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Unternehmer finden keine Nachfolger – Corona lähmt das Interesse weiter

Senior-Unternehmer hatten schon vor der Pandemie oft Schwierigkeiten, Nachfolger zu finden. Corona verschärft die Situation noch, zeigt ein aktueller DIHK-Report.

Schon seit Jahren fällt es Inhabern, die sich aus Alters- oder anderen Gründen zurückziehen wollen, zunehmend schwer, ihre Firma in andere Hände zu übergeben. Die Coronakrise dürfte diese Problematik weiter verschärfen. Darauf deutet der jüngste Report des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) zur Unternehmensnachfolge hin. Er liegt dem Handelsblatt exklusiv vor.

Die Problematik verdeutlichen schon drei von rund 4700 Inseraten auf der Internetbörse Nexxt-Change, mit denen Unternehmer einen Nachfolger oder Teilhaber suchen:

  • „Am Markt etablierter Personaldienstleister aus München mit drei Niederlassungen sucht Nachfolger“

  • „Hochrentables Gebäudereinigungsunternehmen im westlichen Ruhrgebiet im Zuge einer Altersnachfolge zu verkaufen“

  • „Lukratives Invest in einen über 100 Jahre bestehenden Fachgroßhandel in Berlin“

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Von den im Oktober befragten Industrie- und Handelskammern (IHKs) gaben 71 Prozent an, dass die Zahl der Beratungen zur Unternehmensnachfolge seit Beginn der Pandemie im März stark oder sogar sehr stark zurückgegangen ist. Nur bei vier Prozent gab es mehr Gespräche. Rund jede zweite IHK rechnet deshalb für dieses Jahr mit einem Rückgang der Unternehmensnachfolgen in ihrer Region, nur neun Prozent erwarten einen Zuwachs.

Amtliche Daten zu Unternehmensübernahmen und -nachfolgen gibt es nicht. Das Bonner Institut für Mittelstandsforschung (IfM) nimmt aber seit 1995 auf Basis der Umsatzsteuerstatistik, des Mikrozensus und eigener Erhebungen eine Schätzung vor. Demnach steht im Zeitraum von 2018 bis 2022 in rund 150.000 Familienunternehmen die Übergabe an, was 30.000 Übergaben pro Jahr entspricht. Davon sind über den Fünf-Jahres-Zeitraum etwa 2,4 Millionen Beschäftigte berührt.

Infolge der Coronakrise sinkt der Wert vieler Unternehmen

Nach Einschätzung der Industrie- und Handelskammern könnte die Coronakrise das Problem der Nachfolgersuche in diesem Jahr noch verschärfen, weil durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie der Wert vieler Unternehmen gesunken ist.

Eigentümer könnten es sich somit noch einmal überlegen, ob sie wirklich zum gegenwärtigen Zeitpunkt verkaufen wollen, und potenzielle Nachfolger, ob sie das Risiko in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wirklich eingehen.

„Die Nachfolger der heutigen Firmenchefs stehen oft schon in den Startlöchern“, sagt der Präsident des Verbands Die Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée. „Doch zu viele werden wegen der Corona-Politik mit dünneren Auftragsbüchern, Kurzarbeit und hohen Schulden konfrontiert sein.“

Es kann aber auch sein, dass es zunächst gilt, überhaupt die Existenz des Betriebs zu sichern, und eine angepeilte Übergabe deshalb noch einmal verschoben wird. Oder dass die Pandemie dem Unternehmen den Todesstoß versetzt.

Für 13 IHKs liegen Angaben darüber vor, wie viele Senior-Unternehmer angesichts von Corona ans Aufgeben denken. Acht Kammern berichten, dass 20 bis 30 Prozent der Ratsuchenden erwägen, ihren Betrieb zu schließen. Bei drei Kammern liegt der Anteil niedriger, bei zweien bei mehr als 30 Prozent.

Schon vor der Corona-Pandemie zeigten sich die Schwierigkeiten, geeignete Nachfolger zu finden. So ließen sich im vergangenen Jahr 7227 Unternehmer diesbezüglich bei einer IHK beraten – fast 80 Prozent mehr als im Jahr 2010.

Zahl der Übernahmeinteressenten seit 2009 fast halbiert

Gleichzeitig hat sich die Zahl der Übernahmeinteressenten seit dem Höchststand im Jahr 2009 auf zuletzt 4302 fast halbiert. Entsprechend hatten 45 Prozent der Senior-Unternehmer, die sich 2019 bei einer IHK beraten ließen, noch keinen Nachfolger in Sicht. 2009 lag der Wert erst bei 35 Prozent. Das belege, „dass die Herausforderung strukturell wächst“, schreibt Marc Evers, DIHK-Referatsleiter für Mittelstand, Existenzgründung und Unternehmensnachfolge, in dem Report.

Es wäre deshalb „fatal“, wenn einzelne Unternehmensnachfolger angesichts der gegenwärtig ohnehin schwierigen wirtschaftlichen Situation zusätzlich mit Steuern belastet würden, warnt Familienunternehmer-Präsident Eben-Worlée. Er denkt dabei an das Erbschaftsteuergesetz. Dies sei „ein Schönwetterrecht, das für Krisensituationen völlig ungeeignet ist.“

Für die Betriebe sei es überlebenswichtig, dass für die Corona-Jahre 2020 und 2021 die Lohnsummenregelung nicht greife. Wer ein Unternehmen erbt oder geschenkt bekommt, wird nur dann ganz oder teilweise von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit, wenn er den Betrieb je nach gewähltem Modell mindestens fünf oder sieben Jahre fortführt. Außerdem sollen möglichst die Arbeitsplätze erhalten werden, was mit der Lohnsummenregelung überprüft wird.

Familienunternehmer warnen vor der Steuerkeule

Macht Corona jetzt die Weiterführung eines Betriebs unmöglich oder müssen wegen der Krise Jobs abgebaut werden, können Steuernachzahlungen fällig werden. Zwar habe die Politik signalisiert, dass die Finanzbehörden verbindlich angewiesen werden sollen, derzeit keine Steuernachzahlungen aufgrund verfehlter Lohnsummenquoten zu erheben, sagt Eben-Worlée.

„Auf etwas Verbindliches schwarz auf weiß zu diesem Versprechen warten wir aber immer noch. Es wäre doch das Mindeste, dass die krisengeschüttelten Familienunternehmer nicht auch noch unterm Weihnachtsbaum vor hohen Erbschaftsteuernachzahlungen zittern müssen.“

Nach dem DIHK-Report entfiel das Gros der zur Übernahme anstehenden Unternehmen im vergangenen Jahr auf die Branchen Handel (30 Prozent), Industrie (21 Prozent) sowie das Hotel- und Gaststättengewerbe (18 Prozent). Vor allem Letzteres ist durch Corona besonders belastet. Laut einer aktuellen DIHK-Umfrage erwarten im Gastgewerbe 93 Prozent der befragten Unternehmen erhebliche Umsatzrückgänge infolge der Pandemie.

Das Interesse potenzieller Nachfolger konzentriert sich vor allem auf die Industrie. 40 Prozent der Teilnehmer an einer entsprechenden IHK-Beratung im vergangenen Jahr wollten gern einen Industriebetrieb übernehmen. 22 Prozent gaben den Handel als bevorzugte Branche an, 14 Prozent das Hotel- und Gaststättengewerbe. Das allerdings war vor Corona.