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Analog funktioniert doch noch: „Wir sehen eine Gegenbewegung zu getippten Zeilen auf dem Handy"

Patrick Leibold überblick die Druck- und Medienbranche. Er ist der Co-CEO der Grußkartenfirma Celebrate, zu der auch die Kartenmacherei gehört.  - Copyright: Celebrate
Patrick Leibold überblick die Druck- und Medienbranche. Er ist der Co-CEO der Grußkartenfirma Celebrate, zu der auch die Kartenmacherei gehört. - Copyright: Celebrate

Anton ist schuld. Als der älteste Sohn von Christoph und Jennifer Behn vor gut 15 Jahren geboren wurde, wollten die stolzen Eltern alle Welt an ihrem Glück teilhaben lassen. Allerdings fanden sie damals keinen Anbieter, der ihren Anspruch an Design und Qualität für eine klassische Karte erfüllte, mit der sie die Geburt bei Familie, Freunden und Bekannten verkünden wollten.

Und das beschäftigte die Behns dermaßen, dass sie schließlich selbst ins Kartengeschäft eingestiegen. 2010 gründete das Ehepaar Die Kartenmacherei, sowohl mit eigenem Geld als auch mit Zuschüssen aus der Familie – und mit selbst kreierten Designs. Seither ist das Unternehmen so stark gewachsen, dass es nach Angaben der Behns mittlerweile Europas Marktführer für die sogenannte personalisierbare Papeterie ist.

kartenmacherei
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Das Prinzip ist einfach: Wer etwa Einladungen für besonders wichtige Momente wie Hochzeiten, Geburtstage, Taufen oder Kommunionsfeiern verschicken will oder auch Danksagungen, Weihnachtsgrüße und Geburtsanzeigen, wählt online aus Hunderten Designs eine Vorlage aus, gibt einen individuellen Text ein und fügt eigene Fotos hinzu. In der unternehmenseigenen Druckerei im Schwarzwald wird die Karte dann auf vom Besteller ausgewähltes Papier gepresst.

„Wir sehen eine Gegenbewegung zu getippten Zeilen auf dem Handy"

„2023 werden über 50 Millionen Menschen eine unserer Karten in Händen halten“, meldet das Unternehmen. Dass solch hohe Zahlen erreicht werden, liegt nicht zuletzt auch an der Digitalisierung. „Wir sehen eine bewusste Gegenbewegung zu schnell getippten Zeilen auf dem Handy. Die Menschen wollen wieder persönliche Nachrichten verschicken, die bleibenden Eindruck hinterlassen und nicht beiläufig gelesen und dann gelöscht werden“, sagt Patrick Leibold.

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Er ist einer der Geschäftsführer und Eigentümer der Celebrate Company, die 2021 als neue Dachgesellschaft über der Kartenmacherei gegründet wurde und mittlerweile noch weitere, meist zugekaufte Marken wie Mintkind, Faireparterie und Atelier Rosemood unter sich vereint, die das Produktportfolio deutlich erweitert haben, etwa um Babytagebücher, Kalender, Poster, Wandbilder oder auch Fotobücher.

Dachgesellschaft der Kartenmacherei auf Expansionskurs

Denn der nach Expertenschätzung auf einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag limitierte Kartenmarkt allein reicht dem Mittelständler aus Gilching bei München nicht mehr aus. „Wir drängen jetzt aus der Nische auch in andere Bereiche“, kündigt Leibold an.

„Würde ich immer ans Handy gehen, würde ich nichts erreichen“, sagt der Ankerkraut-Gründer Stefan Lemcke. Hier zu sehen mit seiner Frau Anne.
„Würde ich immer ans Handy gehen, würde ich nichts erreichen“, sagt der Ankerkraut-Gründer Stefan Lemcke. Hier zu sehen mit seiner Frau Anne.

Rund 500 Mitarbeiter zählt die Celebrate Company mittlerweile, der Umsatz hat 2022 erstmals die 100-Millionen-Euro-Marke überschritten. Aber das soll nur ein Zwischenschritt sein. Mit jährlich mindestens 30 Prozent Wachstum planen die Co-Chefs Leibold und Steffen Behn – das ist der Bruder beziehungsweise Schwager der beiden Kartenmacherei-Gründer – in den kommenden Jahren.

