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Gewinnwarnung: Die Corona-Pandemie wirft Bayer zurück – Aktie bricht ein

Das Agrargeschäft mit Monsanto wird vom Treiber zur Bremse. Nun spart der Konzern noch mehr. Investoren lassen die Bayer-Aktie fallen.

Noch im April, als die Corona-Pandemie in der ersten Welle über Europa rollte, da erschien der Bayer-Konzern wie ein Fels in der Brandung. Das Medizingeschäft lief auf Hochtouren, die Gesundheitsexperten des Konzerns waren gefordert und das Geschäft mit Saatgut und Pflanzenschutzmitteln zeigte sich widerstandsfähig in der Coronakrise.

Jetzt hat sich das Bild gewandelt. Auch Bayer wird mehr und mehr von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erfasst. Das gilt vor allem für die Agrarsparte Crop Science, die vor zwei Jahren mit dem 63,5 Milliarden Dollar teuren Kauf von Monsanto verstärkt wurde. Am Mittwochabend gestanden die Leverkusener ein, dass die Coronakrise das Geschäft bis weit ins kommende Jahr belasten wird. 2021 wird bestenfalls ein stagnierender Umsatz erwartet, das Ergebnis pro Aktie könnte sogar leicht unter Vorjahr liegen.

Nach dieser Gewinnwarnung erlebte Bayer am Donnerstag ein Debakel an der Börse. Der Aktienkurs brach um zehn Prozent auf knapp 48 Euro ein und näherte sich dem Tiefstand, den er Mitte März nach Verkündung des Lockdowns erreicht hatte. Analysten kündigten an, die Prognosen für Gewinne und Dividenden bei Bayer für die kommenden Jahre nach unten zu schrauben.

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Das langfristige Wachstum werde geringer ausfallen als gedacht, kommentierte HSBC-Analyst Stephen McGarry und senkte das Kursziel von 79 auf 59 Euro. Andere Bankexperten zeigten sich ebenfalls überrascht von Bayers Ankündigung, behielten aber ihre Kaufempfehlungen vorerst bei.

Fondsmanager werten die Ankündigung als sehr negativ für den Konzern. „Die Gewinnwarnung für nächstes Jahr ist ein deutlicher Rückschlag für Bayer und das Management“, sagte Markus Manns von Union Investment. „Wahrscheinlich werden über kurz oder lang wieder die Themen Aufspaltung des Konzerns und Managementwechsel zur Diskussion stehen.“

Manns spielt damit auf die miserable Wertentwicklung von Bayer an. Der Konzern ist auf dem aktuellen Kursniveau an der Börse nur noch 52 Milliarden Euro wert und damit nur noch halb so viel wie vor der Übernahme von Monsanto.

Investoren hatten auf einen Befreiungsschlag durch den Ende Juni beschlossenen milliardenschweren Vergleich mit den Glyphosatklägern in den USA gehofft. Der aber ist bisher an der Börse ausgeblieben. Nun kommen im Agrargeschäft die schwachen operativen Aussichten als Belastung hinzu.

Für Bayer-Vorstandschef Werner Baumann ergibt sich daraus eine schwierige Situation. Er steht für die Monsanto-Übernahme und hatte blühende Agrargeschäfte in Aussicht gestellt, die den gesamten Konzern treiben sollten. Ein Austausch an der Bayer-Spitze ist allerdings nicht absehbar, denn der Aufsichtsrat hat vor wenigen Wochen erst den Vertrag mit Baumann bis 2024 verlängert. Er hat den Auftrag, die Monsanto-Übernahme und die Neuausrichtung der Organisation zum Erfolg zu führen und seinem Nachfolger ein aufgeräumtes Haus zu übergeben.

Das Management reagiert auf die mauen Marktaussichten mit einem neuen Sparprogramm, das auch einen weiteren Stellenabbau und den Verkauf einzelner Geschäfte einschließen könnte. Bayer will alle Kräfte bündeln, um genug finanzielle Kraft für Investitionen, Schuldenabbau und die ausstehenden Milliardenzahlungen an die Glyphosat-Kläger in den USA zu haben.

All das wollte Bayer bisherigen Planungen zufolge vor allem mithilfe eines florierenden Agrargeschäfts nach der Übernahme von Monsanto finanzieren. Doch die Pandemie macht das Landwirtschaftsgeschäft vom erhofften Treiber zur Bremse. „Die direkten und indirekten Auswirkungen der Pandemie auf das Crop-Science-Geschäft werden tief greifender sein als zunächst erwartet“, teilte der Konzern mit.

Die Wachstumsaussichten haben sich deutlich verschlechtert. Die Preise für wichtiges Saatgut sinken ebenso wie der Verbrauch von Biokraftstoffen, der zu einem geringeren Bedarf an Nutzpflanzen führt. Bayer rechnet da nicht mit einer schnellen Erholung. Dazu kommen teils massive negative Währungseffekte, vor allem in Brasilien, wo das Agrargeschäft von Bayer eine starke Position bei den Landwirten hat.

Hohe Abschreibungen im Agrargeschäft

All das zwingt Bayer zu einer Neubewertung der Vermögenswerte im Agrargeschäft mit der Folge, dass Sonderabschreibungen im mittleren bis oberen einstelligen Milliarden-Euro-Bereich anstehen. Die sind zwar nicht zahlungswirksam, aber bitter: Schließlich hat der Konzern 63,5 Milliarden Dollar für Monsanto bezahlt und diesen Preis mit der hohen Werthaltigkeit sowie starken Beiträgen zu Gewinn und Cashflow begründet.

