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Unterbewerteter neuer Autoriese: Analysten raten zum Kauf von Stellantis

Vor Kurzem haben Fiat Chrysler und PSA fusioniert. Die Aktie ist eine der günstigsten der Branche, doch strategisch ist bei Stellantis noch vieles ungewiss.

Dem neuen Stern am Autohimmel steht eine glänzende Zukunft bevor – zumindest wenn man nach den Bewertungen der Analysten geht. Der von der französischen Société-Générale-Tochter Boursorama veröffentlichte Analystenkonsens sieht für Stellantis, den aus Peugeot und Fiat Chrysler frisch fusionierten Konzern, ein Kursziel von über 16 Euro in drei Monaten.

Mitte der Woche rangierte die Aktie noch bei gut 13 Euro. Die Empfehlung lautet fast überall „kaufen“. Hintergrund ist, dass das Papier im Vergleich zu anderen Werten der Branche als unterbewertet gilt.

Bei einem erwarteten Anstieg des Gewinns je Aktie von 1,01 auf 2,36 Euro ergäbe sich ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 5,3, was in der Tat günstig ist: Im Fall von Volkswagen liegt es bei ebenfalls nicht teuren 6,8. Goldman Sachs und Jefferies greifen noch höher und sehen die Aktie bei 18 Euro, die Schweizer UBS erkennt gar ein Kurspotenzial von knapp 60 Prozent bis auf 21 Euro.

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Die Analysten setzen darauf, dass die in Aussicht gestellten Synergien im Wert von fünf Milliarden Euro jährlich realisiert werden – und die Rentabilität des Unternehmens dauerhaft verbessern.

Peugeot S.A. (PSA) war einzeln eines der rentabelsten Unternehmen weltweit, im ersten Halbjahr 2020 erreichte der Konzern eine Marge von 8,5 Prozent. Das war deutlich mehr als bei den deutschen Konkurrenten Daimler, BMW oder Volkswagen.

Mit Fiat Chrysler Automobiles (FCA) zusammen, die dank der guten Geschäfte in Nord- und Südamerika ebenfalls solide dastehen, hat das neue Unternehmen eine ganz andere Kraft, um erforderliche Investitionen in die Entwicklung neuer Modelle, in Elektroantriebe, Software und die Batterieherstellung zu stemmen. Genau dafür strebten die Italiener und die Franzosen die Fusion an: um im globalen Wettkampf mithalten zu können.

Die weltweite Nummer vier sollte Stellantis nach der Fusion werden, das wurde zumindest noch vor einem Jahr erwartet. Auf Grundlage echter Verkaufszahlen des Jahres 2020 rangiert der neue Konzern mit seinen 14 Marken aber bisher nur auf Platz sechs. In Italien etwa hat die Gruppe auch im Januar nur rund 52.500 Autos verkauft – mehr als ein Fünftel weniger als noch vor einem Jahr.

Klar ist aber auch: Der Absatz hat zumindest das französische Management nie so stark interessiert wie die Rentabilität – und die sieht derzeit mehr als gut aus.

„Beide haben sich für die Konsolidierung hübsch gemacht“, meint Analyst Arndt Ellinghorst: Sowohl PSA als auch FCA würden derzeit auf Spitzenrenditen operieren. „Gleichzeitig geben beide aber auch am wenigsten für Forschung und Entwicklung aus, investieren zu wenig in Zukunftstechnologien“, findet der Aktienspezialist des britischen Investmenthauses Sanford C. Bernstein. PSA-Chef Carlos Tavares sei vor allem gut im traditionellen Autogeschäft.

Stellantis müsse nun aber zeigen, „wie die langfristige Strategie aussehen soll, wenn alle Welt elektrifiziert und sich bei der Batterieproduktion aufstellt“, fordert Ellinghorst. Bisher hat Stellantis 29 Elektroversionen in der Modellpalette, bis Ende des Jahres sollen es zehn mehr sein. Bis 2025 wird jedes neue Modell auch eine Elektrovariante haben, kündigte Tavares an.

