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„Die Börse zweifelt an der Monsanto-Übernahme“

Herr Professor Strenger, Monsanto gehört jetzt zu Bayer. Wie fällt ihr Urteil über den Mega-Deal aus?
Christian Strenger: Die von Bayer-Chef Werner Baumann bei der Ankündigung der Monsanto Akquisition genannten Ziele scheinen derzeit kaum erfüllbar. Der Kapitalmarkt zweifelt offensichtlich intensiv daran, dass die Monsanto-Übernahme wirklich Wert schaffen kann. So ist die Aktie seit Montag, als Bayer die endgültige Übernahme verkündete, um 3,5 Prozent gesunken. Wenn so ein Deal endlich durchgeht, würden die Aktien normalerweise eher zehn Prozent zulegen. Bayer ist beim aktuellen Kurs von unter 100 Euro nicht nur vom 2015er Höchststand von 148 Euro weit entfernt. Seit Ankündigung des Deals blieb die Bayer-Marktkapitalisierung um volle 17 Prozent, das sind fast 15 Milliarden Euro, hinter dem Dax zurück.

Was sind die Gründe?
Bayer will mit Monsanto in eine attraktive, langfristig wachsende Branche investieren. Da 2016 und 2017 der Agrarmarkt stagnierte, ist das Geschäft wohl doch zyklischer: abgesehen von Wetterschwankungen hängt es davon ab, wieviel Einkommen den Bauern zur Verfügung steht, um Pflanzenschutzmittel und Saatgut zu kaufen. In der Bayer-Agrarsparte CropScience fiel aufgrund von Entwicklungen in Brasilien das Ergebnis um etwa 400 Millionen Euro, was von dem zuständigen Vorstand Liam Condon zu verantworten war, der nun das fusionierte Geschäft führen soll. Weiterhin stehen die Haupt-Pflanzenschutzprodukte von Monsanto, Glyphosat und Dicamba, nicht nur in Europa unter Genehmigungs- und Reputationsdruck.

Kann Bayer mit der Übernahme seine verkündeten Finanzziele erreichen?
Das sieht bisher nicht so aus. Bayer-Chef Baumann hat vor Beginn der Übernahme Synergieeffekte in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar jährlich versprochen. Jetzt sollen es nur noch 1,2 Milliarden sein, gerade mal zwei Prozent des Kaufpreises. Ob es sich dafür wirklich lohnen wird? Dann hat Baumann ursprünglich davon gesprochen, kartellbedingt Geschäfte mit maximal 1,6 Milliarden Dollar Umsatz abgeben zu müssen. Am Ende musste er attraktive Geschäfte mit einem Jahresumsatz von 2,6 Milliarden Dollar an BASF abgeben. Außerdem muss Bayer zukünftig großen Wettbewerbern in vielen Ländern Zugang zur Innovationstechnologie für Saatgut- und Digital-Farming-Plattformen geben – das dürfte das längerfristige Ertragspotenzial der Transaktion erheblich beeinträchtigen.

Bayer-Chef Baumann argumentiert, dass Bayer schon viele andere Transaktionen erfolgreich gestemmt hat.
Das lässt sich in den letzten Jahren nicht belegen: So wurde vom US-Konzern Merck & Co. das Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten übernommen, die jedoch nicht die erwarteten Erträge erzielt haben. Bei der vertieften Prüfung der Merck-Geschäfte muss also einiges schief gelaufen sein. Oder nehmen Sie Schering: das vor zehn Jahren gekaufte Unternehmen ist zwar gut integriert worden. Wertmäßig hat das jedoch sehr wenig gebracht, da kaum noch ein Schering-Produkt Zukunftsqualität im Bayer-Portfolio hat.

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Warum glauben Sie, wollte Bayer Monsanto übernehmen?
Das hatte wohl auch defensive Aspekte, denn Bayer mit Monsanto ist nicht nur von der Größe her schwer verdaulich. Da die von Herrn Baumann genannten Ziele bisher nicht nur vom Kapitalmarkt als kaum erreichbar angesehen werden, gewinnt dieser Gedanke an Relevanz.

Sie sind in Deutschland anerkannter Experte für gute Unternehmensführung: ist da bei der Übernahme von Monsanto alles korrekt abgelaufen?
Wohl kaum. So einen großen Deal mit hohen Auswirkungen für die Bilanz und die zukünftige Ertragsentwicklung hätte Bayer den Aktionären zur Zustimmung vorlegen müssen. Das hat Bayer unter Hinweis auf nicht wirklich gegebene rechtliche Risiken aber nicht getan. Und dann wurde der Aufsichtsrat über die geplante Übernahme erst spät informiert. Am 10. Mai 2016 hat der erst neun Tage amtierende Bayer-Chef Baumann Monsanto ein keineswegs unverbindlich zu verstehendes Übernahmeangebot unterbreitet, das nur das Plazet des Aufsichtsratsvorsitzenden Wenning hatte. Der gesamte Aufsichtsrat wurde darüber erst nach fast zehn Tagen aufgrund einer Indiskretion informiert. Und bei der dann schon zwei Werktage später angesetzten Aufsichtsratssitzung standen die Kontrolleure dann natürlich schon unter erheblichem Druck, die Übernahme zu begleiten, denn sonst wären die Herren Baumann und Wenning desavouiert gewesen.