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Volkswagen plant neue Standorte für Elektroautos

Der Passat war jahrzehntelang eines der wichtigsten Autos von Volkswagen – langsam, aber sicher wird die Limousine jedoch zum Auslaufmodell. 2014 hat der Wolfsburger Autokonzern noch fast 750.000 Passat-Limousinen produziert. Im vergangenen Jahr waren es gerade noch 660.000 Exemplare – und die Tendenz ist weiter fallend.

Die klassische Limousine wird immer weniger gekauft, in der Autobranche zählen fast nur noch Geländewagen. Und wenn künftig auch noch die Nachfrage nach Elektroautos anziehen wird, haben selbst frühere Erfolgsmodelle wie der Passat keine Überlebensgarantie.

Die Mitarbeiter spüren den Paradigmenwechsel schon jetzt – beispielsweise in der Fabrik Emden, dem Leitwerk für die europäische Passat-Produktion. In diesem Jahr sollten in Ostfriesland eigentlich 250.000 Exemplare des Wagens gefertigt werden, bis Ende Dezember dürften es nach aktuellem Stand keine 230.000 mehr werden.

Die 9000-köpfige Belegschaft hat sich in diesem Jahr schon an Kurzarbeit und ausgefallene Schichten gewöhnen müssen. 2019 drohen weitere Stillstände. Ein Teil der Emder Belegschaft soll deshalb an die Stuttgarter Volkswagen-Tochter Porsche ausgeliehen werden.

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Doch das hilft nur kurzfristig: „Langfristig muss etwas passieren“, warnte VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh schon im Sommer. Das Werk in Emden brauche recht schnell neue Modelle, um weniger vom Passat abhängig zu sein. Bei Volkswagen wurde deshalb über einen SUV für die USA und ein Skoda-Modell diskutiert, die in Emden künftig von den Bändern laufen könnten.

Das wäre allerdings nicht die erhoffte langfristige Lösung. Vor allem für den Fall, dass es mit dem Passat noch schneller abwärtsgeht. Deshalb wird bei Volkswagen inzwischen über eine ganz neue Lösung nachgedacht. Die Passat-Produktion könnte auf absehbare Zeit in Emden völlig eingestellt werden. Dafür bekäme das Werk in der ostfriesischen Kleinstadt eine führende Rolle bei der Elektrifizierung der VW-Fahrzeugflotte – und der Passat würde endgültig zum Symbol für die Trendwende bei VW.

Das Thema steht bei der nächsten Aufsichtsratssitzung Mitte November bei Volkswagen ganz oben auf der Tagesordnung. Dabei geht es nicht nur um Emden. Der VW-Konzern entscheidet über die Investitionsplanung der kommenden zehn Jahre. Viel Geld wird der Aufsichtsrat auf diesem Treffen verteilen.

Schon vor einem Jahr hatte das Kontrollgremium entschieden, dass bis zum Jahr 2022 etwa 34 Milliarden Euro für die Elektrifizierung und die Digitalisierung der Konzernflotte ausgegeben werden sollen. Das Aufsichtsratstreffen in der kommenden Woche wird zu einem der wichtigsten Treffen der vergangenen Jahre. Die obersten Kontrolleure des Konzerns müssen eine Grundsatzentscheidung darüber treffen, wie die deutschen Volkswagen-Fabriken auf das neue Zeitalter der Elektromobilität umgestellt werden.

In der kommenden Woche geht es zudem um ein neues Werk für Skoda. Die tschechische Konzerntochter braucht schnell zusätzliche Kapazitäten. Skoda hat ein Luxusproblem: Die Autos aus Tschechien verkaufen sich zu gut.

Emden könnte Modellwerk werden

Was die deutschen VW-Werke betrifft, wird voraussichtlich nicht nur Emden auf längere Sicht eine größere Bedeutung in der Elektrostrategie des Konzerns bekommen. Der Aufsichtsrat muss genauso darüber entscheiden, wie es im Nutzfahrzeugwerk in Hannover weitergehen soll. Auch bei den Transportern wird sich der Batterieantrieb in den kommenden Jahren immer stärker durchsetzen.

Bislang gibt es bei Volkswagen nur ein einziges Werk, in dem ausschließlich Elektrofahrzeuge produziert werden sollen. Für eine gute Milliarde Euro baut der VW-Konzern gerade die Fabrik im sächsischen Zwickau um.

Dort sollen von Ende kommenden Jahres an die ersten Fahrzeuge auf der neuen Elektroplattform MEB von den Bändern rollen. Mit der ID-Baureihe will Volkswagen dort tatsächlich das Elektrozeitalter beginnen und in die Massenfertigung von E-Autos einsteigen.

Wenn Volkswagen sich für ein langfristiges Ende der Passat-Produktion in Emden entscheiden sollte, könnte die Fabrik nach Zwickau zur zweiten Produktionsstätte ausschließlich für Elektro-Pkw umgewandelt werden. Emden könnte zudem noch aus einem anderen Grund Modellcharakter für den gesamten Konzern bekommen.

Die VW-Fabrik steht an der Nordseeküste, nicht weit entfernt von den Windparks im Wattenmeer. Volkswagen könnte die Fabrik in Emden so ausstatten, dass die Produktion mithilfe von Windstrom komplett kohlendioxidneutral ausgelegt wird.