Jetzt muss Bayer die Erwartungen anpassen und den erhofften starken Mittelzufluss zeitlich nach hinten verschieben. 2021 werde der Cashflow im Konzern voraussichtlich niedriger ausfallen als geplant, teilte Bayer mit. Diese Kennziffer ist für Bayer aber sehr wichtig: Aus dem freien Cashflow sollten in den nächsten Jahren eigentlich Schuldenabbau, Dividendenzahlungen und auch die milliardenhohen Kosten des außergerichtlichen Vergleichs mit den Glyphosat-Klägern in den USA gestemmt werden.

An den Ausgaben für den Glyphosat-Rechtsstreit wird Bayer nicht drehen können – im Gegenteil: Die Regelung zum Umgang mit künftigen Klagen ist noch immer nicht unter Dach und Fach und könnte für den Konzern noch teurer werden als die bisher veranschlagten 1,25 Milliarden Dollar. Insgesamt wird Bayer der Glyphosat-Rechtsstreit nach bisherigen Zahlen bereits mehr als elf Milliarden Dollar kosten. Bisher ist erst die Hälfte davon in der Bilanz verbucht.

Baumann wurde in den vergangenen Monaten schnell klar, dass er andere Einsparquellen suchen muss, wenn der Konzern auch in der Krise mit einem geringen Cashflow als erwartet handlungsfähig bleiben will. Eine kräftige Senkung der Ausschüttung an die Aktionäre wäre ein Hebel – allerdings ein heikler. Der Konzern will die Investoren nicht vor den Kopf stoßen, die angesichts der weiterhin schwachen Aktienkursentwicklung ohnehin sauer sind.

Bayer will seine erklärte Dividendenpolitik beibehalten, nach der jedes Jahr 30 bis 40 Prozent des bereinigten Ergebnisses je Aktie an die Aktionäre ausgeschüttet werden. Allerdings wird diese Summe in den kommenden Jahren am unteren Ende dieses Korridors erwartet und nicht am oberen Ende wie in den vergangenen Jahren.

Weiterer Stellenabbau möglich

Um die Finanzkraft zu stärken, will der Vorstand nun noch tiefer in die Strukturen der Konzernorganisation eingreifen. Aktuell steckt Bayer noch mitten in dem im vergangenen Jahr angekündigten Sparprogramm, das den Abbau von rund 12.000 der mehr als 100.000 Arbeitsplätze vorsieht. Es soll ab 2022 einen Ergebnisbeitrag von 2,6 Milliarden Euro jährlich bringen.

Jetzt soll ein neues Sparprogramm kommen, das ab 2024 die Kosten um weitere 1,5 Milliarden Euro senken soll. Bayer schließt einen zusätzlichen Stellenabbau nicht aus. Es ist angesichts der geplanten Einsparsumme auch wahrscheinlich, dass es dazu kommen wird. Das Management dürfte dabei wieder auf freiwilliges Ausscheiden mit hohen Abfindungen setzen. Denn der mit dem Betriebsrat vereinbarte Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2025 soll unverändert beibehalten werden.

„Wir müssen unsere Kostenstrukturen an die veränderten Marktbedingungen anpassen und gleichzeitig Mittel für weitere Investitionen in Innovation und Wachstum bereitstellen“, sagte Baumann. Dazu könnten auch weitere Verkäufe einzelner nichtstrategischer Geschäfte oder Marken beitragen. Die drei Divisionen Pharma, Crop Science und Consumer Health (verschreibungsfreie Arzneien) sollen aber strukturell beibehalten werden.

Von den zusätzlichen Einsparungen sollen alle drei Sparten profitieren, wie Baumann verspricht. Für das zentrale Pharmageschäft könnte dies eine weitere notwendige externe Verstärkung bedeuten, denn bis Mitte des Jahrzehnts laufen Patente wichtiger Bayer-Arzneien aus – allen voran beim seit Jahren florierenden Umsatztreiber, dem Gerinnungshemmer Xarelto.

Die Pharmadivision soll nun im kommenden Jahr die Rolle einnehmen, die eigentlich der Agrarsparte zugedacht war: nämlich als Wachstumstreiber. In diesem Jahr wird das Pharmageschäft unterm Strich auch von der Pandemie gebremst, weil viele Therapien und Operationen in Krankenhäusern stark eingeschränkt waren und noch immer sind.

Immerhin: Die Aussichten für 2020 hat Bayer nach der im Sommer erfolgten leichten Korrektur nach unten nicht noch weiter gesenkt. Der Konzern erwartet einen leichten Umsatzzuwachs um ein Prozent auf 43 bis 44 Milliarden Euro. Der bereinigte operative Gewinn vor Abschreibungen und Sondereinflüssen (Ebitda) soll etwa 12,1 Milliarden Euro erreichen anstatt wie zuvor geplant 12,3 bis 12,6 Milliarden Euro.

Zur Stabilität dürfte die Division Consumer Health mit verschreibungsfreien Arzneien wie Aspirin beigetragen haben. Sie hat sich aus der Krise der vergangenen Jahre herausgearbeitet und soll nach dem Willen der Bayer-Führung in den kommenden Jahren schneller wachsen als vergleichbare Wettbewerber. Mittlerweile kann sich Bayer hier wieder kleinere Übernahmen oder den Kauf von Produktlizenzen vorstellen. Auch dafür will der Konzern Finanzmittel freischaufeln.