Werbung
Deutsche Märkte geschlossen
  • DAX

    18.161,01
    +243,73 (+1,36%)
     
  • Euro Stoxx 50

    5.006,85
    +67,84 (+1,37%)
     
  • Dow Jones 30

    38.239,66
    +153,86 (+0,40%)
     
  • Gold

    2.349,60
    +7,10 (+0,30%)
     
  • EUR/USD

    1,0699
    -0,0034 (-0,32%)
     
  • Bitcoin EUR

    58.746,72
    -849,76 (-1,43%)
     
  • CMC Crypto 200

    1.304,48
    -92,06 (-6,59%)
     
  • Öl (Brent)

    83,66
    +0,09 (+0,11%)
     
  • MDAX

    26.175,48
    +132,30 (+0,51%)
     
  • TecDAX

    3.322,49
    +55,73 (+1,71%)
     
  • SDAX

    14.256,34
    +260,57 (+1,86%)
     
  • Nikkei 225

    37.934,76
    +306,28 (+0,81%)
     
  • FTSE 100

    8.139,83
    +60,97 (+0,75%)
     
  • CAC 40

    8.088,24
    +71,59 (+0,89%)
     
  • Nasdaq Compositive

    15.927,90
    +316,14 (+2,03%)
     

Amazon versorgt alle, die zu Hause festsitzen – und das stützt die Aktie

Die Aktie des Onlinehändlers ist traditionell hoch bewertet. Von der Coronakrise profitieren Amazons Papiere noch mehr – jedenfalls im Vergleich zu denen anderer Konzerne.

Wäre Amazon nicht Amazon, würden Strategieberater und Investoren dem seltsamen Digital-Konglomerat wohl dringend zur Aufspaltung raten. Warum sollte ein einzelnes Unternehmen Bücher und Blattsalat, Ricotta und Rechenleistung verkaufen? Und nebenher noch Filme produzieren, Musik streamen, smarte Lautsprecher entwickeln und einen eigenen Lieferdienst betreiben?

In der Corona-Pandemie jedoch ergibt das Konstrukt Amazon mehr Sinn denn je. So divers der Konzern aus Seattle auch ist, so scheint doch jede Sparte auf ihre Weise von den weltweiten Ausgangssperren zu profitieren: Der Onlinehandel boomt, weil viele ihr Haus nicht verlassen. Selbst der Lebensmittellieferdienst Fresh, den Amazon bislang mit mittelmäßigem Erfolg betrieb, scheint nun seinen Durchbruch zu erleben.

Allenfalls Nachschubschwierigkeiten und Wucherer behindern Amazons Online-Handelsplattform gerade. Eben hat das Unternehmen 100.000 neue Mitarbeiter für seine Warenlager und Lieferdienste eingestellt.

WERBUNG

Wer mehr Zeit zu Hause verbringt, kann Serien auf „Prime Video“ sehen, Musik auf „Prime Music“ und Hörbücher auf Audible hören oder Livestreams von Computerspielen auf Twitch verfolgen. Privat- und Berufsleben, vom Videoanruf bei den Großeltern bis zur Videokonferenz mit Kollegen, verlagern sich weitgehend ins Internet, also in die Cloud – wo Amazon Web Services (AWS) mit Abstand Marktführer ist.

Und während die großen, weitgehend durch Werbung finanzierten Konkurrenten Google und Facebook 2020 zum ersten Mal weniger Umsatz als im Vorjahr machen könnten, wächst die Amazon Media Group nach einer Prognose der Deutschen Bank immer noch um 35 Prozent. Die Werbung neben Amazon-Suchergebnissen ist für Händler in der Krise weiter essenziell.

Amazon scheint wie wenige andere Unternehmen auf die Verwerfungen durch die Coronakrise eingestellt zu sein. Trotzdem hat die Aktie seit Mitte Februar stark an Wert verloren: Der breite Aktienindex S & P 500 ist seit seinem Höchststand um rund 25 Prozent gefallen, Amazon immerhin um 15 Prozent auf aktuell rund 1950 Dollar.

Lloyd Walmsley, Internet-Analyst bei der Deutschen Bank, sieht Aufwärtspotenzial für die Aktie: „Amazon war schon immer eine langfristige Wachstumsstory, aber aktuell dürfte man kaum eine bessere defensive Anlage finden.“ Auch wenn Amazon erst am 23. April seine Zahlen für das erste Quartal präsentiert, sei die Einstellungswelle ein klares Zeichen, dass das Handelsgeschäft sehr gut läuft.

Die geschlossenen Läden rund um die Welt könnten viele Menschen dazu bringen, das Loyalitätsprogramm Prime auszuprobieren und so dauerhaft Teil des Amazon-Universums zu werden. Das Preisziel für die Aktie hat Walmsley vergangene Woche dennoch von 2400 auf 2300 Dollar gesenkt. Er erwartet, dass das Geschäft von Amazon AWS durch Corona schwerer wird. Zwar werde Cloud-Computing mehr gebraucht denn je.

Doch viele Projekte, bei denen Kunden ihre Daten in die Cloud migrieren, seien derzeit bedroht. Als Beispiel nennt der Analyst den Reisevermittler Expedia, der ursprünglich 350 Millionen Dollar in seine Migration in die Amazon-Cloud investieren wollte und das gestoppt hat.

Wie die meisten Internet-Aktien ist auch Amazon mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 82 noch immer hoch bewertet. Aber ein Unternehmen, das so aggressiv investiert, ist mit dieser Kennzahl schwer zu fassen. Vergangenes Jahr enttäuschte Amazon noch seine Anleger, weil der Onlinehändler viel Geld brauchte, um Warenlieferungen innerhalb eines Tages zu ermöglichen. Nun profitiert Amazon davon, dass viele Einkäufer und Fahrer eingestellt wurden, die den aktuellen Anstieg an Bestellungen abarbeiten können.

Schwer berechenbar sind dagegen die politischen Konflikte, in die Amazon in den vergangenen Jahren geraten ist. Am Montag streikten Mitarbeiter in den Warenlagern und bei der Bio-Supermarkt-Tochter Whole Foods, weil das Unternehmen sie nach ihrer Meinung nicht ausreichend vor Corona schützt. US-Präsident Donald Trump ficht eine Privatfehde mit Amazon-Chef Jeff Bezos aus, seit dieser Eigentümer der „Washington Post“ ist. Die Frage, ob Trumps Eingreifen AWS einen großen Regierungsauftrag kostete, wird derzeit vor Gericht verhandelt.

Dass Amazon von Wettbewerbsbehörden zerschlagen werden könnte, ist durch den Verlauf der US-Präsidentschaftsvorwahl in den vergangenen Wochen aber unwahrscheinlicher geworden. Amazon stand wegen seines Umgangs mit Arbeitern vor allem im Fadenkreuz der linken Kandidaten Bernie Sanders und Elizabeth Warren. Läuft es nun auf einen Wettstreit zwischen Trump und Joe Biden hinaus, sind auch nach der Wahl im November eher Nadelstiche als große Schläge gegen Amazon zu erwarten.

Wenn die USA in eine tiefe Rezession rutschen, wird auch die Aktie des Online-Kaufhauses nicht verschont bleiben. Trotzdem gehört Amazon zu den wenigen Aktien, die für eine ausgedehnte Corona-Pandemie mit monatelangen Ausgangssperren und Reiseverboten relativ gut ‧aufgestellt wären und trotzdem von einer schnellen Normalisierung profitieren würden.

Mehr: Warum der Chef-Lieferant der USA in der Kritik steht.