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Altmaier schlägt 25-Milliarden-Euro-Programm für den Mittelstand vor

Der Bundeswirtschaftsminister will in der Coronakrise nicht länger warten. Die Überbrückungshilfen für Firmen sollen monatlich bis zu 50.000 Euro umfassen.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) will dem Mittelstand in der Coronakrise zusätzliche Unterstützung gewähren. Seine neuen „Überbrückungshilfen“ umfassen ein Volumen von mindestens 25 Milliarden Euro. Bereits ab Juni sollen Unternehmen die Hilfe erhalten können.

Das geht aus einem Eckpunktepapier des Wirtschaftsministeriums hervor, das dem Handelsblatt vorliegt. Zuerst hatte die „Neue Osnabrücker Zeitung“ darüber berichtet. „Es ist richtig, dass wir im Bundeswirtschaftsministerium an einem Vorschlag für Corona-bedingte Überbrückungshilfen arbeiten. Wir sind hierzu im Austausch mit dem Bundesfinanzministerium. Die Beratungen hierzu laufen“, teilte Altmaiers Ressort auf Anfrage mit.

Es seien zwar in den vergangenen Wochen viele Beschränkungen graduell wieder gelockert worden. „Dennoch ist bei zahlreichen Unternehmen der Geschäftsbetrieb aufgrund der Coronakrise immer noch ganz oder teilweise eingeschränkt“, sagte eine Ministeriumssprecherin.

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Ziel der Überbrückungshilfe sei es, „kleinen und mittleren Unternehmen aus Branchen, die unmittelbar oder mittelbar von Corona-bedingten Auflagen oder Schließungen betroffen sind, für die Monate Juni bis Dezember 2020 eine weiter gehende Liquiditätshilfe zu gewähren und sie so in der Existenz zu sichern“. Manchen Unternehmen bleibe schlicht keine Zeit mehr.

„Deshalb sind diese Vorschläge zeitkritisch, und wir arbeiten mit Hochdruck an einer Finalisierung der Abstimmungen zwischen den Ressorts“, sagte die Sprecherin weiter.

Die Eckpunkte des Bundeswirtschaftsministeriums sehen vor, dass Firmen mit bis zu 249 Mitarbeitern von Juni bis Dezember monatlich bis zu 50.000 Euro bekommen können. Antragsberechtigt sollen kleine und mittelständische Unternehmen aus allen Wirtschaftsbereichen sowie Soloselbstständige und Freiberufler sein.

Sie müssen in den Monaten April und Mai 2020 einen Umsatzeinbruch von mindestens 60 Prozent gegenüber den entsprechenden Vorjahresmonaten geltend machen. Gefördert werden können fixe Betriebskosten einschließlich des unabdingbaren Personalaufwands. Unternehmerlohn soll dagegen nicht förderfähig sein.

Die Zahlungen werden mit anderen Corona-bedingten Zuschüssen verrechnet. Das Programm soll von den Ländern verwaltet werden. Aus dem Bundesfinanzministerium hieß es, man werde in den nächsten zehn Tagen nichts kommentieren zu irgendwelchen Vorschlägen, die das Konjunkturprogramm betreffen.

Über die zusätzlichen Hilfen für den Mittelstand hinaus arbeitet die Bundesregierung an einem umfassenden Konjunkturpaket, mit dem die Wirtschaft nach der Coronakrise wieder in Schwung gebracht werden soll. Das Paket soll voraussichtlich Anfang Juni fertig sein.

Altmaier will die neuen Überbrückungshilfen für den Mittelstand allerdings möglichst vorziehen. Er hatte zuletzt in der vergangenen Woche gemahnt, es bestehe akuter Handlungsbedarf.

Zur Bewältigung der unmittelbaren Folgen der Coronakrise hatte die Bundesregierung bereits im März Soforthilfen beschlossen. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach damals von einer „Bazooka“ und übertrieb nicht: Insgesamt beläuft sich das Volumen aller Hilfsmaßnahmen des Staates derzeit auf 1,2 Billionen Euro. Gemessen an der Größe der Volkswirtschaft ist das deutsche Rettungsprogramm damit das umfangreichste der Welt.

Hilfsprogramm mit drei Säulen

Das Hilfsprogramm besteht aus drei Säulen. Die erste: Bund und Länder bieten Soloselbstständigen und kleinen Firmen mit bis zu zehn Beschäftigten Soforthilfen an, die sie nicht zurückzahlen müssen. Insgesamt hat der Bund dafür maximal 50 Milliarden Euro bereitgestellt.

Zwei Millionen Kleinunternehmer haben einen Antrag auf Soforthilfe gestellt, 12,3 Milliarden Euro wurden freigegeben. Derzeit scheint es aber so, als ob von den Mitteln am Ende etwas übrig bleiben könnte. Zumindest nimmt das Volumen der ausgezahlten Soforthilfen nicht mehr stark zu.