„Ziel ist es, Marktführer für personalisierte Fotoprodukte in Deutschland und danach auch in ganz Europa zu werden“, sagt Leibold. Das werde sicherlich noch etliche Jahre dauern. „Aber wir machen uns auf den Weg.“

Zwar gibt es reichlich Konkurrenz, vor allem im Markt für Fotoprodukte, der seit Jahren von Platzhirsch Cewe aus Oldenburg dominiert wird. Dazu haben sich im Kartenbereich neue Wettbewerber gegründet, und bestehende Unternehmen wie MyPoster haben ihr Portfolio ausgebaut.

Individualisierung als Megatrend

Das Potenzial scheint dennoch riesig. Die Denkfabrik Zukunftsinstitut jedenfalls sieht das Thema Individualisierung als Megatrend der aktuellen Zeit, angetrieben durch die Zunahme persönlicher Wahlfreiheiten und individueller Selbstbestimmung. Und das haben längst auch andere Branchen entdeckt. Die Deutsche Post zum Beispiel verkauft seit gut zwei Jahren individuell gestaltbare Briefmarken– und zeigt sich zufrieden mit den Ergebnissen.

Die Corona-Pandemie allerdings führte in den Jahren 2020 und 2021 zu einem kräftigen Markteinbruch im sogenannten PBS-Markt, also in den Bereichen Papier, Büroartikel und Schreibwaren. Um 14 Prozent auf insgesamt 11,3 Milliarden Euro sanken die Branchenumsätze, meldet das Marktforschungs- und Beratungsinstitut Marketmedia24. Im vergangenen Jahr kam dann die Erholung – bei gleichzeitig weiter starkem Fokus auf Online-Anbieter, wovon die Celebrate Company überdurchschnittlich profitiert.

Corona versetzte die Branche in einen Schock

Wobei das Unternehmen zuvor hart von der Corona-Krise getroffen wurde. Denn von jetzt auf gleich fielen damals die Anlässe fürs Kartendrucken weg, waren doch große Feiern wie Hochzeiten oder Geburtstage zeitweise verboten. Die komplette Belegschaft musste in Kurzarbeit.

Den schon zuvor bestehenden Plänen zur Diversifizierung in Richtung Fotoprodukte dürfte das einen zusätzlichen Schub gegeben haben. Um das Vorhaben umzusetzen, holte sich der Mittelständler Investoren an Bord. „Da fehlte uns dann doch der Mut, immer wieder mit unserem eigenen Geld dranzugehen“, sagt Geschäftsführer Leibold.

Celebrate Company will international expandieren

Gut ein Drittel der Unternehmensanteile wurde 2021 an den französischen Private-Equity-Fonds EMZ Partners abgegeben – also noch bevor steigende Zinsen, Inflation und Geopolitik den Startup-Boom abrupt ausgebremst haben. Leibold sieht das als entscheidenden Vorteil für die nahe Zukunft seines Unternehmens, ebenso die inflationsbedingte Zurückhaltung vieler Konsumenten.

„Das bremst vor allem die Neulinge im Markt aus, die uns zu kopieren versuchen“, erklärt der Co-Chef. Noch dazu steige die Zahl möglicher Übernahmeziele bei gleichzeitig sinkender Interessentenschar. Leibold zufolge gibt es aktuell Gespräche über künftige Partnerschaften. Im Blick hat er dabei auch die internationale Expansion. Bislang ist die Celebrate Company jenseits der Grenze vor allem in Österreich, der Schweiz und Frankreich aktiv.

„Da hat unser Geschäftsmodell nicht funktioniert“

Aus den Niederlanden haben sich die Bayern derweil wieder zurückgezogen. „Dort gibt es eine komplett andere Kartenkultur. Da hat unser Geschäftsmodell nicht funktioniert“, erklärt Leibold.

Aber Scheitern gehöre dazu. „Wir haben daraus gelernt und achten nun darauf, dass die Mitarbeiter, die sich um ein Land kümmern, aus dem jeweiligen Kulturraum kommen.“ In Frankreich führe das bereits zu regelmäßigen Umsatzsprüngen. Auch noch mit Kartendesigns, die einst von Jennifer Behn entwickelt wurden.

Dieser Artikel erschien zuerst in der Welt.