monte Paschi Kasse gemacht.

Der Kontrast zu Deutschland ist frappierend, denn Scholz’ Koalition steckt in einer beispiellosen Krise. Eine Ausgabensperre ist in Kraft, nachdem ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe der Berliner Haushaltsstrategie, Ausgaben aus Sondervermögen außerhalb des Bundeshaushalts zu tätigen, die Grundlage entzogen hat.

Die deutsche Konjunkturflaute nach dem Wegfall billigen russischen Erdgases und und des Einbruchs der Nachfrage aus China erinnert an frühere Zeiten, als das Land den Ruf des “kranken Mannes” in Europa hatte. Die EU-Prognosen der vergangenen Woche haben bestätigt, dass sich ein Aspekt davon bewahrheiten könnte: Dieses Jahr wird wahrscheinlich das erste seit 2003 sein, in dem die italienische Wirtschaft wächst und die deutsche nicht. Nicht zuletzt wegen des von China ausgehenden Rückgangs der weltweiten Nachfrage geht die Bundesbank davon aus, dass wohl eine Rezession im Gange ist.

Die Ironie der Berliner Haushaltskrise besteht darin, dass das deutsche Wachstum längerfristig beeinträchtigt sein dürfte, während Italien dank der vor allem von Deutschland finanzierten EU-Konjunkturprogramme von einer Reihe von Investitionen profitiert, die das Wachstum im nächsten Jahr ankurbeln werden.

Erik Nielsen, Chefvolkswirt bei Unicredit, bezeichnete das Gerichtsurteil als “Katastrophe”, die die Regierung zu harten Entscheidungen zwingen werde, um das Defizit zu reduzieren.

“Sie werden nicht einfach die Renten kürzen und sie können auch nicht von heute auf morgen Leute im öffentlichen Dienst entlassen”, sagte er Bloomberg TV. “Sie werden Dinge kürzen, die sie kürzen können, und das sind Investitionen. Das wird langfristig negative Auswirkungen haben.”

Die Gegensätze zwischen den beiden Ländern in dieser Woche erinnern an ihre schwierige Beziehung in den vergangenen Jahrzehnten. In den 1990er Jahren sträubten sich deutsche Regierungsvertreter gegen einen Beitritt Italiens zum Euro, weil sie befürchteten, dass die schwachen öffentlichen Finanzen und die Inflationstoleranz des Landes die junge Währung untergraben würden.

Die Gefahr, dass die neu gewählte populistische Regierung Meloni in Rom es wagen könnte, die Haushaltslage des Landes zu strapazieren, hielt Italien in diesem Jahr unter der Beobachtung der Anleger, nicht zuletzt weil die Wirtschaftsentwicklung hinter den Prognosen zurückblieb.

Meloni legte im September einen üppigeren Haushalt vor, um ihre Wahlversprechen einzulösen, und der Risikoaufschlag italienischer Anleiherenditen gegenüber denen Deutschlands weitete sich zum ersten Mal seit Januar auf 210 Punkte aus.

Im vergangenen Monat behielten jedoch mehrere Ratingagenturen ihre stabile Bewertung des Landes bei. Vor allem Moody’s Investors Service, die Italien noch kurz vor der Wahl Melonis an den Rand des Ramschstatus gerückt hatte, hob letzte Woche den Ausblick auf stabil an.

Nachdem der Spread am Dienstag zeitweise sogar unter 170 Punkte gefallen war, vollzog die Regierung den seit Jahren geplanten Verkauf eines Anteils an der Banca Monte Paschi di Siena SpA im Wert von 920 Millionen Euro.

Trotz der jüngsten Erfolge Melonis bleibt Italien eine Wirtschaft, die dringend saniert werden muss. Die Verschuldung ist mit rund 140% des Bruttoinlandsprodukts nach Griechenland die zweithöchste in der Eurozone, und das Haushaltsdefizit liegt immer noch weit über der EU-Obergrenze von 3%.

Es ist die Solidität der deutschen Staatsfinanzen — die Schuldenlast ist weniger als halb so hoch wie die Italiens —, die das Vertrauen in die Fähigkeit der Region, Schocks zu überstehen, untermauert.

Italien wurde am Dienstag zusammen mit Deutschland von der Europäischen Kommission gerügt, die haushaltspolitischen Vorgaben der EU nicht vollständig einzuhalten. Frankreich läuft Gefahr, die Regeln in Gänze zu missachten.

Italiens Politiker mögen sich darüber gefreut haben, einmal nicht das Schlusslicht zu sein, aber Brüssel hält die grundsätzliche Lage des Landes nach wie vor für schwierig.

“Wenn wir uns die Staatsfinanzen ansehen, haben wir noch einen langen Weg vor uns”, sagte Carnevale Maffe von der Bocconi-Universität. “Wir dürfen auch unsere eigenen Fehler nicht vergessen. Wir sind noch nicht über den Berg.”

Überschrift des Artikels im Original:Meloni’s Italy Tastes Schadenfreude Over German Fiscal Fiasco

--Mit Hilfe von Francine Lacqua, Christoph Rauwald und Chiara Albanese.

©2023 Bloomberg L.P.