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Abmahnen für Anfänger

Auf den ersten Blick haben sich in modernen Firmen alle lieb. Auf den zweiten auch. Und für den dritten ist selten Zeit, obwohl Führungskräfte mehr denn je überlegen müssen, wie sie notwendige Kritik noch an Mann oder Frau bringen. Konstruktiv natürlich. Und proaktiv, denn Herr K. hält es jetzt einfach nicht mehr aus, so unfassbar inkompetent ist sein Abteilungsnachwuchs, dieser Generation-Y-Vollhorst namens Lasse, dem er gerade eine Abmahnung schreibt, die schnell an Fahrt gewinnt.

„Lieber Lasse, natürlich finden wir alle dein gesellschaftspolitisches Engagement toll. Allerdings sollte man bei einem Key Account, dessen weitverzweigtes Maschinenbau-Portfolio bis in die Bereiche Zigarettenproduktion und Jachtbau reicht, nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen. Das Lungenkrebs-Schicksal deines Großonkels war jedenfalls ebenso wenig zielführend für unsere lang vorbereitete Akquise wie deine Bemerkungen über das Auseinanderklaffen von Arm und Reich auf der Welt bzw. die fragwürdige Rolle diverser Oligarchen (und Schiff-Fans) für die Zukunft Russlands.“


Herr K. findet das alles noch viel zu nett und schreibt sich in Rage: „Ich kann mich eigentlich nur noch wundern, mit wie viel Dummheit, Inkompetenz und leider auch noch damit verbundener Chuzpe du hier wie anderswo mit dem Arsch einreißt, was deine Kollegen in monatelanger Arbeit zusammengeporkelt haben.“ Ist er zu vulgär? Herr K. ersetzt „zusammengeporkelt“ durch „vorbereitet“ und schreibt weiter: „Drei Millionen hat uns dein unbedarftes Gelaber gekostet. Du bist nicht nur dumm, sondern auch dreist und deshalb …“

In diesem Moment kommt Frau Jung, Herr K.s Assistentin, rein: „Sie wissen schon, dass Lasse von Reschke die Arbeitsgruppe ‚Digital User Experience’ anvertraut bekam, oder? Der Alte hält große Stücke auf den Jungen.“ Herr K. versucht, Frau Jung möglichst gelangweilt anzuschauen. Dann wendet er sich einer, sagen wir: gestalterischen Modifikation der geplanten Abmahnung zu. Er löscht den ersten Entwurf und schreibt:

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„Lieber Lasse, danke für deine tollen Wortbeiträge beim jüngsten Treffen mit unserem Key Account. Deine Infos haben sicher auch unserem Kunden neue Horizonte erschlossen, wenngleich der Auftrag erst einmal nicht zustande kommt. Muss ja nicht kausal zusammenhängen. Vielleicht waren wir selbst auch zu ehrgeizig. Es wäre nur super, wenn wir unsere Kommunikationsstrategien im Team das nächste Mal besser koordinieren könnten. Meinst du nicht? Nur so als Idee mal.“

Herr K. lehnt sich in seinem ergonomischen Bürostuhl mit Synchro-Relax-Mechanik zurück und lächelt: Diesem Knalldeppen hat er’s mal richtig gezeigt. Man muss gelegentlich auch deutlich werden.
Was er da noch nicht weiß: Seine Mail wird im Betriebsrat ein Nachspiel haben. So harsch könne man mit Nachwuchskräften nicht umspringen, wird es heißen.

Als Herr K. Abitur machte, waren Computer noch etwas für die komischen Typen aus der Informatik AG. Damals kriegten die kein Mädchen ab, heute kontrollieren sie Hidden Champions im Bereich Business Solutions mit Standorten auf drei Kontinenten. Es gab noch keine Smartphones, kein Internet, keine Generation Y, nur Kassettenrecorder, Wählscheibentelefone und sogar die DDR. Patchwork war allenfalls Omas Auslegeware. Herr K. ist - beruflich wie privat - bisweilen irritiert von dieser sich rasant verändernden Welt, will sich aber nichts anmerken lassen. Er ist jetzt in einem Alter, in dem es um letzte Fragen geht: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Und wie viel Bonusmeilen gibt's auf dem Weg dorthin? Diese Kolumne will künftig die Antworten liefern. Anregungen für Herrn K. bitte an: herr.k@handelsblatt.com oder folgen Sie Herrn K. auf Twitter: @herrnK

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