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Rekordgewinn entgangen – Wie der starke Euro die Dax-Konzerne belastet

Ein schwacher Dollar ist gut für uns in Bezug auf Exporte und geschäftliche Möglichkeiten“, frohlockte US-Finanzminister Steven Mnuchin schon vor über einem Jahr auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos. Seine Prophezeiung zahlte sich für die amerikanischen Konzerne aus.

Die 30 Unternehmen im Dow Jones steigerten 2018 ihre Gewinne vor Steuern (Ebit) gegenüber dem Rekordvorjahr um 15 Prozent auf 500 Milliarden Dollar. Zumindest einige Milliarden Dollar davon resultieren allein aus Währungsgewinnen, weil die US-Konzerne bei ihren Geschäften in Europa für jeden umgerechneten Euro, der 2018 um gut fünf Prozent an Wert gewann, mehr Dollar einstrichen.

Umgekehrt geht es den deutschen Unternehmen, wie Handelsblatt-Berechnungen zeigen. Beim Markenhersteller Henkel, dem Chemieriesen BASF, dem Gesundheitskonzern Fresenius und vielen anderen schmälerte nicht nur die schwächere Weltwirtschaft, sondern auch der Euro das Ergebnis. Dieser drückte bei den 30 Dax-Konzernen das Vorsteuerergebnis gegenüber 2017 um gut drei Prozent auf 130 Milliarden Euro. Ohne den Währungseffekt hätten die Unternehmen den Vorjahresrekord noch einmal um ein paar Millionen gesteigert.

Beispiel Henkel: „Sie haben zehn Prozent unseres Aktienkapitals vernichtet“, schimpfte Hans-Martin Buhlmann von der Vereinigung Institutioneller Privatanleger in Richtung Henkel-Chef Hans Van Bylen. Neben dem stark gefallenen Aktienkurs empörte einige Aktionäre auf der diesjährigen Hauptversammlung des Düsseldorfer Markenkonzerns, dass das Management viel über Sonderfaktoren und bereinigte Gewinne, aber nur wenig über den tatsächlich verbliebenen Gewinn berichtete.

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Tatsächlich haben Sonderfaktoren in Form von Währungsschwankungen Henkels Erträge mehr als aufgefressen. Sobald Henkel nämlich seine im Dollar-Raum – wozu neben Amerika auch weite Teile Asiens zählen – erzielten Umsätze in Euro umrechnet und bilanziert, verringern sich die Erträge: nicht weil die Geschäfte dort schlecht liefen, sondern weil der gestiegene Euro die Erträge schmälert. Ein Umrechnungseffekt macht so aus einem Zuwachs schnell einen Rückgang an Erträgen.

Konkret bedeutete dies für Henkel, dass der Umsatz, bereinigt um Währungsschwankungen, 2018 um 4,8 Prozent auf über 21 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr gestiegen ist. Tatsächlich aber fiel er um 5,4 Prozent – weil durch die Umrechnung in Euro weniger übrig blieb.

Am Ende gab es also doch kein Plus, sondern ein Minus. Auch deshalb fiel die Henkel-Aktie. Weniger Umsatz und weniger Kurswert auf dem Depotzettel – so viel Frust haben die erfolgsverwöhnten Anteilseigner des Markenkonzerns zuletzt in der großen Wirtschaftskrise vor zehn Jahren erlebt.

Euro-Stärke ging mit Konjunkturschwäche einher

So wie Henkel ergeht es vielen. Währungsverluste schmälerten bei Infineon und BASF den Umsatz jeweils um vier Prozent. Das waren bei dem Chemiehersteller 2,2 Milliarden Euro. „Analog gilt das auch für den Gewinn“, stellt ein BASF-Konzernsprecher klar. „Zwar nicht um exakt vier Prozent, aber das Minus geht in die gleiche Richtung.“

Die Folge: Viele Erwartungen gingen nicht auf. Jedes dritte börsennotierte Unternehmen strich 2018 seine Jahresprognose zusammen. Dass die Euro-Stärke mit einer sich abschwächenden Konjunktur einherging, wirkte sich besonders negativ aus. In den vergangenen Jahrzehnten war es fast immer umgekehrt: Der Euro stieg in konjunkturell besseren Phasen, sodass die gute Gesamtlage den negativen Währungseffekt ausgleichen konnte. Diesmal wirkten zwei Negativeinflüsse zusammen.

