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Die Angst vor der Wohnungspreisblase

Anna Pesch war lange Zeit davon ausgegangen, dass sie in den kommenden Jahren zur Miete wohnen wird - doch in diesem Mai kauft sie sich ein Häuschen in der Nähe von Köln. Das (Other OTC: DASX - Nachrichten) hat sie Mario Draghi zu verdanken. 'Wir wollten unser Geld nicht weiter in die Miete stecken', sagt die 32-jährige Logopädin. Vor zwei Jahren, als EZB-Chef Draghi den Leitzins unter Null senkte, hatte sie angefangen, sich nach einer Immobilie umzusehen. 'Wir wollen lieber investieren', sagt Pesch, 'vor allem, weil der Quadratmeterpreis in unserem Umkreis nur ansteigt.'

Da die Hypothekenzinsen auf Rekordtiefs sind und Sparguthaben fast nichts einbringen, freunden sich die Deutschen mit Immobilieninvestitionen an. Jahrzehntelang haben sie es vorgezogen in Mietwohnungen zu wohnen und ihr Geld auf Bankkonten zu legen, aber da die EZB die Zinsen nahe Null hält, lässt diese Neigung nach. In den letzten fünf Jahren sind die Wohnkosten in Berlin, Hamburg und München um mehr als 30 Prozent in die Höhe geschnellt - das löst bei Politikern und Experten Sorgen aus.

Im März erklärte Bundesbank-Vorstandsmitglied Andreas Dombret, er sehe 'erste Wolken am Horizont aufziehen'. Die Zentralbank beobachte die Wohnungsbaukredite deshalb genau. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der der EZB-Politik des billigen Geldes kritisch gegenübersteht, sagte im Dezember, die Jagd nach Rendite könne zur Blasenbildung und zu überhöhten Vermögenswerten führen. Deutsche Regulierungsbehörden forderten neue Vorschriften, um kreditgetriebene Überhitzung am Immobilienmarkt zu verhindern.

Mit zunehmender Beschäftigung und steigenden Löhnen begannen die Häuserpreise in Deutschland 2005 zu steigen, nach einem Jahrzehnt der Stagnation. Die Vermögenszuwächse fielen zusammen mit dem demografischen Wandel und dem Umzug vieler Menschen vom Land in Großstädte, wodurch die Leerstandsquoten dort nahezu Allzeittiefs erreichten. Die neuen Hypothekenfinanzierungen nahmen laut Bundesbank 2015 um 22 Prozent zu, nachdem sie fünf Jahre lang nur drei Prozent oder weniger gestiegen waren.

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Die Entwickler werden der Nachfrage kaum Herr. Die Baugenehmigungen stehen auf einem 15-Jahres-Hoch, aber sie bleiben immer noch hinter den 350.000 neuen Wohnungen zurück, die laut Bundesregierung jährlich gebraucht werden. In den letzten zwölf Monaten haben Flüchtlinge aus dem Nahen Osten und Afrika für eine weitere Verknappung am Wohnungsmarkt gesorgt.

'Historisch gesehen waren die Deutschen nicht von Blasen betroffen, aber ausschließen kann man das nicht', sagt Jochen Möbert, Volkswirt bei der Deutschen Bank. Zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte sei die Inflation am Wohnungsmarkt von niedrigen Zinsen und einem Angebotsmangel getrieben.

Dank der EZB sind die Finanzierungskosten für eine Drei-Zimmer-Wohnung in Frankfurt niedriger, als sie vor fünf Jahren waren, so Möbert. Wenn sich die Preiserhöhungen beschleunigen, 'könnte das allmählich zu Risiken für das Finanzsystem führen', da die Banken Kredite auf Basis unrealistischer Bewertungen vergeben.

Aktien deutscher Wohnimmobilienfirmen gefragt

Deutschland ist noch weit von den Boomexzessen des letzten Jahrzehnts in den USA, Spanien und Großbritannien entfernt. Nur 53 Prozent der deutschen Familien sind Eigentümer ihrer Wohnungen, gegenüber 70 Prozent europaweit und 64 Prozent in den USA, wie offizielle Statistiken zeigen.

Dennoch: Die Preise haben in den letzten fünf Jahren bundesweit 27 Prozent zugelegt, und die Wohnungswirtschaft arbeitet 'mit voller Auslastung', erklärt Andre Adami, Analyst beim Immobilienmarktforscher Bulwiengesa. 'Und die Immobilienmakler machen das Geschäft ihres Lebens', sagt er.

Makler beziehen immer schickere Büros in neu aufgewerteten Gegenden. Stararchitekten wie Daniel Libeskind oder Frank Gehry wurden angeheuert, um edle Apartmenthäuser in Berlin-Mitte zu entwerfen. Neue Crowdfunding-Websites geben den Deutschen die Möglichkeit, in Projekte von Luxuswohnungen bis hin zu Ferienanlagen zu investieren.

Der Boom lockt auch institutionelle Investoren von rund um den Globus an, was die Aktien deutscher Wohnimmobilienfirmen hochtreibt. Der Marktwert eines entsprechenden Index hat sich laut European Public Real Estate Association in den letzten fünf Jahren mehr als verzehnfacht, während die Firmen ihr Kapital erhöhten, fusionierten und expandierten.

Der größte deutsche Wohnimmobilienkonzern, Vonovia, ist im vergangenen Jahr in den DAX aufgestiegen und befindet sich nun zusammen mit globalen Schwergewichten wie Daimler (London: 0NXX.L - Nachrichten) , Bayer (London: 0P6S.L - Nachrichten) oder SAP (Amsterdam: AP6.AS - Nachrichten) im deutschen Leitindex. Auch kleinere börsennotierte Gesellschaften sind derzeit an der Börse beliebt: Das Wohnungsbauunternehmen Helma Eigenheimbau hat an der Börse in den vergangenen fünf Jahren um fantastische 440 Prozent zugelegt.

Für langfristig orientierte Immobilieninvestoren wie Thomas Schnell wird es schwieriger, gute Deals zu finden. Der 56-jährige Elektroingenieur aus Berlin hat in den letzten zehn Jahren Wohnungen erworben, um sie zu vermieten. Nun lockten die Niedrigzinsen immer mehr Käufer in den Markt, sagt er.

Dennoch kauft er weiter, weil er erwartet, die Wohnungen später mit Gewinn verkaufen zu können. Vor Kurzem hat Schnell eine Eineinhalbzimmerwohnung in Berlin-Schöneberg erworben, in einem denkmalgeschützten Gebäude aus den 50-er Jahren. Er entschied sich für einen Hypothekenkredit mit 15-jähriger Zinsbindung zu einem etwas höheren Zins als bei einem zehnjährigen Kredit, weil er davon ausgeht, dass Draghi und die EZB nicht ewig die Wirtschaft mit Geld überschwemmen werden.

'Man (Swiss: MAN.SW - Nachrichten) sollte sich von den niedrigen Zinsen nicht täuschen lassen', sagt er mit Verweis auf Investoren, die Wohnungen kaufen, bei denen die Miete nicht einmal die Kreditkosten erwirtschaftet. 'Die teuren Sachen kaufe ich nicht. Es muss sich rechnen.'

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