Die Konkurrenz geht da allerdings schon viel weiter, vor allem in Nordamerika, wo Stellantis mit Chrysler präsent ist. Tesla produziert ohnehin nur Elektroautos, jüngst kündigte auch General Motors an, in ein paar Jahren komplett aus Verbrennermotoren auszusteigen.

Diesem Kurs und Tempo muss sich FCA anpassen – und kann sich nicht einfach auf seinen (noch) gut laufenden schweren SUVs und auf Pick-ups ausruhen. Ellinghorst erkennt daher aktuell nur Kurspotenzial für Stellantis, „wenn die Autoindustrie insgesamt höher bewertet wird“.

Nicht vergessen darf man allerdings, dass Stellantis erst seit ein paar Wochen existiert. Noch weiß niemand, ob das neu zusammengestellte Management in Europa und über den Atlantik hinweg harmoniert. Bisher hat der neue Konzern ein französisches Übergewicht, nur 18 der 43 Manager stammen aus dem alten Fiat-Reich.

Auch bei der Aktionärsstruktur ist Frankreich im Vorteil: Paris hält über eine Beteiligungsgesellschaft 6,2 Prozent an Stellantis. Italien schließt mittlerweile nicht mehr aus, sich auch an dem Konzern zu beteiligen – mit ähnlichen Anteilen wie Frankreich. Immerhin ist Italiens alteingesessene Agnelli-Familie der größte Einzelaktionär und John Elkann, Enkel von Fiat-Patriarch Giovanni Agnelli, hat den Vorsitz des Verwaltungsrats übernommen.

Noch ist unklar, wie die Strategie in vielen Bereichen genau aussehen wird. Auch, wie sich der Konzern etwa im riesigen Wachstumsmarkt Asien aufstellen will, wo Stellantis bisher zu schwach vertreten ist.

Die Rechnung, die viele Analysten aufmachen, hängt weitgehend an einer Person: an Tavares, dem alten PSA- und neuen Stellantis-Chef. Er verleiht der Fusion die Glaubwürdigkeit, über alle kulturellen und politischen Hürden hinweg zum Erfolg zu gelangen.
„Dank Tavares hat die Fusion einen großen Kredit“, sagt Michaël Foundoukidis von Oddo BHF, „aber im Aktienkurs zeigt sich das noch nicht so sehr.“

Er sieht ein Kursziel von 17 Euro. Es gebe „kaum Risiken bei der Ausführung der Fusion“, denn in den USA werde der frühere FCA-Chef Mike Manley als Verantwortlicher für Amerika weitgehend freie Hand haben. Das Gros der Veränderungen konzentriere sich auf Europa, wo vor allem Fiat mit Überkapazitäten und veralteten Modellen zu kämpfen habe.

Den früheren Peugeot-Chef Jean-Philippe Imparato, der die Marke qualitativ auf ein neues Niveau gehoben hat, zum Chef von Alfa Romeo zu machen, sei ein kluger Schachzug. In Italien wird Tavares nach Ansicht französischer Analysten bei Fiat wiederholen, was er bei Opel vorexerziert hat: die Aufgabe aller Modelle, die nicht auf Höhe der Zeit und unrentabel sind, dazu die rasche Umstellung auf einheitliche Plattformen.

Foundoukidis erwartet, dass Fiat, Alfa und Lancia dank der PSA-Plattformen und des günstigeren Einkaufs verwirklichen können, was Tavares andeutete: neue Modelle anzubieten, die in der Vergangenheit nicht rentabel gewesen wären.

Ob die Gewerkschaften und die Politik in Italien allerdings den Kurs mitgehen, den sie in Deutschland schweren Herzens akzeptiert haben – selbst ohne Werksschließungen gab es einen starken Personalabbau –, ist fraglich. Werke sollen zwar auch in Italien nicht dichtgemacht werden. Es ist aber ein offenes Geheimnis, dass einige Fabriken viel zu ineffizient arbeiten. Alle 400.000 Jobs bei Stellantis werden sich dauerhaft wohl nicht halten lassen.

Bisher ist die Aktie in Mailand, Paris und New York gelistet. Bis September könnte sie in den Euro-Zonen-Leitindex Euro Stoxx 50 gelangen, was dem Papier weitere Aufmerksamkeit von Investoren bescheren dürfte.