Eine Auswertung aller Jahresabschlüsse der Dax-Konzerne belegt diesen Trend. Sobald die Konzerne ihre in den USA, aber auch in Mittel- und Südamerika erzielten Gewinne in Euro umrechnen, verringern sich die Erträge – eben weil viele Auslandswährungen gegenüber der europäischen Einheitswährung an Wert verloren haben. Die meisten Konzerne beziffern diesen Effekt in ihrer Jahresbilanz. Aufgrund ihrer starken Auslandsgeschäfte und Abhängigkeiten von Fremdwährungen legen die Unternehmen ihren Anlegern währungsbereinigte und nicht währungsbereinigte Erträge vor. Das ist nach einhelliger Auffassung von Finanzmarktexperten keine Augenwischerei. Vielmehr vermitteln die Zahlen das Ausmaß der allein durch Währungsschwankungen verzerrten Erträge.

Die Deutsche Telekom etwa erwirtschaftete 2018 ein gegenüber dem Vorjahr um 1,1 Milliarden Euro oder fünf Prozent gestiegenes bereinigtes Ebitda von 23,3 Milliarden Euro. Dabei belasteten negative Währungseffekte mit einer halben Milliarde Euro.

Ohne deren Berücksichtigung stieg der Gewinn (Ebitda) um 1,6 Milliarden Euro oder 7,2 Prozent. Hauptgrund für diesen Abschlag ist das Geschäft in Amerika, wo die Telekom mit 48,5 Prozent fast die Hälfte ihres weltweiten Umsatzes erzielt. Niedriger ist der Effekt nur bei den wenigen Unternehmen mit sehr geringen und gar keinen Geschäften im Dollar-Raum, wie den beiden Stromversorgern RWE und Eon sowie dem Immobilienkonzern Vonovia.

Unternehmen reagieren gelassen auf entgangene Gewinne

Anders sieht es bei Fresenius aus. Der Gesundheitsdienstleister erwirtschaftet gut 60 Prozent seines Geschäfts außerhalb Europas und damit in Fremdwährungsländern, bei der ebenfalls im Dax notierten Tochter Fresenius Medical Care sind es sogar fast 85 Prozent. Fresenius berichtet so detailliert wie kaum ein anderes Unternehmen über die Auswirkungen der Währungsschwankungen auf seine Geschäfte.

Der Konzernumsatz stieg 2018 unter Ausklammerung der Währungsschwankungen um sechs Prozent. Tatsächlich legte er aber nur um zwei Prozent auf 33,4 Milliarden Euro zu. Die Umrechnungseffekte hatten also einen negativen Einfluss von vier Prozent. Sie ergeben sich insbesondere aus der Abwertung des US-Dollars, aber auch des argentinischen Pesos gegenüber dem Euro. In Lateinamerika verminderten die deutlich schwächeren Währungen den Umsatz um 20 Prozent.

Die Auswirkungen setzen sich beim Gewinn fort: Das Konzernergebnis stieg um zwölf Prozent auf zwei Milliarden Euro. Bei gleichbleibenden Währungskursen wäre der Gewinn um 15 Prozent gestiegen. Fresenius hat berechnet, dass eine Veränderung des US-Dollar-Kurses zum Euro um nur einen Cent einen jährlichen Effekt von etwa 120 Millionen Euro auf den eigenen Konzernumsatz ausmacht – bei einem Gesamtumsatz von rund 22 Milliarden Euro. Beim operativen Gewinn (Ebit) liegt der Effekt bei sieben Millionen Euro – bei einem Gesamt-Ebit von 5,25 Milliarden Euro.

Die Unternehmen reagieren dennoch gelassen auf die entgangenen Gewinne. „Der Euro bereitet uns keine schlaflosen Nächte“, stellte ein Sprecher des deutsch-amerikanischen Industriegasespezialisten Linde klar. Bei BASF heißt es: „Mal läuft es in die eine, mal in die andere Richtung.“

Damit meint der Konzernsprecher, dass sich Währungsschwankungen auf lange Sicht ausgleichen. Deshalb lohnen sich Absicherungsgeschäfte gegen schwankende Währungen allenfalls in kleinerem Rahmen. Denn solche Hedging-Geschäfte, mit denen sich die Unternehmen im Voraus einen bestimmten Währungskurs sichern, kosten Geld und zehren am Ertrag – erst recht, wenn die Währung anschließend in die umgekehrte Richtung läuft.

Aktuell haben die Unternehmen keinen Grund zur Sorge. Wenn BASF, Henkel, Fresenius und Co. in den nächsten Wochen ihre Bilanz für das erste Quartal vorlegen, dann vergleichen sie sich mit einem Vorjahreszeitraum, in dem der Euro fast zehn Cent mehr kostete. Ein Teil der im gesamten Vorjahr entstandenen Währungsverluste wird also schon nach den Bilanzen für die ersten drei Monate dieses Jahres wieder ausgeglichen sein.