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Anschlag auf die Demokratie

Es ist eine durchzogene Woche für Martin Schulz. Vergangenen Sonntag attackiert er auf dem Bundesparteitag der SPD Angela Merkel. Er wirft ihr einen „Anschlag auf die Demokratie“ vor, weil sie mit ihrem inhaltsleeren Wahlkampf Bürger von der Urne fernhalte. Danach muss der Kandidat prompt Prügel einstecken. Seine Wortwahl wird zu Recht als Entgleisung taxiert.

Doch immerhin kann Schulz kurz danach mit dem Ehe-für-alle-Coup punkten. Und mit seinem Vorwurf auf dem Parteitag liegt er ja nur zur Hälfte daneben. Die Kanzlerin ist zwar die falsche Adressatin, aber zu einem Anschlag auf die Demokratie kommt es in diesen Tagen in Europa tatsächlich, allerdings in Rom. Dort will man zwei Regionalbanken mit dem Segen Brüssels auf Staatskosten retten, statt die Gläubiger stärker zu belasten. Die nach der Finanzkrise eingeführten EU-Regeln schreiben das eigentlich so vor – als Lehre aus den damals steuergeldfinanzierten und deshalb hart kritisierten Bankenrettungen. „Mit dieser Entscheidung geleitet die EU-Kommission die Bankenunion zum Sterbebett“, bringt es der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber auf den Punkt.

Sterben könnte noch etwas ganz anderes. Gerade erlebt die Zuversicht, dass Europa doch nicht von den Rechtspopulisten zerlegt wird, eine zarte Wiedergeburt. Le Pen und Co. operieren in der Defensive. Vor einem Jahr war noch das Gegenteil der Fall. Groß gemacht hatte sie damals längst nicht nur die Flüchtlingskrise, sondern zuvor auch schon die Finanzkrise. Die Pleite der Investmentbank Lehman Brothers und der anschließende Flächenbrand erschütterte die Menschen bis ins Mark. Die Angst, das eigene Konto zu verlieren, ließ viele ihre Einstellung gegenüber der Globalisierung, den Banken und der sogenannten Elite neu überdenken. Denn selten zuvor wurden so große Verluste derart umfassend sozialisiert. Die Millionäre fahren die Welt gegen die Wand, und die Kleinen dürfen es ausbaden, dachte sich so mancher. Es folgte eine Zäsur in den Köpfen und im Wahllokal.

Für Forscher kam das wenig überraschend. Ein Team um den Bonner Ökonomen Moritz Schularick hat bereits Ende 2015 herausgefunden, dass von Finanzkrisen immer der rechte Rand profitiert. Schularicks Leute haben mehr als 100 Crashs in 20 Ländern seit 1870 untersucht. Im Schnitt konnten die Rechtsausleger in den Wahlen danach um bis zu 30 Prozent zulegen. AfD und Front National bestätigen die Ergebnisse. Beide entstanden im Zuge von Währungskrisen.

Der italienische Sündenfall ist eine neue Steilvorlage für diese Kreise. Europa lässt wieder die Falschen zahlen. Europa pfeift auf seine eigenen Regeln, wenn es hart auf hart kommt. Wie schon beim Stabilitätspakt droht nun auch der Bankenunion die Glaubwürdigkeitsfalle. Die Zweifel gegenüber der europäischen Idee kriegen neue Nahrung. Viele solcher Anschläge dürfte die Gemeinschaft demokratischer Staaten nicht mehr wegstecken können. Sonst muss sie bald so verzweifelt um Anerkennung kämpfen wie ihr ehemaliger Parlamentspräsident.