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Im Alltag Sprachkenntnisse aufpolieren

Aus einem Sprachtandem kann Freundschaft werden: Die beste Voraussetzung, um eine Fremdsprache regelmäßig zu sprechen.
Aus einem Sprachtandem kann Freundschaft werden: Die beste Voraussetzung, um eine Fremdsprache regelmäßig zu sprechen.

Vokabeln lernen, Grammatik pauken - das hat in der Schule schon wenig Spaß gemacht. Lassen sich verschüttete Sprachkenntnisse auch auf andere Weise wieder zu Tage fördern?

Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Die Worte fehlen, die Sätze holpern - unangenehm unsouverän fühlt sich das an, wenn Fremdsprachenkenntnisse eingerostet sind. Ein Sprachkurs könnte helfen.

Nur muss dafür erst einmal Zeit sein zwischen Job, Familie und sonstigen Verpflichtungen. Und muss das wirklich sein, wieder Vokabeln lernen, unregelmäßige Verben und Grammatik-Regeln? Geht das nicht auch einfacher, spielerischer, mit weniger Zeitaufwand?

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Apps für das Smartphone vermitteln zumindest den Eindruck: Morgens in der U-Bahn ein paar Vokabelkarten mit bunten Bildern, abends noch fünf Minuten Lückentext. Die Lektionen bestehen in der Regel aus kleinen Häppchen, die schnell mal zwischendurch erledigt werden können. Manche Apps sind kostenlos, für andere muss ein Abo abgeschlossen werden. Wer täglich seine Aufgaben erledigt, sammelt Bonuspunkte und erklimmt neue Level.

«Das Mädchen isst einen Apfel»: Künstliche Sätze in Apps

«Positive Verstärkung hilft beim Lernen», sagt Daniela Elsner. Sie ist Professorin für Sprachlehrforschung und Didaktik am Institut für England- und Amerikastudien der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Das machen die Apps mit ihren Belohnungspunkten also ganz gut. Doch ihnen fehle eine ganz entscheidende Komponente des Spracherwerbs, das «entdeckende Lernen», das Erproben von Vokabeln und Grammatik in der Praxis. «In den Apps werden oft sehr künstliche Sätze vorgegeben», beobachtet Elsner. Frei in der Fremdsprache zu reden, lerne man auf diese Weise nicht: «Dafür muss man selbst Sätze formulieren und mit anderen in der Sprache interagieren.»

Sich täglich ein paar Minuten durch eine App zu klicken, reicht deshalb nicht aus, um verschüttete Sprachkenntnisse wieder an die Oberfläche zu holen. Aber: «Eine Sprache, die man schon einmal gelernt hat, ist nicht komplett weg. Ein Grundbestand bleibt, und der lässt sich gut wieder aktivieren», macht Elsner Hoffnung.

Die schlechte Nachricht: Ganz ohne Aufwand funktioniert das nicht. «Wenn es etwas bringen soll, muss man schon etwas Zeit dafür aufbringen», sagt Mario Oesterreicher. Als Leiter der Fremdsprachenausbildung Nürnberg am Sprachenzentrum der Universität Erlangen-Nürnberg begleitet er Studierende beim Sprachenlernen.

Der Vorsitzende des Lehrerverbands «Englisch & Mehrsprachigkeit» rät, die Frage «Was möchte ich erreichen?» an den Anfang des Sprachlernprojekts zu stellen. Will man Fachtexte schneller lesen können? Gespräche in der fremden Sprache besser verstehen? Oder souveräner telefonieren?

Mit Sprachzeitungen und -magazinen lasse sich zum Beispiel der Wortschatz vergrößern: Die Texte sind für Sprachschüler konzipiert, wichtige Vokabeln werden übersetzt. Diese Wörter gilt es dann systematisch zu lernen, ganz ähnlich wie früher in der Schule.

«Als Erwachsener, der früher schon einmal eine Sprache gelernt hat, weiß man dann aber in der Regel schon, mit welcher Methode das am besten funktioniert», sagt Oesterreicher, «mit Karteikarten zum Beispiel, mit Vokabellisten oder -apps.» Das Hörverstehen lässt sich mit Podcasts schulen. Besonders sinnvoll sind Angebote, bei denen sich der Text nachlesen lässt.

Ein spannender Film kann den Lerneffekt steigern

Ähnlich sieht es mit Filmen und Serien in der fremden Sprache aus. Bei Netflix und Co. kann von der synchronisierten Fassung auf die Originalsprache umgeschaltet werden. «Man sollte sich dazu aber immer auch die Untertitel in der jeweiligen Sprache anzeigen lassen, damit man die Wörter auch liest und die Sprache nicht einfach vorbeirauscht», sagt Sprachdidaktikerin Daniela Elsner.

Wenn ein Film besonders spannend ist, kann das sogar den Lerneffekt steigern: «Lernen funktioniert nur mit emotionaler Beteiligung.» Möglicherweise vermittelt allerdings ein Action-Streifen nicht das Vokabular, das auf beruflichem Parkett weiterhilft.

Und: Das Sprechen lässt sich auf diese Weise nicht üben. Aber auch hier gibt es Alternativen zum klassischen Sprachkurs - der ohnehin nur etwas bringe, wenn der Stoff auch nachgearbeitet werde, sagt Oesterreicher. Eine Sprachreise ist möglicherweise deutlich effektiver: «Wenn ich mich zwei Wochen lang ausschließlich in der fremden Sprache bewege, tauche ich viel intensiver ein.»

Tandempartner: Zu zweit Sprachen lernen

Eine andere Möglichkeit sind Sprachtandems: Die Deutsche, die ihre Englischkenntnisse aufpolieren möchte, trifft sich - entweder persönlich oder virtuell per Chat - regelmäßig mit der Britin, die ein Praktikum in Deutschland macht und besser Deutsch lernen möchte. Hier ist nicht einer der Schüler und der andere der Lehrer, sondern zwei Lernende unterstützen sich gegenseitig. Die Idee: Man spricht immer mindestens eine halbe Stunde in einer der beiden Sprachen, dann wird gewechselt.

«Man kann sich im Café treffen, spazieren gehen oder auch zusammen einkaufen und dabei die unterschiedlichen Lebensmittel benennen», sagt Bettina Lohse von der Hamburger Volkshochschule. Dort wurde 2018 eine Online-Tandembörse ins Leben gerufen wurde, weil das Schwarze Brett überquoll von Zetteln mit Sprachpartner-Gesuchen.

Lohse nutzt das Angebot selbst: «Ich möchte meine Französisch-Kenntnisse aus der Schule auffrischen.» Ihr Sprachpartner ist ein junger Algerier, «und wenn wir uns unterhalten, merke ich, wie ich wieder in die Sprache hineinkomme».

Grundkenntnisse sollten vorhanden sein, damit eine Unterhaltung überhaupt möglich ist. «Für Anfänger eignet sich das Sprachtandem nicht», sagt Lohse. Wer bestimmte Ziele verfolgt, beispielsweise Fachvokabular für den Job lernen möchte, sollte das vorab angeben. Mit etwas Glück entstehen sogar Freundschaften - und das ist dann ohnehin, «eine der besten Methoden», um quasi nebenbei die Sprache zu lernen, findet Sprachdidaktikerin Daniela Elsner.