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Ökonomen erwarten Wirtschaftsaufschwung im neuen Jahr

Die Wirtschaftsforschungsinstitute stellen in ihren neuen Prognose fest: Der Winter-Lockdown schadet der Konjunktur auch deshalb weniger als der im Frühjahr, weil die Industrie nicht stillstehen muss.

Die Innenstädte leeren sich durch den Lockdown – doch die gesamtwirtschaftlichen Folgen dürften begrenzt bleiben. Foto: dpa
Die Innenstädte leeren sich durch den Lockdown – doch die gesamtwirtschaftlichen Folgen dürften begrenzt bleiben. Foto: dpa

Im Prinzip ist es eine gute Strategie, die Wirtschaft in einem Lockdown nicht vollständig zum Stillstand zu bringen. Das belegt die neue Konjunkturprognose des Ifo-Instituts: Die Ökonomen um Timo Wollmershäuser haben festgestellt, dass, je stärker ein Lockdown die Bewegungsfreiheit der Menschen einschränkt, desto mehr auch die Wirtschaft einbricht.

Italien, Spanien, Frankreich und Belgien gerieten auch deshalb im ersten Halbjahr 2020 tiefer in die Rezession, weil die Menschen ihre Wohnungen nicht mehr verlassen durften. „Der Zusammenhang zwischen Bewegungseinschränkungen und Tiefe der Rezession zeigt sich für das zweite und dritte Quartal in allen Ländern weltweit“, so Wollmershäuser. Um den Grad des Stillstands zu messen, analysierten die Wissenschaftler die Google-Bewegungsdaten in allen größeren Volkswirtschaften.

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Die gute Nachricht für die Länder mit den härtesten Lockdowns und der tiefsten Rezession: Sobald die Ausgangsbeschränkungen im Sommer wegfielen, erholte sich die Wirtschaft auch stärker als in den Ländern mit milderen Lockdowns.

Die Corona-Rezession führte überall zu einem V-förmigen Konjunkturverlauf: Nach dem starken Einbruch im zweiten Quartal setzte ein fast ebenso starker Wiederaufschwung ein. So hatten die Länder mit tiefer Rezession auch den steilsten Wiederaufschwung.

Das Muster der Pandemie-Rezession

Den Ökonomen hilft das Muster, jetzt auch die Effekte des zweiten Lockdowns vorauszusagen. Die wirtschaftliche Aktivität schrumpfte auch im Herbst in jenen Ländern, vor allem Europas, die einen zweiten Lockdown verhängten, während Mobilität und Wirtschaft in Ländern ohne zweite Welle stetig zulegten.

Beobachten lässt sich, dass die Einschränkungen im Herbst aber überall nicht so umfassend sind wie im Frühjahr: Die Industrie steht nirgendwo komplett still, wie es zeitweise auch wegen Lieferengpässen aus Asien im ersten Lockdown der Fall war.

Die Auftragseingänge etwa sind überraschend groß. Im Oktober liegen sie in der Automobilindustrie um sechs Prozent über dem Wert des Vorkrisenmonats Februar, so das Statistische Bundesamt. Die Auftragseingänge im Maschinenbau liegen entsprechend um 2,5 Prozent im Plus.

Der erste Frühindikator, die ebenfalls am Mittwoch veröffentlichte IHS-Markit Einkaufsmanager-Umfrage, zeigt sogar jetzt im Dezember, dass die Industrie die Konjunktur stark stützt: Die Produktion wurde demnach in hohem Tempo weiter ausgeweitet.

Für die Konjunktur in Deutschland heißt dies: Im vierten Quartal wird es wohl lediglich zu einem leichten Minus der Wirtschaftsleistung kommen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) soll im vierten Quartal nur um 0,4 Prozent schrumpfen, so das Ifo-Institut – und im ersten Quartal 2021 wieder um 0,6 Prozent wachsen. Damit käme Deutschland um eine zweite Corona-Rezession herum.