Für größere Firmen mit mehr als zehn Beschäftigten bietet die Koalition über die staatliche KfW Bank vergünstigte Kredite an, für deren Ausfall der Bund teils zu 100 Prozent haftet. Von dieser Option haben auch schon etliche namhafte Konzerne wie Adidas Gebrauch gemacht. Bislang gingen knapp über 44.000 Anträge mit einem Volumen von 42,3 Milliarden Euro bei der KfW ein.

Etwas mehr als 43.000 davon wurden bereits genehmigt, 23,2 Milliarden Euro an Krediten flossen schon. Bei den noch offenen 831 Anträgen geht es meist um größere Beträge, bei ihnen dauert die Prüfung länger.

Die staatlichen Kredite wurden zwar begrüßt, Wirtschaftsverbände monierten aber dennoch eine „Mittelstandslücke“, da mittelständische Firmen anders als sehr kleine und große Unternehmen keine direkten Hilfen erhalten. So hat die Bundesregierung für größere Firmen ab 250 Beschäftigten einen 600 Milliarden Euro schweren „Wirtschaftsstabilisierungsfonds“ geschaffen, der Konzerne in Schieflagen notfalls teilverstaatlichen kann – dies ist die dritte Säule des Hilfsprogramms.

Der erste Konzern, der unter den staatlichen Rettungsschirm schlüpfen wird, dürfte die Lufthansa sein. Seit Tagen verhandeln Bundesregierung, EU und Unternehmen über Staatshilfen. Die Lufthansa leidet wegen ausfallender Flüge besonders unter der Coronakrise.

Die monierte „Mittelstandslücke“ will Altmaier mit den Überbrückungshilfen nun beseitigen. Die Freiberufler loben die Initiative des Wirtschaftsministers: „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung bei den Kriseninstrumenten weiter nachsteuern will“, sagte Peter Klotzki, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Freien Berufe (BFB), dem Handelsblatt.

Eine betriebswirtschaftliche Ausrichtung statt der ursprünglich geplanten Ausrichtung nach Branchen sei sinnvoll. „Bei der Ausgestaltung muss dabei aber sichergestellt werden, dass Corona-bedingte Umsatzeinbußen, welche sich erst zeitverzögert in den Sommermonaten bis August manifestieren, ebenso berücksichtigt werden“, forderte Klotzki.

Der Lebensunterhalt muss nach seiner Überzeugung insbesondere im Bereich der Soloselbstständigen miteinbezogen werden, da hier eine starre Abgrenzung lebensfremd sei.

Die Familienunternehmer kritisieren die Ausgestaltung der neuen Überbrückungshilfen. Aus ihrer Sicht sind die in den Eckpunkten des Ministeriums enthaltenen Grenzen für Hilfszahlungen willkürlich. „Die weitere Hilfe von mindestens 60 Prozent Umsatzeinbruch nur von zwei Umsatzmonaten abhängig zu machen geht an der sachlichen Realität vorbei“, sagte Albrecht von der Hagen, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Familienunternehmer, dem Handelsblatt. Diese willkürlich gezogene Grenze sei zu scharfkantig.

Aus Sicht der Mittelständler werden zudem Unternehmen ab 250 Mitarbeitern erneut ausgeschlossen. „Dies diskriminiert erneut viele dieser Firmen, die trotz größerer Umsatzeinbrüche weiterhin nicht an den Rekapitalisierungen nach dem Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Gesetz (WSF) teilhaben können. Damit würde in den Schutzmaßnahmen für den Mittelstand eine neue Lücke aufgerissen“, sagte von der Hagen.

Die Familienunternehmer empfehlen Altmaier, sich am Hilfsprogramm von Österreich zu orientieren. „Ein Programm mit bis zu 50.000 Euro pro Unternehmen wirkt für größere Mittelständler zudem wie ein zu kleines Pflaster auf zu tiefer Wunde.“

Österreich stelle in einem vergleichbaren Programm Hilfen von bis zu 90 Millionen Euro zur Verfügung, wobei hier eine Staffelung nach der Stärke des konkreten Umsatzeinbruchs erfolge. „Je stärker der Einbruch, desto höher die Hilfszahlung. Diesem Beispiel sollten wir folgen. Ansonsten bluten viele Mittelständler aufgrund der Corona-Verletzungen weiter langsam aus“, befürchtet von der Hagen.

In Regierungskreisen hieß es, hinsichtlich der zusätzlichen Hilfen für den Mittelstand im Volumen von mindestens 25 Milliarden Euro gebe es unter den Ressorts keinen Disput. Die Hilfen seien zwischen dem Wirtschafts- und dem Finanzressort geeint.