Nach der Dieselaffäre wäre das ein Imagegewinn für Volkswagen: Der Konzern könnte damit aufzeigen, dass er es ernst nimmt mit dem Klimaschutz. „Darüber wird diskutiert“, bestätigte ein Topmanager dem Handelsblatt im Vorfeld der Aufsichtsratssitzung. Offiziell wollte sich der Konzern nicht zu den laufenden internen Gesprächen äußern.

Die Planungen für Emden gehen jedoch noch weiter. Volkswagen wird möglicherweise mit dem koreanischen Hersteller SK Innovation mit Milliardenaufwand eine Fabrik für Batteriezellen in Deutschland errichten. Ein möglicher Standort dafür wäre wiederum Emden. „Wenn die Batteriefertigung an der Küste mit Strom aus Windkraft versorgt werden kann, bietet sich ein Standort im Norden an“, hatte Betriebsratschef Osterloh schon gesagt.

Wie dazu aus Konzernkreisen verlautete, ist der Bau einer Zellfabrik unter den aktuellen Kostenbedingungen nicht möglich. Eine Emder Zellfabrik wäre wegen Personal- und hoher Stromkosten nicht wettbewerbsfähig. Deshalb könnte eine Zellfabrik nur mit „massiver politischer Unterstützung“ gebaut werden. Bei der Produktion von Batteriezellen wird extrem viel Strom verbraucht, mehr als in jeder Fahrzeugfertigung.

Ganz so weit gehen die Überlegungen für das Nutzfahrzeugwerk in Hannover nicht, dort dürfte es bei der reinen Fahrzeugfertigung bleiben. „Auch in Hannover brauchen wir langfristig Sicherheit und eine klare Perspektive“, sagte ein Insider. „Und natürlich bietet sich auch dort ein Wechsel auf die Elektroplattform an.“

Bei den Nutzfahrzeugen in Hannover (Transporter, Caddy, Amarok) gibt es eine besondere Situation. Volkswagen hatte bereits im Sommer angekündigt, dass der Wolfsburger Autohersteller bei leichten Nutzfahrzeugen eine Kooperation mit dem US-Konzern Ford eingehen werde. Die Details dieser Zusammenarbeit sind noch nicht festgezurrt. Bei Volkswagen wird zumindest darüber nachgedacht, dass ein Teil der Transporterproduktion in einigen Jahren in das Ford-Werk in der Türkei verlagert werden könnte.

Eine solche Entscheidung hätte unmittelbare Konsequenzen für das Werk in Hannover. Volkswagen müsste sich überlegen, wie diese Fabrik mit mehr als 10.000 Beschäftigten in Zukunft ausgelastet werden kann.

Zwickau in der Vorreiterrolle

Eine Möglichkeit wäre dann ebenfalls der Schwenk hin zum Elektroantrieb. „In Hannover könnten beispielsweise alle schwereren MEB-Ableger gefertigt werden“, hieß es dazu aus Konzernkreisen. Von der Elektroplattform MEB gibt es eine leichtere Variante für Pkw und einen zweiten Ableger für die gewerbliche Nutzung, der größere Lasten verträgt.

Emden könnte demnach eine Produktionsstätte für Pkw auf MEB-Basis werden, Hannover würde in eine Fabrik für Nutzfahrzeuge mit elektrischem Antrieb umgewandelt. In Hannover kommt dann möglicherweise noch der ID Buzz dazu – der Kleinbus-Ableger aus der ID-Modellreihe, der dem VW-Transporter als elektrifiziertes Campermobil („California“) nachfolgen kann.

Die VW-Fabrik in Zwickau – mit etwa 9000 Beschäftigten – hat schon jetzt eine Vorreiterrolle für den gesamten Konzern bekommen. Das Werk in Sachsen wird der weltweit erste Standort im Konzern sein, der nur Autos auf der neuen MEB-Elektroplattform produziert.

Zunächst beginnt dort Ende nächsten Jahres die Fertigung des ID Neo im Golf-Format, die Fertigung des SUV ID Crozz setzt etwas später im Jahr 2020 ein. Pro Tag werden 1 500 Elektroautos von den Bändern laufen. Der Konzern will dort auch E-Modelle der Marken Audi und Seat produzieren.

In Zwickau wurden bislang klassische Verbrennermodelle wie der Golf produziert. In Zukunft wird diese Tranche auch im Stammwerk Wolfsburg gefertigt, wo jetzt schon der überwiegende Teil der Golf-Produktion zusammengefasst ist. Volkswagen will damit erreichen, dass die Jahresproduktion in Wolfsburg von aktuell etwa 800.000 auf eine Million Fahrzeuge gesteigert werden kann. Dieser Schritt soll im Stammwerk für eine höhere Produktivität sorgen.

Die tschechische Volkswagen-Tochter Skoda hat hingegen ganz andere Probleme. Wegen ihrer anhaltenden Verkaufserfolge wird der Konzernaufsichtsrat in der kommenden Woche voraussichtlich auch über zusätzliche Fertigungskapazitäten für die Marke entscheiden.

Nach aktuellem Stand würde der Konzern eine neue Fabrik bauen, die federführend von Skoda betrieben wird, in der aber auch Fahrzeuge anderer Konzernmarken produziert werden können. Tschechien fällt als Standort aus, weil es dort kaum noch verfügbare Arbeitskräfte gibt. Der VW-Konzern dürfte wahrscheinlich noch weiter nach Osten gehen. „Im Gespräch sind etwa Bulgarien und die Türkei“, verlautete dazu aus Konzernkreisen.