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Bankenaufseher sehen hohes Risiko bei Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank

Europäische Bankenaufseher wollen an eine mögliche Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank strenge Maßstäbe anlegen. So fordern die Kontrolleure einen detaillierten Plan für den Personalabbau, um zu prüfen, ob sich der Deal betriebswirtschaftlich rechnet. Das erfuhr das Handelsblatt von mehreren mit dem Sachverhalt vertrauten Personen.

Die Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank rütteln in diesen Tagen viele Mitarbeiter auf. Eine Fusion könnte nach Schätzung von Verdi-Chef Frank Bsirske mindestens 30.000 der insgesamt rund 135.000 Arbeitsplätze kosten. Kein Wunder, dass bei den Warnstreiks der gerade laufenden Tarifrunde viele Plakate mit Sprüchen auftauchen wie „Fusion? Nein danke!“ oder „Kein Blutbad unter der Belegschaft“.

Für beide Seiten – für die Top-Manager ebenso wie für die Gewerkschaften – geht es um viel: Eine Fusion wird sich nur rechnen, wenn wirklich Zehntausende Jobs gestrichen werden, damit die Kosten sinken. Für die Mitarbeiter wäre der nötige personelle Aderlass bitter – und für die Bank könnte er teuer werden. Das ist auch ein Thema für die europäischen Bankenaufseher, die den Deal absegnen müssen.

Deshalb wollen die Aufseher beider Banken im Falle eines Zusammenschlusses präzise Szenarien zum Personalabbau einfordern. „Es wird nicht ausreichen, der Aufsicht Fusionspläne einzureichen, in denen steht, man will die Kosten um eine bestimmte Summe senken“, sagte eine mit dem Sachverhalt vertraute Person dem Handelsblatt.

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„Die Synergien müssen letztlich so groß sein, dass sie das hohe Exekutionsrisiko einer solchen Fusion rechtfertigen“, heißt es in europäischen Aufsichtskreisen. Das gelte umso mehr, da es schwer sei, einen groß angelegten Stellenabbau zu rechtfertigen, wenn es kein absolut überzeugendes Geschäftsszenario für ein fusioniertes Institut gebe.

Aus diesem Grund dürften die Aufseher sehr detaillierte Abbaupläne einfordern: „Da muss auch konkret hinterlegt sein, wie das funktionieren soll“, hieß es in europäischen Aufsichtskreisen. Die Banken müssten genau darlegen, wie viele Stellen bis zu welchem Zeitpunkt wegfallen sollen und mit welchen Abfindungskosten sie rechnen würden, sagte ein anderer Insider. „Die finanziellen und zeitlichen Annahmen müssen glaubwürdig sein.“

Die Aufsicht werde sicher auch einen gewissen Puffer sehen wollen, für den Fall, dass in der Realität nicht alles so glatt laufe wie gedacht. Entschlossener Widerstand der Gewerkschaften etwa könne eine Restrukturierung erschweren und verteuern. Die Europäische Zentralbank, die Bafin und die Bundesbank wollten die Anforderungen an die Fusionspläne nicht kommentieren. Auch die beiden Banken wollten keinen Kommentar abgeben.

Deutsche Bank scheiterte schon bei Integration der Postbank

Analysten gehen davon aus, dass sich bei großen Bankenfusionen etwa ein Drittel der jährlichen Kosten des kleineren Partners einsparen lassen. Allerdings werden für diese dauerhaften Synergien in der Regel einmalige Restrukturierungskosten von etwa 150 Prozent der erhofften Einsparungen fällig. Im Falle von Deutscher Bank und Commerzbank wären das nach dieser Daumenregel über drei Milliarden Euro.

Wie schwer es sein kann, die erhofften Synergien zu heben, zeigt das Beispiel der Deutschen Bank. An einer Integration der Tochter Postbank, wie sie derzeit umgesetzt werden soll, ist der Mutterkonzern bereits einmal gescheitert. Außerdem fürchten die Aufseher, dass der Großumbau durch eine Fusion die Fortschritte, die sich allmählich bei der Verbesserung der IT- und Kontrollsysteme der Deutschen Bank abzeichnen, gefährden könnte.

Strenge Bedingungen wollen die Aufseher auch an die Besetzung des Vorstands knüpfen. Ein durch die mögliche Fusion aufgeblähtes Führungsgremium dürfe es nicht geben, heißt es. Commerzbank und Deutsche Bank müssten eine effiziente Führungsstruktur und klare Verantwortlichkeiten sicherstellen.

Auch den Vorstandschefs selbst dürfte klar sein, dass ein groß angelegter Personalabbau, der am Führungsgremium spurlos vorbeigeht, weder den Mitarbeitern noch der Öffentlichkeit zu vermitteln wäre.

Ein gewisser natürlicher Schwund zeichnet sich ohnehin ab: Bei der Deutschen Bank wurde der Vertrag des 64-jährigen Asien-Vorstands Werner Steinmüller nur bis Juli 2020 verlängert. Auch die für Regulierung zuständige Vorständin Sylvie Matherat gilt als Wackelkandidatin. Bei der Commerzbank geht Firmenkundenvorstand Michael Reuther im September, die Suche nach einem Nachfolger liegt derzeit auf Eis.

Aus Kreisen der Fusionsverhandlungen heißt es, es sei allen Beteiligten klar, dass die Aufsicht ein präzises und realistisches Szenario sehen wolle, bevor sie den Deal genehmige. Diese Informationen seien aber auch für die Banken selbst wichtig, um zu entscheiden, ob sie die Verhandlungen intensivieren oder abbrechen sollen.

Klar scheint, dass im Fall eines Zusammengehens die Deutsche Bank die Commerzbank übernähme. Eine Holdingstruktur, wie viele Aufsichtsbehörden sie schätzen, wäre aus Steuergründen sehr teuer und wurde einem Insider zufolge deshalb nicht ernsthaft in Erwägung gezogen. Da die Deutsche Bank aber ihr Privat- und Geschäftskundengeschäft in einer eigenen Aktiengesellschaft bündelt, ist dieses Geschäft ohnehin einigermaßen vom Investmentbanking abgeschirmt.

Eine Vorentscheidung, ob es zur Fusion kommt oder nicht, soll bis Ende April fallen. „Dann soll es eine Entscheidung darüber geben, ob es eine vertiefte Sorgfaltsprüfung gibt“, hieß es in Verhandlungskreisen. Falls sich die Vorstände beider Häuser für eine Fusion aussprechen, sollten bis zu diesem Zeitpunkt wichtige Eckdaten geklärt sein wie etwa die Struktur, die Finanzierung und auch das Personaltableau, sagte eine mit den Gesprächen vertraute Person dem Handelsblatt.

Ob es jemals so weit kommen wird, ist aber auch nach drei Wochen Verhandlungen unklar. Verhandlungskreise beziffern die Chancen für die Großbankenehe noch immer auf 50:50.

In einer vorherigen Version des Artikels war irrtümlich von 126.000 Arbeitsplätzen bei Deutscher Bank und Commerzbank die Rede.