Zwar ist die Verschärfung ab diesem Mittwoch bis zum 10. Januar in diese Zahlen noch nicht eingepreist, da aber wegen der Feiertage ab Heiligabend ohnehin ein Großteil der Wirtschaft nur mit halber Kraft arbeitet, hält Wollmershäuser den Effekt der Verschärfungen auf die Gesamtwirtschaft für begrenzt.

Es ist demnach im Wesentlichen der stationäre Nicht-Lebensmittel-Einzelhandel, der nun zusätzlich leidet: Für diese Geschäfte erwartet der Einzelhandelsverband HDE, dass sie 20 Prozent ihres Jahresumsatzes in diesem Jahr verlieren – während sich der Onlinehandel über einen Zuwachs um mehr als 20 Prozent freuen kann.

Hartes Jahr für Restaurants und Hotels

Härter als der Einzelhandel sind aber Gast- und Hotelgewerbe getroffen: Ihr Umsatz während der Lockdowns ist unwiederbringlich dahin – während der Handel noch darauf hoffen kann, dass der Konsum 2021 nachgeholt wird.

Aufs Gesamtjahr 2020 berechnet, schrumpft die deutsche Wirtschaft nach Einschätzung des Ifo-Instituts um 5,1 Prozent. Diese Erwartung teilen auch die Bundesbank, das DIW und die Wirtschaftsweisen. Das RWI-Institut, das ebenfalls am Mittwoch seine neue Prognose vorlegte, erwartet demgegenüber ein Minus von 5,4 Prozent für 2020: Es rechnet damit, dass im vierten Quartal die Wirtschaftsleistung lockdownbedingt um 1,7 Prozent schrumpfen wird.

Für 2021 ist Wollmershäuser etwas optimistischer als andere Konjunkturforscher und erwartet ein Plus von 4,2 Prozent. Die Wirtschaftsweisen gehen von plus 3,7 Prozent Wachstum aus, das DIW nach einer Korrektur seiner Prognose von letzter Woche nur mehr von 3,5 Prozent.

Deutlich optimistischer fallen demgegenüber an diesem Mittwoch die Prognosen des RWI und des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) für 2021 aus. „Die wirtschaftliche Erholung wird durch die zweite Infektionswelle und die notwendigen Gegenmaßnahmen zwar unterbrochen. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, sagte IMK-Direktor Sebastian Dullien. Die Industrie werde kaum vom zweiten Lockdown getroffen, die Hilfspakete von Regierung und Europäischer Zentralbank wirken, ist er überzeugt.

Da der Lockdown Branchen wie Gastronomie, Freizeiteinrichtungen, Reisen und Teile des Handels erneut lahmlegt, prognostiziert das IMK für die kommenden Monate eine gesamtwirtschaftliche Stagnation, wobei ein gewisses Risiko einer neuen „Mini-Rezession“ über den Jahreswechsel bestehe. Danach aber werde – auch wegen der Impfungen – ein starker Aufschwung einsetzen, so Dullien. Wie das RWI erwartet er 2021 ein Plus für das BIP von 4,9 Prozent.

Das Ifo wiederum erwartet in seiner Prognose, dass der „Lockdown light“ des Novembers bis Ende März gelten wird – nur so lasse sich das Virus beherrschen. Mit einer steigenden Zahl an Impfungen könne dann aber schnell gelockert werden – und die Wirtschaft womöglich noch stärker als aktuell errechnet wachsen.

Wenn es Deutschland gelungen wäre, die zweite Welle früher zu brechen, dann stünde es gar nicht schlecht um die Konjunktur: Die Kurzarbeit hat wie nach der Finanzkrise geholfen, dass sich die Wirtschaft nach dem Ende des Frühjahrs-Lockdowns kräftig erholte und das BIP Anfang Oktober 96 Prozent seines Vorkrisenniveaus erreichte.